Heute geborene Kinder werden im Schnitt siebenmal mehr Hitzewellen und zwei- bis dreimal so viele Dürren erleben wie ihre Großeltern. Manche entscheiden sich bei solchen Aussichten gegen Nachwuchs. (Bild: Mircea Surprinzătoare/​Pixabay)

Zu leben, ist umwelt- und klimaschädlich. Das ist leider wahr. Vor allem, wenn es 8,1 Milliarden Menschen tun und viele von ihnen so wie derzeit.

Man muss kein Klimakleber sein, um sich als junger Mensch zu fragen, ob man in dieser Lage Kinder in die Welt setzen sollte. Die würden wahrscheinlich das Jahr 2100 erleben, und die Sorgen darüber, wie die Welt dann aussehen wird, sind nicht von der Hand zu weisen.

In einem um drei Grad erwärmten Klima zu leben, wäre kein Spaß, mit Hitzewellen, Hungersnöten, immer mehr Flüchtlingen in vielen Ländern. Doch auf solche Szenarien steuert die Welt derzeit angesichts der zu laschen CO2-Politik derzeit zu.

Umfragen zeigen: Der Klimawandel bewegt die jungen Menschen beim Thema Kinderwunsch heute stark. Eine ergab vor zwei Jahren, dass 40 Prozent weltweit wegen der Klimakrise unsicher sind, ob sie Kinder haben wollen. Hierzulande nannte das ein Drittel der Befragten in der Altersgruppe 25 bis 29 zuletzt als Grund für Zweifel.

Es ist die Neuauflage einer Diskussion, die es in den 1980er Jahren angesichts von Waldsterben, Tschernobyl und Ozonloch schon einmal gab. Und das Thema ist auch in der Politik angekommen. Bundeswirtschaftsminister Habeck (Grüne) sagte: "Diese Debatte kenne ich aus meiner Jugend, 30 Jahre war sie verschwunden, jetzt ist sie wieder da."

Aber hat es wirklich Sinn, auf Kinder zu verzichten, um die Welt zu retten? Die US-Klimaforscherin Kimberly Nicholas und ihr kanadischer Kollege Seth Wynes berechneten bereits 2017 die CO2-Effekte der Kinderlosigkeit – wobei sie auch die weiteren Generationen bis ins Jahr 2400 berücksichtigten.

Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Später forderte die deutsche Lehrerin und Autorin Verena Brunschweiger aus diesem Grund den Verzicht auf Nachwuchs.

Zwei Forscher des Thinktanks Club of Rome schlugen sogar vor, allen Frauen, die bis zum 50. Geburtstag nur ein Kind bekommen haben, 80.000 Dollar zu zahlen – und zwar "in der reichen Welt", dort, wo der ökologische Fußabdruck besonders hoch ist.

Das Problem ist: Lösen lässt sich die Klimakrise durch Kinderlosigkeit nicht, dazu leben schon heute zu viele Menschen auf der Erde auf zu großem Fuß. Gefährliche Kippelemente des Klimasystems würden auch dann erreicht werden, wenn gar niemand mehr geboren würde, der CO2-Fußabdruck der heutigen 8,1 Milliarden aber nicht radikal sinkt.

Es braucht durchgreifende Klimapolitik, keinen Gebärstreik aus Klimagründen. Auch dieser würde von wirklichem Klimaschutz ablenken.

Außerdem: Welche Botschaft vermittelt man seinen Kindern, wenn man ihnen implizit sagt, dass es eigentlich besser wäre, wenn sie gar nicht da wären?