Schülerinnen und Schüler einer Grundschule in Laos
Kinder in Laos brechen die Grundschule häufig ab, sie müssen ihren Eltern bei der Feldarbeit helfen. (Foto: Janeb Tsu/​Pixabay)

"Wenn es nicht genug Menschen für die Erde gibt, dann gibt es definitiv nicht genug für den Mars", schrieb Elon Musk, Gründer der Raumfahrtfirma Space X, im Januar auf Twitter. Musk sorgt sich, dass ein Rückgang der Weltbevölkerung seinen Traum von einer multiplanetaren Zivilisation verunmöglicht.

Das mag unwichtig sein, aber dass die Weltbevölkerung schrumpfen wird, gilt mittlerweile als ziemlich sicher. Die Vereinten Nationen schätzen, dass im Jahr 2100 der Höhepunkt mit 10,9 Milliarden Menschen erreicht wird und die Bevölkerungszahl von da an zurückgeht.

Es könnte aber noch schneller gehen: Das International Institute for Applied Systems Analysis (IIASA), ein Wiener Forschungsinstitut, geht davon aus, dass der Scheitelpunkt schon im Jahr 2070 bei 9,7 Milliarden Menschen liegt (siehe Grafik unten).

Der Unterschied zwischen den beiden Prognosen liegt darin, dass die IIASA-Rechnung das Bildungsniveau einbezieht. Je länger Mädchen in die Schule gehen, desto später haben sie das erste Kind und desto eher haben sie weniger Kinder als ihre Mütter.

Der zweite wesentliche Faktor für den Rückgang an Kindern pro Frau ist der Zugang zu Verhütungsmitteln. Eine bessere Gesundheitsversorgung inklusive der Möglichkeit zur Familienplanung reduziert die sogenannte Fertilitätsrate.

Letztlich ist der globale Trend zu weniger Kindern also eine Begleiterscheinung von wachsendem Wohlstand auf der Welt. Dieser ermöglicht es Gesellschaften, vom Zustand hoher Fertilität und geringer Lebenserwartung zu niedriger Fertilität und hoher Lebenserwartung zu wechseln.

"Bevölkerungsrückgänge in vielen Ländern"

Diese "demografische Transition" setzt immer früher ein. Während im 19. und 20. Jahrhundert Gesellschaften erst ein Pro-Kopf-Einkommen von 2.700 US-Dollar (in Preisen von 2011) erreichen mussten, bevor die Zahl der Kinder pro Frau sank, beginnt der Veränderungsprozess seit 1990 schon bei 1.500 Dollar.

Das Resultat ist ein markanter Rückgang der Geburtenrate: 1990 lag diese noch bei 3,2 Kindern pro Frau und heute bei 2,3 Kindern – ein Rückgang um mehr als ein Viertel in 30 Jahren. Damit liegt die Rate nur noch knapp über den 2,1 Kindern pro Frau, bei denen eine Gesellschaft eine stabile Bevölkerungszahl aufweist.

Hinter dem weltweiten Durchschnitt verbergen sich allerdings große Unterschiede: Nach Weltbank-Angaben haben Südkoreanerinnen im Schnitt nur 1,05 Kinder, während Frauen in Niger noch 6,82 Kinder haben.

Laut dem deutschen Bundesamt für Bevölkerungsforschung (BiB) haben mittlerweile 24 Länder auf der Welt einen "Sterbeüberschuss", da mehr Menschen sterben als geboren werden.

In sechs davon, darunter Deutschland, wächst die Bevölkerungszahl dank Einwanderung noch leicht, aber in den 18 anderen schrumpft sie bereits. Dem BiB zufolge wird die Zahl dieser Länder weiter zunehmen und "Bevölkerungsrückgänge werden für viele Länder in den nächsten Jahrzehnten eine ungekannte Realität darstellen".

Ob die Folgen dieser Entwicklung positiv oder negativ sind, hängt allerdings von vielen Faktoren ab. Das gilt etwa für die Belastung der Ökosysteme, "Weniger Menschen gehen mit einem geringeren ökologischen Fußabdruck einher – allerdings nur, wenn der Bevölkerungsrückgang nicht durch höheren Konsum pro Kopf kompensiert wird", schreibt das BiB.

