Der Klimawandel setzt den Meeren, Flüssen und den die Erde bedeckenden Eismassen zu. Der Meeresspiegel steigt, Hochwasser- und Dürreereignisse nehmen zu, die Gletscher und Eisschilde schmelzen.
Dass die Binnenseen ebenso zunehmend in Mitleidenschaft gezogen werden, ist weniger bekannt. Doch auch sie leiden unter den steigenden Temperaturen.
Sogenannte "Seen-Hitzewellen" werden laut einer neuen Forschungsarbeit bis zum Ende des 21. Jahrhunderts an Intensität und Dauer zunehmen. Dies bedrohe die Artenvielfalt und bringe die Ökosysteme dieser Gewässer an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, wenn die globale Erwärmung nicht begrenzt wird, heißt es darin.
Das Forschungsteam aus mehreren Ländern modellierte unter Leitung der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) die Auswirkungen der Klimaerwärmung auf 702 Seen weltweit, in Deutschland unter anderem den Chiemsee in Bayern und die Müritz in Mecklenburg-Vorpommern.
Es zeigte sich, dass die Folgen sehr stark davon abhängen, wie stark die Temperaturen noch zunehmen. Derzeit liegen sie im globalen Durchschnitt um 1,25 Grad über dem Wert aus vorindustrieller Zeit, wobei sich die Landmassen stärker als die Meere erwärmt haben.
Im Extremfall – bei ungebremstem CO2-Ausstoß – werden im Jahr 2100 laut dem Weltklimarat IPCC mehr als vier Grad erreicht, was dem bisherigen Temperaturtrend entspricht.
"Außergewöhnliche Seen-Hitzewellen werden in Zukunft in vielen Fällen zur Normalität", sagte Tom Shatwell, Seenforscher am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Magdeburg und Co-Autor der Studie.
Weiter-so-Szenario zeigt umkippende Seen
Im Szenario einer starken Erwärmung könnten bis zu 40 Prozent der untersuchten Seen einen "permanenten Hitzezustand" erreichen, der sich über das ganze Jahr erstreckt. Das würde sich laut der Studie deutlich auf die physikalische Struktur und die chemischen Eigenschaften auswirken – darunter weniger Sauerstoff im Wasser und mehr Cyanobakterien und damit giftige Blaualgenteppiche.
Shatwell: "Schließlich ist auch die biologische Vielfalt bedroht, weil manche in und an Seen lebenden Arten nicht sehr hitzetolerant sind." Diese Entwicklung könne die Ökosysteme an die Grenzen ihrer Belastbarkeit treiben, resümieren die Autor:innen der Studie.
Gelingt es der Weltgemeinschaft allerdings, die globale Erwärmung bei 1,5 bis zwei Grad zu stoppen, wie im Pariser Klimavertrag angepeilt, fiele auch der Stress für die Seen deutlich geringer aus. Derzeit dauern Hitzewellen dort im Schnitt eine Woche, und ihre Intensität – das heißt, die lokale Erwärmung gegenüber der Durchschnittstemperatur – beträgt 3,7 Grad.
Bei erfolgreicher Klimapolitik stiege bis 2100 die Dauer "nur" auf einen Monat und die Intensität um 0,3 auf dann vier Grad. Im Szenario einer starken Erwärmung sieht das viel dramatischer aus. Hitzewellen dauern dann im Schnitt mehr als drei Monate, und die Intensität legt um 1,7 auf 5,4 Grad zu.
Dass die Erwärmung von Gewässern auch für den Menschen Konsequenzen haben kann, zeigten UFZ-Wissenschaftler unlängst in einer anderen Untersuchung. Danach können auch in Talsperren die Wassertemperaturen deutlich steigen – mit entsprechenden Problemen für die Trinkwasserversorgung.