Das Armaturenbrett eines Autos. Durch das Fenster sieht es durch verfälschte Farben nach hoher Geschwindigkeit aus.
Ein Tempolimit würde nicht nur direkt etwas fürs Klima bringen, es dürfte auch die PS-Aufrüstung stoppen. (Foto: Ian Sane/​Flickr)

Das Reizwort "Tempolimit" brachte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vergangenes Wochenende auf die Palme. Wer so etwas fordere, richte sich "gegen jeden Menschenverstand", polterte der CSU-Politiker.

Einige Tage später hat Scheuer sogar direkt in die Arbeit der von ihm eingesetzten Kommission hineinregiert. Hatte die es doch gewagt, die Geschwindigkeitsbremse auf eine Liste der möglichen Klimaschutz-Maßnahmen zu setzen.

Der Minister sagte ein für Mittwoch geplantes Treffen der Arbeitsgruppe 1 der "Nationalen Plattform zur Zukunft der Mobilität", die den "Klimaschutz im Verkehr" behandelt, einfach ab. Die Arbeit der AG solle an einem anderen Termin "unbeachtet der medialen Berichterstattung fortgesetzt werden", schrieb er zur Begründung in einer Mail an die Teilnehmer.

Viele Mitglieder der Arbeitsgruppe fühlen sich zu Recht düpiert – und sind selber nun ziemlich sauer. "Ein Denkverbot können wir nicht tolerieren", sagte der Vizechef des Umweltverbandes BUND, Ernst-Christoph Stolper.

Über ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen müsse genauso gesprochen werden dürfen wie über die anderen Vorschläge, die die AG in einem Papier zusammengestellt hat, sagte Stolper. Es sei ja ein "Stück aus dem Tollhaus", dass Scheuer die Frage, die in der Kommission eher ein Randthema gewesen sei, nun so hochgepusht habe.

Wenn einzelne Maßnahmen wahllos und aus dem Zusammenhang gerissen publiziert und kommentiert würden, sei das, so Stolper, ein gezielter Versuch, die Arbeit der Kommission zu sabotieren. Dass der CSU-Minister sich hieran maßgeblich beteilige, sei "erschreckend und inakzeptabel".

Die Regierungskommission sei durch Scheuers Intervention "in schwieriges Fahrwasser gekommen", sagte auch der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege, der wie Vertreter von Autoindustrie, Gewerkschaften und anderen Verbänden in der Klima-Verkehrs-AG sitzt.

40 Prozent weniger CO2 in zehn Jahren

Dabei hat dieses Gremium ohnehin den härtesten Job in der "Plattform". Die muss schließlich eine völlige Kehrtwende für die Verkehrspolitik planen. Der Sektor hat, anders als etwa Kraftwerke und Industrie, seit 1990 nichts zum Klimaschutz beigetragen – der CO2-Ausstoß ist von damals 163 Millionen sogar auf 171 Millionen Tonnen im Jahr (Stand 2017) angestiegen.

Schon 2030 allerdings soll nach Regierungsvorgaben ein stolzes Minus von 40 bis 42 Prozent zu Buche stehen. Das wären dann nur noch 95 bis 98 Millionen Tonnen.

Um das zu erreichen, müssen wohl alle Register gezogen werden. Dazu zählen neben einem Tempolimit auch eine Besteuerung des Sprits nach dem CO2-Gehalt, eine Abschmelzen des Steuerprivilegs für Diesel sowie Verkaufsquoten und eine höhere Förderung für Elektroautos, aber auch Maßnahmen zur Verlagerung des Güterverkehrs auf die Bahn und zur Unterstützung des öffentlichen Nahverkehrs.

Das Tempolimit zum Tabu zu erklären sei unsinnig, warnte BUND-Mann Stolper. Es zähle mit ein bis vier Millionen CO2-Jahrestonnen zu den Optionen mit mittlerem Einsparpotenzial. Mittel- und langfristig könne es durch einen Trend zu leichteren, weniger PS-aufgerüsteten Autos aber noch deutlich mehr bringen.

Bis zu Scheuers Intervention sei die Diskussion in der AG sehr konstruktiv verlaufen, sagte Stolper. Es wird spannend sein zu sehen, ob das beim nächsten Treffen, das Anfang Februar stattfinden soll, noch so sein wird.

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