Auf Weltklimakonferenzen geben Regierungen viele Versprechen ab. Doch werden sie auch gehalten? Auf dem Klimagipfel COP 26 im November 2021 in Glasgow einigten sich 190 Länder auf den Kohleausstieg.

Etwa 40 Staaten, darunter Deutschland, schlossen sich zu einer Allianz zusammen. Die Länder verpflichteten sich im "Glasgow Statement", ab Ende 2022 nicht mehr in fossile Energien im Ausland zu investieren, somit keine Kredite oder Fördergelder mehr an Kohle-, Öl-, oder Gasprojekte zu vergeben.

Schon 2015 stand im Pariser Klimavertrag, dass "die Finanzmittelflüsse in Einklang gebracht werden mit einem Weg in zu einer hinsichtlich der Treibhausgase emissionsarmen und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähigen Entwicklung".

Finanzierung aus China, Japan oder Südkorea

Auch China hatte einen Finanzierungsstopp angekündigt. Doch ist gerade China eines der Länder, die bis heute fleißig Kohlekraftwerke im Ausland finanzieren. Das zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC.

Die Analyse hat sich internationale Kohlefinanzierungsströme und den Export von Technologie zum Bau neuer Kohlekraftwerke angeschaut. Zugrunde lag ein Datensatz von 188 neuen Kohlekraftwerken, die seit 2018 – zwei Jahre nach Inkrafttreten des Paris-Abkommens – fertiggestellt wurden oder bald in Betrieb gehen werden.

Die neuen Kraftwerke verteilen sich laut Analyse auf 22 Staaten hauptsächlich in Südostasien und dem subsaharischen Afrika. 45 Prozent befinden sich allein in Vietnam und Indonesien. Der Großteil dieser Anlagen wurde ganz oder teilweise von ausländischen Geldgebern finanziert. Diese Geldgeber sind insgesamt 17 Staaten, allen voran China.

Mit weitem Abstand als Finanziers folgen Japan und dann Südkorea. Die USA und Länder der Europäischen Union, darunter Deutschland, Frankreich und die Niederlande, vergaben im Zeitraum von 2016 bis 2020 nur noch geringfügig Kredite für Kohlekraftwerke im Ausland.

Fossile Investitionen haben sich somit zunehmend von den USA und Europa zu den aufstrebenden Volkswirtschaften in Asien verlagert. Gleichzeitig befinden sich dort auch die meisten für dieses Jahr geplanten oder bereits im Bau befindlichen Kohleblöcke.

Auch die Technologie kommt aus dem Ausland

Laut dem diesjährigen Bericht "Banking on Climate Chaos" vom Rainforest Action Network und anderen Umweltorganisationen steckten 60 große Banken 2022 rund 150 Milliarden US-Dollar in die 100 größten Unternehmen, die fossile Brennstoffe fördern, darunter Conoco Phillips, Saudi Aramco, TC Energy, Total und Venture Global.

Davon gingen 13 Milliarden an die 30 größten Kohlebergbauunternehmen der Welt. Die Kohle-Finanzierung für diese 30 Unternehmen kam zu 97 Prozent von chinesischen Banken.

Aber nicht nur die Finanzspritzen kommen aus dem Ausland. Es sind auch ausländische Unternehmen, die die nötige Technologie bereitstellen.

Dabei weist die MCC-Studie auf einen interessanten Zusammenhang hin: Häufig kommen die Technologien aus demselben Land wie die Kredite für die Projekte. So geht öffentliche Finanzierung aus dem Ausland zu über 90 Prozent einher mit einem ausländischen Anlagenhersteller, und der stammt dann mit über 60 Prozent Wahrscheinlichkeit aus dem gleichen Land wie die kreditgebende Bank.

Der Export von Technologie spielt also eine große Rolle für die Finanzierung neuer Kohlekraftprojekte. "Die Finanzierung ist oft nur Türöffner, Treiber ist die Erschließung neuer Absatzmärkte", heißt es in der Studie.

Öffentliche Banken als industriepolitisches Instrument

Bei diesem Prozess spielt auch die jeweilige ausländische Regierung eine wichtige Rolle. Die in der Studie befragten Wissenschaftler:innen gehen davon aus, dass Regierungen ihre öffentlichen Banken als strategisches Instrument einsetzen, um ihre heimische Industrie bei der Expansion ins Ausland zu unterstützen und internationale Absatzmärkte zu erschließen.

