Der Sequoia-Nationalpark ist mit 1.600 Quadratkilometern mehr als doppelt so groß wie die Stadt New York. (Bild: Ilja Mašík/Shutterstock)

84 Meter ragt der Gipfel des General Sherman Tree in die Höhe. Sein mächtiger Stamm hat einen Umfang von 31 Metern. Er ist der größte Baum der Welt und kommt alles in allem auf ein Volumen von rund 1.500 Kubikmetern.

Im Sequoia-Nationalpark in der kalifornischen Sierra Nevada stehen neben diesem Riesenmammutbaum noch viele weitere "Redwoods". Der Nationalpark ist sogar nach dem botanischen Namen für Mammutbäume benannt – Sequoioideae.

Mittlerweile locken die Bäume nicht mehr nur Wanderbegeisterte an, sondern auch ebenso begeisterte Klimaforscher:innen. Das schnelle Wachstum, die Größe und Langlebigkeit der Giganten haben das Interesse der Wissenschaft geweckt.

Eine Reduktion der Treibhausgasemissionen allein, so warnt die Wissenschaft, reicht nicht (mehr), um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Es braucht Strategien, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen.

Neben bisher unausgereiften technischen Möglichkeiten liegt der Fokus auf natürlichen Senken und nicht zuletzt auf Aufforstung. Da scheint die größte Baumart der Welt ein naheliegender Kandidat zu sein.

Tatsächlich bringt kein Ökosystem der Erde mehr oberirdischer Biomasse auf einen Hektar als die Redwood-Wälder im Westen der USA. Als oberirdische Biomasse wird dabei der Teil von Pflanzen bezeichnet, der oberhalb des Bodens liegt, also im Fall von Bäumen vor allem Stamm, Äste und Blätter.

Ein junger Redwood kann jährlich zwischen 60 und 300 Kilogramm CO2 aufnehmen. Jung heißt in diesem Fall bis zu einem Alter von etwa 150 Jahren. Bei einer Fichte sind es hingegen nur 26 Kilogramm CO2.

Britische Redwoods nehmen ebenso viel CO2 auf

Expert:innen gehen zudem davon aus, dass die CO2-Aufnahme bis zu einem Alter von 500 Jahren zunimmt und danach langsam sinkt. Allgemeine Aussagen zum Wuchsverhalten von Bäumen sind jedoch mit Vorsicht zu genießen. Dieses hängt von sehr vielen Faktoren ab, von denen Klima, Bodentyp, Standort und konkurrierende Baumarten nur einige der wichtigsten sind.

150 Jahre ist für Mammutbäume tatsächlich noch ein jugendliches Alter. Die meisten werden weit über 1.000 Jahre alt, nicht wenige über 2.000 und einigen Exemplare gar über 3.000 Jahre. Sie sind also ein durchaus langlebiger biologischer Kohlenstoffspeicher.

Allerdings beschränkt sich das natürliche Verbreitungsgebiet der Riesenmammutbäume auf die Sierra Nevada und das der eng verwandten Küstenmammutbäume auf die kalifornische Küste. Durch Menschenhand verbreiteten sich die Samen jedoch im vergangenen Jahrhundert auch nach Europa.

Eine britische Forschungsgruppe hat in einer neuen Studie das CO2-Speicherpotenzial von Mammutbäumen unter britischen Bedingungen untersucht. Dazu haben der Geograf und Geodatenanalyst Ross Holland und sein Team 97 Bäume von drei unterschiedlichen Standorten vermessen.

Für eine möglichst detaillierte Messung nutzten sie für ihre im Fachjournal Royal Society Open Science erschienene Studie einen dreidimensionalen Laserscanner und errechneten aus den Daten jährliche Wachstumsraten der Bäume. Die Autor:innen kommen zu dem Schluss, dass "der im Vereinigten Königreich angebaute Riesenmammutbaum (Sequoiadendron giganteum) 85 Kilogramm Kohlenstoff pro Jahr binden kann, wobei die Rate von Klima, Bewirtschaftung und Alter abhängt".

85 Kilogramm Kohlenstoff entsprechen einer Aufnahme von etwas über 300 Kilogramm CO2. Damit stehen die britischen Exemplare ihren Verwandten in den USA in nichts nach. Zwar nehmen manche Bäume nur etwa 50 Kilo CO2 im Jahr auf, das führen die Autor:innen aber auf standortspezifische Faktoren zurück.

Zukunft von Ökosystemen ungewiss

Auch in anderen europäischen Ländern scheint die Art zu gedeihen. Das größte Exemplar Großbritanniens ist 160 Jahre alt und erreichte 2014 eine Höhe von 56 Metern. Noch etwas größer ist der größte Mammutbaum Frankreichs mit rund 58 Metern. Und auch in Italien stehen einige Bäume mit einer Höhe zwischen 40 und 50 Metern.

Besonders relevant für das Wachstum der Bäume ist laut der Studie die Wasserverfügbarkeit. So wuchsen die Bäume an dem Standort mit den höchsten Niederschlagwerten am besten. Redwoods gelten zudem als stabile und klimaresiliente Bäume.

Allerdings, geben die Autor:innen zu bedenken, könne das Anpflanzen von Redwoods nicht allein von ihrem CO2-Aufnahmepotenzial abhängig gemacht werden. Die möglichen ökologischen Auswirkungen seien von ebenso großer Bedeutung.

Die Studie kann deshalb nur ein Baustein für eine Beurteilung sein, ob Mammutbäume eine sinnvolle Ergänzung für die europäischen Wälder sind. Während Naturschutz und nachhaltige Aufforstung wichtige Klimaschutzstrategien sind, ist ein alleiniger Fokus darauf gefährlich.

 

So warnen Wissenschaftler:innen in dem Bericht "Zehn neue Erkenntnisse der Klimawissenschaft", dessen jüngste Ausgabe im Dezember vorgestellt wurde, sich zu sehr auf natürliche CO2-Senken zu verlassen. Natürliche Senken und Ökosysteme im Allgemeinen geben der Wissenschaft noch viele Rätsel auf. Mit dem heutigen Erkenntnisstand lässt sich schlicht nicht vorhersagen, wie diese Systeme sich unter fortschreitendem Klimawandel verändern werden.

Zu Erkenntnis Nummer vier des Berichts schreiben die Expert:innen: "Wenn die natürlichen Senken tatsächlich schwächer sind als erwartet, dann wird die Erwärmung stärker ausfallen als in den Szenarien des Weltklimarats IPCC. Das hieße: Noch ehrgeizigere Anstrengungen zur Emissionsminderung wären erforderlich."

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