Naturschutz und die Energiewende gelten oft als nicht vereinbar. Dass das nicht so sein muss, ist das Ergebnis eines Berichts, den das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in dieser Woche veröffentlicht hat. Er fasst mehr als 40 Forschungsvorhaben des Amtes zum Thema "Naturschutz und erneuerbare Energien" zusammen.
Die Kernbotschaft: Zum Erreichen der Klimaziele ist es nötig, die erneuerbaren Energien auszubauen. Dies muss aber im Einklang mit dem Natur- und Umweltschutz passieren. "Eine wichtige Rolle spielen dabei ein effizienter Umgang mit der Fläche und die Berücksichtigung der jeweiligen landschaftlichen Gegebenheiten", sagte Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz.
Das Amt macht darauf aufmerksam, dass die weite Verbreitung von Wind- und Photovoltaikanlagen nicht nur das Landschaftsbild verändert, sondern auch Risiken für bestimmte Arten mit sich bringt. Dass zunehmend Flächen wie Wälder oder Grünland für Erneuerbaren-Anlagen genutzt werden, sieht das BfN mit Sorge. "Doch ein naturverträglicher Ausbau der erneuerbaren Energien kann gelingen – das macht unser Energiereport deutlich", betonte Jessel.
Um dieses Ziel zu erreichen, gibt das Amt einige Empfehlungen. Um den Flächenbedarf durch die Erneuerbaren möglichst gering zu halten, sollen demnach auch im Verkehrs- und Wärmesektor strombasierte Technologien verwendet werden – diese seien besonders effizient. Außerdem soll die Sektorkopplung ausgebaut werden.
Das Amt rät davon ab, Anbau-Biomasse in Biogasanlagen zu nutzen – zu hoch seien der Flächenverbrauch und die Konkurrenz zu anderen Nutzungen. Werde in der Landschaftspflege anfallendes Material in Biogasanlagen verwendet, gebe es hingegen Synergien mit dem Naturschutz.
Mehr Erneuerbare in den Städten
Das Bundesamt betont, dass naturnah wirkende Landschaften ohne technische Überprägung erhalten werden sollen. Das könnten neben Schutzgebieten beispielsweise Wälder mit altem Baumbestand sein oder solche, die für die Erholung genutzt werden. Eine häufige Kritik an den erneuerbaren Energien ist die sogenannte "Verspargelung" der Landschaft durch Windräder.
Wenn es nach dem BfN geht, sollen erneuerbare Energien verstärkt im Innenraum der Städte und auf bereits versiegelten Flächen erzeugt werden. Das Amt spricht sich auch für mehr Mieterstrom aus: Das Mieterstrom-Modell im Erneuerbare-Energien-Gesetz sei weiterzuentwickeln und auszubauen.
Der positive Nebeneffekt sei, dass dann weniger Hochspannungsleitungen nötig wären, was wiederum zur Akzeptanz der Energiewende beitrage. "Ein vermehrter verbrauchsnaher Ausbau kann so zum Schutz der 'freien Landschaft' beitragen", so Jessel.
Auch der Klimawandel bedroht Arten
Zustimmung zum Bericht kommt aus der Opposition im Bundestag. "Naturschutz und Energiewende müssen unter einen Hut gebracht werden. Dass dies vom Flächenverbrauch her möglich ist, zeigen unzählige Studien zum Thema", sagte Lorenz Gösta Beutin, energie- und klimapolitischer Sprecher der Linksfraktion im Bundestag.
Beutin fordert, dass die Bürger nicht nur bei der Planung von Erneuerbaren-Anlagen beteiligt werden, sondern auch finanziell an den Gewinnen der Windindustrie teilhaben sollen – zum Beispiel durch Bürgerenergie-Genossenschaften.
Die Grünen wiesen darauf hin, dass vor allem der Klimawandel viele Arten bedrohe. "Die Erhitzung des Planeten bedeutet in den nächsten Jahrzehnten eine der größten Bedrohungen für unzählige Arten und Lebensräume", erklärten die Fraktionssprecherinnen für Naturschutz und für Energiepolitik, Steffi Lemke und Julia Verlinden. Klima- und Artenschutz dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden.