Von Kohlestaub eingehülltes Kohlekraftwerk in Südafrika
Trügerisches Vorbild: Kohlekraftwerk in Südafrika. (Foto: Jane Flowers/​Flickr)

In vielen Industrie- und Schwellenländern mit hohem CO2-Ausstoß gehen die Emissionen langsam zurück, zeigt der aktuelle "Klimaschutz-Index", den Germanwatch und weitere Thinktanks am heutigen Dienstag auf dem Klimagipfel in Madrid vorgestellt haben.

In vielen ärmeren Ländern zeigt sich jedoch ein gegenläufiger Trend, warnt eine Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC, die gestern im Fachmagazin Nature Climate Change veröffentlicht wurde.

Demnach könnten bis zum Jahr 2025 in den knapp 50 afrikanischen Staaten südlich der Sahara – Südafrika nicht mitgerechnet – neue Kohlekraftwerke mit einem jährlichen Ausstoß von insgesamt 100 Millionen Tonnen CO2 in Betrieb gehen. "Subsahara-Afrika steht vor einem Kohle-Boom", sagte Hauptautor Jan Steckel vom MCC.

Im Vergleich zu den Emissionen aus der Kohlenutzung reicher Länder sind die 100 Millionen Tonnen immer noch wenig. Der geplante Kohleausbau in allen betrachteten Ländern zusammen entspricht laut den Forschern derzeit etwa 40 Prozent der CO2-Emissionen aus deutschen Kohlekraftwerken.

Allerdings steigen die Emissionen aus Kraftwerken und Industrieanlagen in der Region seit Jahren rasant. Zwischen 2005 und 2015 ging der energiebedingte CO2-Ausstoß dort um jährlich sechs Prozent nach oben.

"Angola, Kongo und Mosambik waren, wenn auch auf niedrigem Niveau, die drei Länder mit dem stärksten Anstieg weltweit", sagte Steckel.

Die Region steht am Scheideweg

Der Grund: "Der Kohle-Boom in Subsahara-Afrika ist nicht zuletzt getrieben durch Kraftwerksbauer aus China und Indien, deren Heimatmärkte für Kohlemeiler zunehmend gesättigt sind." Diese großen Kohleländer streichen ihre Ausbaupläne zu Hause zusammen, verkaufen ihre Kohletechnik dann aber in Länder, die bislang über keine oder nur wenig Kohlekapazitäten verfügten.

Wie die Studie auf Basis einer Datenbank des US-Finanzdienstleisters S&P Global ermittelte, befinden sich in Subsahara-Afrika Anlagen mit einer Leistung von etwa 10.000 Megawatt im Bau. Weitere 30.000 Megawatt sind in Planung, davon ist allerdings die Hälfte derzeit zurückgestellt.

Würden 70 Prozent der konkret geplanten sowie alle derzeit zurückgestellten Projekte abgeblasen, wäre der Entwicklungspfad "weitgehend" kompatibel mit den Pariser Klimazielen, so die Forscher. Dazu müsse der Ausbau erneuerbarer Energien forciert werden.

"In Subsahara-Afrika gibt es einen enormen Bedarf an billiger und verlässlicher Energie", sagte Co-Autor Michael Jakob. "Die Region steht jetzt am Scheideweg." Die globale Klimapolitik müsse "die wirtschaftliche Aufholjagd in den ärmeren Ländern im Blick haben und helfen, emissionsfreie Alternativen der Energieversorgung attraktiv zu machen".

Ende des Kohle-Booms zur früh ausgerufen

Schon vor zwei Jahren hatte das MCC gemeinsam mit dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) darauf aufmerksam gemacht, dass das Ende des weltweiten Kohle-Booms "zu früh ausgerufen" worden sei.

Schwellenländer wie die Türkei, Indonesien und Vietnam setzen demnach massiv auf die Kohle und könnten so ihren CO2-Ausstoß aus Kohlekraftwerken bis 2030 vervielfachen.

"Trotz aller Fortschritte bei den erneuerbaren Energien erledigt sich das Kohleproblem keineswegs von selbst", warnte Studien-Hauptautor Ottmar Edenhofer, heutiger Chef des PIK und Direktor des MCC.

Um die Pariser Klimaziele nicht zu verfehlen, müssten die Staaten der Welt dem Kohletrend in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv entgegenwirken und die Finanzierungskosten für die Erneuerbaren senken helfen, forderten die Forscher.

Kohleausbaupläne gibt es auch in einigen Ländern des Nahen Ostens. Nach Angaben der staatlichen US Energy Information Administration (EIA) vom vergangenen Jahr wollen vor allem die Vereinigten Arabischen Emirate, der Iran und Jordanien neue Meiler bauen. Noch in den Planungen sind Projekte in Ägypten und Oman. Bisher verfügen diese Länder über keine nennenswerte Kohleverstromung.

Alle Beiträge zur Klimakonferenz in Madrid finden Sie in unserem COP-25-Dossier.

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