Steigende und fallende Kosten

Die Folgen für den Staatshaushalt sind ebenfalls nicht eindeutig zu bestimmen. Während die Ausgaben für das Gesundheitswesen und die Versorgung der alten Menschen steigen, fallen die Kosten des Schulsystems.

Prognosen zur Entwicklung der weltweiten Bevölkerung bis 2100.
Laut UN-Prognosen werden im Jahr 2100 fast elf Milliarden Menschen auf der Erde leben. Andere Forscher:innen erwarten, dass der Höhepunkt früher erreicht wird und niedriger liegt. (Grafik: David Adam/​Nature)

Entscheidend ist, wie sich das Verhältnis der Zahl an Kindern und Alten im Vergleich zur Erwerbsbevölkerung verändert, der "Abhängigenquotient".

Am höchsten ist dieser in Niger mit 110 Prozent. Dort gibt es mehr Kinder unter 15 Jahren als Menschen zwischen 15 und 64.

In Deutschland liegt der Quotient bei 55 Prozent. Auf 100 potenziell Erwerbstätige kommen 22 Kinder und 34 ältere Menschen.

Die Folgen eines Anstiegs lassen sich allerdings politisch beeinflussen. Durch eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen, ein höheres Rentenalter und durch Einwanderung junger Erwachsener lässt sich die Erwerbsbevölkerung vergrößern.

Auch aus wirtschaftlicher Sicht sind die Folgen einer schrumpfenden Bevölkerung ambivalent. Ein Teil des Wirtschaftswachstums ist auf die Zunahme der Bevölkerungszahl zurückzuführen. Dieser Faktor wird bei einer schrumpfenden Bevölkerung negativ und belastet damit die Wirtschaftsentwicklung.

Gleichzeitig dürften die Löhne steigen, weil weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Aus Sicht der Firmen ist das wiederum der "Fachkräftemangel", vor dem immer lauter gewarnt wird. Die Firmen versuchen diesem Mangel durch Anwerbung von Mitarbeitern im Ausland, Verlagerung von Produktionsschritten ins Ausland oder durch Automatisierung zu begegnen.

Exportorientierte Volkswirtschaften wie Deutschland werden sich schließlich stärker auf Afrika und den Nahen Osten konzentrieren müssen. Der Anteil dieser Länder an der Weltbevölkerung wird sich bis zum Jahr 2100 mehr als verdoppeln und erreicht 43 Prozent.

Politische Kräfteverhältnisse verschieben sich

Ein Rückgang der Bevölkerung könnte schließlich auch politische Folgen haben. Dies gilt besonders für Länder, die nicht nur einen Sterbeüberschuss, sondern auch einen negativen "Wanderungssaldo" haben, wo also mehr Menschen aus- als einwandern.

Dies trifft etwa auf einige Länder in Ost- und Südeuropa zu. Litauen verliert jedes Jahr rund ein Prozent der Bevölkerung allein wegen dieses Wanderungssaldos. Polen, Rumänien, Bulgarien, Kroatien sowie Spanien und Portugal schrumpfen aus beiden Gründen.

Aus Sicht des bulgarischen Politikwissenschaftlers Iwan Krastew kann das zum Teil die undemokratischen Tendenzen in einigen Ländern Osteuropas erklären. "Millionen Menschen sind weggezogen, vor allem in den Westen, und die liberalen politischen Kräfte haben erheblich an Einfluss eingebüßt, weil eine große Zahl ihrer Wähler zu denen gehört, die sich für die Abwanderung entschieden haben."

Auch in der Geopolitik verschieben sich die Kräfte. In China wird wegen der bis 2015 geltenden Ein-Kind-Politik die Bevölkerungszahl in den kommenden Jahren schnell schrumpfen. Hinzu kommt ein negativer Wanderungssaldo. Anders in den USA: Dort liegt die Geburtenrate zwar auch unter 2,1 Kindern pro Frau, aber die USA haben relativ viele Zuwanderer.

Während China heute noch viermal so viele Einwohner hat wie die USA, ist China am Ende des Jahrhunderts nur noch gut doppelt so groß wie der Rivale.

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