Klimawandel heißt Extremwetter – in viele Richtungen. Weite Teile Sloweniens wurden nach Starkregen überschwemmt, auch in der Kleinstadt Velenje mussten alle Zufahrtsstraßen gesperrt werden. (Bild: Katja Sešel/​Shutterstock)

"Der Planet kocht." UN-Generalsekretär António Guterres hört sich oft an wie ein radikaler Aktivist, wenn es um den Klimawandel geht. So wie Greta Thunberg in männlich.

Dieser, sein jüngster Spruch, kommt uns Mitteleuropäern derzeit etwas verquer an. Wir erleben einen August-Anfang, der eher an einen kühlen Herbst erinnert – mit Pullover statt T-Shirt. Gäbe es einen deutschen Donald Trump, er würde twittern: "Wo bleibt nur der Klimawandel?", und die AfD und ihre Fans, die die Klimakrise immer noch leugnen, würden applaudieren.

Nur wer den Unterschied zwischen Klima und Wetter nicht versteht, wundert sich. Natürlich kann es nach fünf Jahren, von denen uns vier sehr trockene und teils rekordwarme Sommer beschert haben, auch mal wieder einen etwas kühleren und feuchten Sommer geben. Es ist ein großer Segen für die Natur, dass es in den letzten Wochen hierzulande in fast allen Landesteilen mehr als normal geregnet hat.

Und dabei hat selbst dieses üppige Nass von oben noch nicht ausgereicht, um das Wasserdefizit in den tieferen Bodenschichten auszugleichen, das sich vor allem seit 2018 aufgebaut hat. Dazu bräuchte es noch Wochen mit einem schönen, sanften Landregen. Und dann einen feuchten Herbst und einen nassen Winter.

Extreme Hitzephasen in Serie

Hinzu kommt, leider hat Guterres recht. Dann, wenn man die Perspektive weitet. Anlass für seinen Kassandra-Ruf war eine beispiellose Serie von Hitzewellen und Temperatur-Rekordwerten rund um den Globus. Der Juli ging, global gesehen, als der bisher heißeste Juli seit Beginn der modernen Temperatur-Aufzeichnungen – und wahrscheinlich seit Jahrtausenden – in die Geschichte ein.

 

Extreme Hitzephasen trafen den Süden der USA, ebenso Nordafrika und mehrere Regionen Chinas, darunter Peking. Auf Rhodos gab es gewaltige Waldbrände. Aktuell werden aus Südamerika, wo gerade Winter herrscht, konkret aus Argentinien, Chile und Paraguay, Temperaturen von teils über 40 Grad gemeldet. "Chiles Winter verschwindet", heißt es bei Klima-Fachleuten dort.

Überhitzt sind auch die Ozeane. Der Nordatlantik, der Golf von Mexiko und das Mittelmeer erreichten Rekordwerte, und rund um den Südpol gab es "irrsinnige" Eisverluste, wie ein Forscher es ausdrückte.

Ins Bild passt auch die Flutkatastrophe, die gerade Österreich, Slowenien und Kroatien heimgesucht und dort enorme Schäden angerichtet hat. Sie erinnert an die Jahrhundertfluten, die vor zwei Jahren ganze Regionen in Westdeutschland, Belgien, den Niederlanden und Österreich unter Wasser setzten.

Sloweniens Ministerpräsident Robert Golob sprach von den "wahrscheinlich größten Schäden durch eine Naturkatastrophe in der Geschichte des unabhängigen Sloweniens", wobei die von ihm genannten Schäden von 500 Millionen Euro deutlich zu niedrig liegen dürften. Man bedenke, dass für die Kosten des Wiederaufbaus in den Tälern von Ahr und Erft nach der Katastrophe von 2021 über 30 Milliarden Euro veranschlagt sind. Die Wirtschaft eines kleinen Landes wie Slowenien dürfte nachhaltig geschädigt sein.

Engagieren statt resignieren

Ist es wirklich schon so weit, dass die Zirkulation in der Atmosphäre weltweit verrückt spielt? Es scheint zumindest so. Zufällige Wetterkapriolen, die es schon immer gab, reichten als Erklärung für die Häufung von Extremereignissen, deren Zeugen wir gerade werden, jedenfalls nicht mehr aus.

Ebenso nicht das mächtige Wetterphänomen El Niño, das in diesem Jahr nach einer längeren Pause wieder zuschlägt und die Temperaturen auch im globalen Durchschnitt zusätzlich erhöhen wird – es wirkt sich direkt fast nur auf der Südhalbkugel aus.

Tatsächlich ist der Haupttreiber hinter dieser Entwicklung die generelle Aufheizung des Planeten durch die Treibhausgasemissionen, die bisher unaufhaltsam auf kritische Werte zusteuert.

Guterres mahnt: "Der Klimawandel ist da. Er ist erschreckend. Und er ist erst der Anfang", und er malt die Folgen drastisch aus: "Kinder, die vom Monsunregen weggefegt werden, Familien, die vor den Flammen fliehen, Arbeiter, die in der sengenden Hitze zusammenbrechen."

Vor ein paar Jahren hätte man das noch als Panikmache abtun können. Heute allerdings, da es an vielen Orten der Welt schon passiert, funktioniert das nicht mehr.

Das Problem ist nur, dass solche Kassandra-Rufe, so realitätsnah sie sein mögen, nicht die erhofften Folgen einer radikalen Umkehr in Politik, Wirtschaft und bei den Verbrauchern haben. Sie münden in Resignation oder eine "Nach mir die Sintflut"-Haltung.

Der neue Chef des Weltklimarates IPCC, Jim Skea, hat dieses Problem erkannt. Er ermuntert dazu, trotz des Stakkatos schlechter Nachrichten nicht zu verzweifeln und nicht in eine "Schockstarre" zu verfallen. Die Menschheit werde "auch bei 1,5 Grad Erwärmung nicht aussterben".

Das hat zwar niemand ernsthaft behauptet, doch es scheint notwendig, auf diese Weise klarzustellen, dass jedes Zehntelgrad Temperaturbremse sich lohnt, weil Milliarden Menschen etwas davon haben werden. Eine Entwarnung hat Skea nicht gegeben, aber erkannt: Menschen ohne Hoffnung sind ein hoffnungsloser Fall.