Drohnenaufnahme eines Industriebetriebs in der Draufsicht.
Zementwerke verbrauchen jede Menge Kohle. (Foto: Marcin Jóźwiak/​Pixabay)

Raus aus der Kohle. Ohne Ausstieg aus dem CO2-trächtigsten Energieträger kann man alle Klimaziele vergessen. Das ist allen klar, und doch ist der Kohleausstieg mühsam.

Hierzulande gilt offiziell noch 2038 als Datum, an dem das letzte Kohlekraftwerk vom Netz gehen soll. Um auf einen 1,5-Grad-Pfad zu kommen, ist das zu spät. Nun soll der Ausstieg im Westen der Republik auf 2030 vorgezogen werden.

Im Osten steht das noch aus. Ob die Ampel-Bundesregierung auch dort schafft, was laut Koalitionsvertrag "idealerweise" geschehen soll, ist offen.

Doch selbst wenn das gelingt, es gibt einen blinden Fleck. Oft wird ausgeblendet: Kohle wird nicht nur eingesetzt, um damit Strom herzustellen. Große Mengen gehen auch in die Stahl-, Zement- und Chemieproduktion.

Werden hier keine Alternativen geschaffen, etwa durch grünen Wasserstoff, droht die Kohlenutzung weiter auf gefährlich hohem Niveau zu bleiben. Das Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat diesen Zusammenhang für die Kohle weltweit analysiert, und es kommt zu einem dramatischen Ergebnis.

Nämlich: Wird der Nicht-Strom-Sektor nicht aktiv bearbeitet, liegen die Chancen für einen kompletten Kohleausstieg bis Mitte des Jahrhunderts bei weniger als fünf Prozent. Dann gäbe es kaum Hoffnung, bis 2050 global netto null CO2-Emissionen zu erreichen, die Voraussetzung dafür, die Klimarisiken einigermaßen beherrschbar zu halten.

Ganz oder gar nicht

Das Problem ist, bei einem Strom-Kohleausstieg sinkt in diesem Sektor zwar der CO2-Ausstoß, das überschüssige Kohleangebot verlagert sich aber in andere Industriezweige, etwa die Schwerindustrie. Diese profitiert von sinkenden Kohlepreisen, setzt mehr von dem Klimakiller ein – und die Gesamtemissionen sinken trotz "Kohleausstieg" nicht.

Alle Länder, die Kohle nutzen, müssen also sämtliche Kohle-Sektoren umsteuern, nicht nur die Verstromung.

Dabei spielt übrigens China die zentrale Rolle, wo zurzeit mehr als die Hälfte der Kohle weltweit produziert und verbraucht wird. Steuert das Land nicht in allen Sektoren um, wird es laut der PIK-Analyse seine Ankündigung nicht einhalten können, den Höhepunkt der heimischen Emissionen vor 2030 zu erreichen und 2060 die Netto-Null zu schaffen. Dann könnte der Rest der Welt die Sache auch nicht mehr herumreißen.

Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Aber so defätistisch sollte man nicht sein. Denn wenn Länder wie Deutschland nun schnell auf Alternativen wie grünen Stahl und klimaneutralen Zement umsteigen und die Machbarkeit beweisen, wird auch China nachziehen.

Bei der Solarenergie war das auch schon so, und da hat das Reich der Mitte uns längst überholt.

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