Der Klimaschutz steht nicht nur unter Druck, momentan droht ihm sogar die Verbannung aus der Öffentlichkeit. Im Bundestagswahlkampf sei Klimaschutz nur "eine Randnotiz", konstatiert Stefanie Langkamp von der Klima-Allianz Deutschland.

Errungenschaften wie das Verbrenner-Verbot sollen zurückgenommen werden, einige wollten sogar Windräder absägen, beklagt die Klima-Allianz-Geschäftsführerin. Das stehe im krassen Gegensatz zu den ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen.

 

Die Klima-Allianz, ein Bündnis von über 150 zivilgesellschaftlichen Organisationen, hat in dieser Woche eine repräsentative Umfrage zum Klimaschutz vorgestellt. Dabei sind laut den Angaben 3.040 Leute in der zweiten Dezemberwoche 2024 befragt worden.

Nach Verbrennerverbot oder Windkraft ließ die Klima-Allianz die Leute aber nicht fragen, sondern nach Dingen wie: Soll die nächste Regierung mehr für den Klimaschutz tun? Sollen die Deutschen zum Schutz vor hohen Gaspreisen mehr in die Energiewende investieren? Soll der Bund mehr Geld für Katastrophenhilfe ausgeben?

Mehr Katastrophenhilfe findet eine deutliche Mehrheit quer durch alle Partei-Präferenzen gut, sogar drei Viertel der befragten AfD-Wähler. Letzteres verwundert kaum. Aktuell gehört es zu den Narrativen der Klimaskeptiker, Schäden durch Wetterextreme nicht dem Klimawandel, sondern allein mangelnder staatlicher Vorsorge zuzuschreiben. Mehr Katastrophenhilfe klingt da nach Bestätigung.

Nur eine knappe Mehrheit will mehr Klimaschutz

Sichtbar Klimapolitisches lehnt die Wählerschaft der Rechtspopulisten überwiegend ab. Nur 40 Prozent der Befragten mit AfD-Tendenz meinen, der Staat sollte zum Schutz vor hohen Gaspreisen mehr in die Energiewende investieren, und nur ein Drittel ist dafür, die Erneuerbaren zu bevorzugen. Mit der Ablehnung von Solar- und Windkraft stehen die Fans der AfD allerdings allein auf weiter Flur.

Bei der übergreifenden Frage, ob die nächste Regierung mehr für den Klimaschutz tun soll, fällt die Mehrheit der Ja-Antworten mit 53 Prozent aber denkbar knapp aus. Die Klima-Allianz zieht zwar den Schluss: Eine Mehrheit in der Bevölkerung wünscht sich mehr Klimaschutz. Auf sehr festen Beinen steht die Behauptung aber nicht, eher zeigt die Umfrage eine gespaltene Haltung.

Ein guter öffentlicher Verkehr – das wäre Klimaschutz, der auf breite Unterstützung zählen könnte. (Bild: Erich Westendarp/​Pixabay)

Die aktuellen Forderungen der Klima-Allianz richten sich vor allem auf Investitionen in die Infrastruktur. "Klimaschutz ist Zukunftssicherung mit modernen, sanierten Schulgebäuden, mit Bussen und Bahnen, die zuverlässig fahren, sowie einer leistungsfähigen Energieinfrastruktur", erläutert Viviane Raddatz vom WWF.

Entscheidend, um beim Klimaschutz voranzukommen, sei dabei eine Reform der Schuldenbremse, betonen Raddatz wie auch Langkamp auf Nachfrage. Langkamp geht fest davon aus, dass die nächste Bundesregierung – auch unter Führung der Union – eine Reform der Schuldenbremse einleiten wird. Führe diese Reform zu Investitionen, die "einen Mehrwert" für die Menschen bringen, dann seien diese durchaus bereit, auch mehr Schulden aufzunehmen, meint die Geschäftsführerin der Klima-Allianz.

Direkt nach einer Aufhebung der Schuldenbremse wurde in der Umfrage zwar nicht gefragt, aber nach der Bereitschaft zu neuen Schulden, um den Investitionsstau aufzulösen. Das findet sogar bei 57 Prozent der FDP-Wähler Zustimmung.

Mit der Umfrage wolle man den Parteien auch die Angst nehmen, dass sie mit einem Engagement fürs Klima Stimmen verlieren, nennt Caritas-Präsidentin Eva Welskop-Deffaa ein weiteres Motiv. Der Eindruck, Klimaschutz sei ein Verliererthema, "ist falsch", sagt sie.

Klimaschutz – ein "alter" Begriff?

Bei der Verwendung des derzeit offenbar verfemten Begriffs Klimaschutz zeigt sich die Caritas-Chefin aber pragmatisch. Es bringe nichts, sich mit Vokabeln in der öffentlichen Debatte zu positionieren, die aus zwar "schlechten", aber "erfolgreichen" Gründen im Augenblick viel Widerstand hervorriefen, erklärt Welskop-Deffaa.

Sie möchte, dass in der nächsten Legislatur konkrete Maßnahmen ergriffen werden, um die Erderwärmung zu stoppen. "Wenn man dafür eine bessere Vokabel findet, die für die Menschen in Deutschland attraktiver ist, weil sie stärker auf das Zukunftsversprechen eingeht, sollten wir nicht an alten Wörtern hängen", meint die Caritas-Präsidentin.

Als veralteten Begriff sieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Klimaschutz noch nicht an. Da gebe es völkerrechtliche sowie nationale gesetzliche Verpflichtungen, erklärt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch.

An der Debatte um den Begriff sei aber auch etwas dran, räumt er auf Nachfrage ein. Wenn den Leuten klar werde, welche Vorteile sie von Klimamaßnahmen haben, werde es dafür auch Mehrheiten in der Bevölkerung geben.

Resch verweist hier auf das Beispiel Tempolimit. So befürworte eine Mehrheit ein Tempolimit, das zugleich bis 2030 die Emissionslücke im Verkehr um bis zu einem Drittel verringern würde. Ähnliches gelte für Forderungen aus der Bevölkerung für einen besseren öffentlichen Verkehr. Der Umwelthilfe gehe es mit ihrer Klimaschutz-Arbeit um konkrete Verbesserungen für Mensch, Umwelt und Klima, betont Resch.

 

Sascha Müller-Kraenner, ebenfalls DUH-Geschäftsführer, hält die Idee, gerade im Wahlkampf nicht mehr über Klimaschutz zu reden, für "irre". Das sähen auch große Teile der Wirtschaft so. In den Augen der Industrie liefen die von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz geäußerten Zweifel am grünen Stahl darauf hinaus, die einzige Zukunft zu zerstören, die die Stahlindustrie hat, sagt Müller-Kraenner.

Übrigens wünsche er sich auch, im Wahlkampf würde mehr über Umwelt- und Naturschutz geredet, ergänzt der DUH-Mann.

Dazu ist zu sagen: Die beiden Themen hat das Schicksal des Klimaschutzes schon vor Jahren ereilt.