Von Kohlestaub eingehülltes Kohlekraftwerk in Südafrika
Kohlekraftwerk in Südafrika: In dem Land haben deutsche Unternehmen am Neubau von Kohlekraftwerken mitverdient. (Bild: Jane Flowers/Flickr)

Ein Beispiel: In Südafrika beteiligten sich nach Recherchen der Entwicklungsorganisation Misereor mindestens 19 deutsche Unternehmen, unter anderem Siemens und Rheinmetall, am Bau der beiden größten Kohlekraftwerke Kusile und Medupi. Die Bundesregierung stellte den Unternehmen dafür Kredite der staatseigenen KfW Ipex-Bank sowie Hermes-Bürgschaften aus.

Dabei befeuert das Bauen neuer Kohlekraftwerke die Klimakrise und gefährdet das 1,5-Grad-Ziel von Paris. Gerade in Südostasien und Subsahara-Afrika sind viele Länder schon heute stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Kohleabbau und -verbrennung gehen aber auch mit Umweltzerstörung und einer Gefährdung der Lebensgrundlagen betroffener Bevölkerungsgruppen einher, wie ein Misereor-Bericht dokumentiert.

Die Kohleförderung bringt der lokalen Bevölkerung oft nicht den versprochenen Wohlstand, denn sie profitiert am wenigsten vom Kohlestrom. Stattdessen leidet sie unter den Folgen durch Waldrodungen, Bodenzerstörung, hohem Wasserverbrauch und Luftverschmutzung.

Auf Erneuerbare umlenken 

Was für Kohle gilt, lässt sich auch über die Förderung von Gas sagen. Technologieanbieter in Südkorea und Japan investieren zunehmend in Erdgasinfrastruktur. Auch afrikanische Länder wie Senegal investieren jetzt in die Gasförderung, weil durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine die Nachfrage nach verflüssigtem Erdgas (LNG) gestiegen ist.

Die MCC-Studie hat hier Ähnliches wie bei der Kohle beobachtet: Regierungen unterstützen ihre heimische Industrie bei der Expansion, indem sie Gaskraftwerke und gasbezogene Infrastruktur im Ausland finanzieren.

Was aber sollte stattdessen passieren? "Es muss darum gehen, sowohl die Finanzierungsströme als auch den damit verbundenen Technologieexport auf Erneuerbare umzulenken", erklärt Studien-Leitautor Niccolò Manych. Statt Geld für neue Kohlekraftwerke und Gasförderung bereitzustellen, sollten Regierungen klimafreundliche Unternehmen stärken, die Technologien für erneuerbare Energien entwickeln.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat dafür Ende Juli Entwürfe für sogenannte klimapolitische Sektorleitlinien vorgelegt, die sich derzeit in der Konsultationsphase befinden. Fossile Projekte sollen künftig nicht mehr durch Exportkreditgarantien abgesichert werden.

Im Energiebereich werde es dann klare Regeln für den Ausstieg aus der Förderung fossiler Energien geben, so das Ministerium. Stattdessen sollen durch Deckungserleichterungen in den drei Sektoren Energie, Industrie und Verkehr Exporte von grünen Technologien angereizt werden.

Regine Richter der Umweltorganisation Urgewald kritisiert jedoch die Entwürfe: "Aus unserer Sicht sind dort zu viele Ausnahmen für Gas vorhanden. Und, besonders schlimm: Ungebundene Finanzkreditgarantien fallen gar nicht darunter, wobei im letzten Jahr solche Garantien über drei Milliarden Euro für Gas ausgegeben worden sind."

Eigentlich erscheint es simpel: Um die Zusagen vom Glasgower Klimagipfel zu erfüllen, müssten alle Länder die öffentliche Finanzierung fossiler Projekte stoppen und stattdessen in die Transformation der Kohlereviere und den Ausbau der Erneuerbaren investieren – gemeinsam mit den Regionen und Gemeinden, die immer noch unter den Folgen der fossilen Energiegewinnung leiden.