Von 2018 bis 2019 haben sich die reichen Staaten bei der internationalen Klimafinanzierung nur um zwei Prozent gesteigert. Insgesamt flossen im Jahr vor der Corona-Pandemie nach Rechnung der Industrieländer-Organisation OECD nicht ganz 80 Milliarden US-Dollar.
Damit ist es praktisch unmöglich, dass die Regierungen aus dem globalen Norden ihr vor der Welt abgegebenes Versprechen eingelöst haben, ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden US-Dollar in den globalen Süden fließen zu lassen, damit dort genug Geld für die Dekarbonisierung der Wirtschaft und die Anpassung an die Folgen der Klimakrise vorhanden ist.
Dafür hätte es schließlich eine spontane Steigerung um 25 Prozent geben müssen.
"Verifizierte Daten für 2020 werden erst Anfang des kommenden Jahres verfügbar sein, aber es ist klar, dass die Klimafinanzierung weit hinter der Zielsetzung zurückbleibt", sagte OECD-Chef Mathias Cormann. Das sei enttäuschend, "vor allem vor der COP 26", also vor der nächsten Weltklimakonferenz.
Die soll Anfang November in Glasgow stattfinden, nachdem sie im vergangenen Jahr pandemiebedingt ausfallen musste. Dort soll auch begonnen werden, über die Klimafinanzierung nach 2025 zu sprechen, denn bis dahin gilt die aktuelle 100-Milliarden-Zusage.
Die neuen Zahlen der OECD liefern auch weitere Warnsignale. So flossen nur 25 Prozent des Gelds in die Anpassung an den Klimawandel, während 64 Prozent für die Senkung der Treibhausgasemissionen bereitgestellt wurden. Der Rest ging an Projekte, in denen beides vorkam. Ziel ist laut Pariser Klimaabkommen, dass beide Zwecke hälftig berücksichtigt werden.
Ein Grund für das Ungleichgewicht ist, dass Investitionen in emissionsarme Technologien wirtschaftlich oft lukrativer sind als die Finanzierung von Anpassungsmaßnahmen. Dabei fällt ins Gewicht, dass ein Großteil der Mittel in Form von Krediten gezahlt wird, 2019 betraf das 70 Prozent des Gelds.
Oft sind das zwar subventionierte Modelle, dennoch begünstigt die Praxis eben Projekte, die auch Einnahmen erzeugen. Das Geld muss schließlich zurückgezahlt werden. Und das geht eher mit einem neuen Windpark, der die Emissionen des Stromsektors senkt, als mit einem höheren Damm im Hochwassergebiet, der der Klimaanpassung dient.
Zu wenig Geld, zu wenig Klimaschutz
Dass die Industriestaaten zu wenig Klimafinanzierung leisten, kritisierte auch UN-Klimachefin Patricia Espinosa. "Dieses Versprechen wurde bei den Klimaverhandlungen vor mehr als zehn Jahren gemacht und noch nicht erfüllt", sagte sie. "Es ist Zeit zu liefern – der Ort dafür ist die COP 26." Entwicklungsländer bräuchten die Unterstützung, um beim Klimaschutz so ambitioniert wie möglich zu handeln.
Dort ist ein Mangel an Klimaschutz manchmal eine Frage des Geldes. Aber auch die Länder, auf die das beileibe nicht zutrifft, nehmen sich bei der Senkung der Emissionen viel zu wenig vor. Das UN-Klimasekretariat, dem Espinosa vorsteht, hat die im Rahmen des Paris-Abkommens zuletzt eingereichten Klimaziele der Regierungen ausgewertet.
Das Ergebnis der neuen Analyse: Schaffen die Staaten ihre aktuellen Vorhaben, steuert die Welt auf 2,7 Grad Erderhitzung gegenüber vorindustriellen Zeiten zu. Damit hat es zu leichten Verbesserungen geführt, dass 131 der knapp 200 Staaten ihre ursprünglichen Klimaziele wie versprochen aktualisiert haben. Das müssen sie laut Vertrag alle fünf Jahre tun.
Eigentlich soll die Erhitzung laut Abkommen aber bei deutlich unter zwei Grad und möglichst bei 1,5 Grad enden. Das heißt: Nicht nur die Länder, die ihre Klimaziele entgegen der Vereinbarung noch nicht aktualisiert haben, blockieren den globalen Klimaschutz. Auch jene, die die Formalitäten einhalten, handeln praktisch nicht nach dem Vertrag.
Zu einem ähnlichen Ergebnis war auch das Projekt Climate Action Tracker gekommen. Wissenschaftler:innen der Thinktanks New Climate Institute und Climate Analytics haben dabei nicht nur die kollektive Wirkung der Klimaziele untersucht, sondern auch die Ziele von 37 Ländern einzeln auf verschiedenen Skalen bewertet. Nur ein einziges der Länder ist laut der Analyse auf einem 1,5-Grad-Pfad: Gambia.
"Fast ausreichend" sind demnach die Ziele von sieben der drei Dutzend Länder, darunter Großbritannien als einziges Industrieland. Deutschland und auch die EU als Ganzes sind nur als "unzureichend" klassifiziert.