Diesen Freitag finden in vielen deutschen Städten Proteste gegen die geplante Beteiligung von Siemens an der Adani-Kohlemine in Australien statt. Wir von Fridays for Future in München machen eine stumme 24-Stunden-Mahnwache. Das Motto: #KeineWorteMehr.
So fühle ich mich in den letzten Tagen, in denen ich immer wieder die unfassbaren Fotos von den Bränden in Australien sehe und die politischen Aussagen dazu höre: sprachlos.
Manchmal überkommt mich das Gefühl, dass doch alles hoffnungslos ist – nach einem Jahr Demonstrieren, Woche für Woche, nach so viel Energie, nach diesem unfassbaren Jahr.
Die globalen CO2-Emissionen steigen immer noch, die Weltklimakonferenz in Madrid war politisch gesehen ein Desaster, klimabedingte Naturkatastrophen treffen die Welt wie nie zuvor und all die großen Politiker:innen ignorieren die Klimakrise immer noch weitgehend.
Es fällt schwer, angesichts der globalen Nachrichtenlage nicht in Frustration zu verfallen. Diese Woche habe ich mir deshalb vorgenommen, positive Nachrichten zu sammeln.
Also: Was ist 2019 wirklich gut gelaufen? Ein Rückblick über das Jahr zeigt, dass Protest etwas bewirkt. Und nein, gemeint ist nicht nur eine völlig veränderte Diskussion über die Klimakrise, sondern auch ganz handfeste Dinge.
Meiner Meinung nach fängt Veränderung unten an. Menschen verändern ihr Denken und Handeln und sie wirken in ihre Gemeinschaften und Kommunen hinein. Und das kann wieder größeren Wandel anstoßen.
Elena Balthesen
ist 18 Jahre alt und geht in die 12. Klasse einer Waldorfschule in München. In ihrer Kolumne "Balthesens Aufbruch" macht sie sich auf die Suche nach Wegen für ihre Generation, aus der Klimakrise herauszukommen. Sie ist bei "Fridays for Future" in München aktiv.
Das waren unsere Erfolge
Im letzten Jahr ist in München viel passiert. Wir haben natürlich nicht alles erreicht, was wir wollten, aber wir haben gemeinsam mit vielen anderen Teilen der Umweltbewegung lauter kleine Erfolge gefeiert.
Anfang des Jahres hat das Volksbegehren Artenvielfalt in Bayern stattgefunden, wir haben das unterstützt. Ich erinnere mich an durchgehend lange Schlangen vor dem Rathaus, wo man unterschreiben konnte, und Streiks in Insektenkostümen. Am Ende wurde es das erfolgreichste Volksbegehren in der bayerischen Geschichte, 18,3 Prozent aller Stimmberechtigten, das sind 1,7 Millionen Menschen, haben sich beteiligt. Zehn Prozent wären nötig gewesen.
Den Münchener Radentscheid haben im Sommer mit über 160.000 Menschen mehr als doppelt so viele wie mindestens nötig unterschrieben. Das wäre vor ein paar Jahren noch nicht denkbar gewesen.
Im Juni haben wir nach langer Arbeit unseren Forderungskatalog an die Stadt München rausgebracht. Wir haben mit Politiker:innen darüber geredet, unseren Protest in klare Worte gefasst.
Dadurch hat sich das Bündnis "München muss handeln" gebildet, das inzwischen feste Angestellte hat und aus mehr als 450 unterstützenden Organisationen und Unternehmen besteht. Außerdem gibt es allein in München über 20 For-Future-Gruppen, wie Parents for Future oder Scientists for Future.
Am Ende des Jahres hat die Stadt München den Klimanotstand ausgerufen und unsere Kernforderung beschlossen, dass nämlich München spätestens 2035 klimaneutral sein soll.
Ich merke außerdem, wie sich nicht nur die öffentliche, sondern auch die persönliche Debatte verändert hat. Nicht selten höre ich in der U-Bahn Menschen über die Klimakrise diskutieren.
Wir sorgen für gute Nachrichten
Manche sagen, 2019 war das Jahr der Proteste. Ich würde es anders ausdrücken: 2019 war das Jahr der Mobilisierung und der Worte. 2020 wird das Jahr der Proteste und der Aktionen. Wir sind dafür gut aufgestellt, zu unseren Großstreiks kommen Zehntausende, und sehr viele junge Menschen wie ich sind politisiert.
Fridays for Future wird auf jeden Fall aktiv bleiben, auch wenn wir in manchen Städten aufgehört haben, jede Woche zu streiken. Es ist schwer, sich als Graswurzelbewegung neu zu erfinden. Auf die Frage, wie es weitergeht, gibt es viele Antworten und natürlich auch Konflikte. Aber der nächste globale Streik ist in Planung, und auf der Weltklimakonferenz habe ich die Kraft von Aktivistinnen aus der ganzen Welt gespürt.
Auch andere Bewegungen wie Ende Gelände, Extinction Rebellion, Sand im Getriebe oder Gruppen rund um Fridays for Future gehen mit einigen Planungen ins neue Jahr.
Und neben dem Frust, der Fassungslosigkeit und dem Schmerz, den viele in Anbetracht der Klimakrise spüren, brauchen wir auch Hoffnung und gute Nachrichten. Und die werden kommen – mit unseren Aktionen.