Jens Mühlhaus. (Foto: Dominik Parzinger)

Immer wieder sonntags: Die Mitglieder unseres Kuratoriums erzählen im Wechsel, was in der vergangenen Woche wichtig für sie war. Heute: Jens Mühlhaus, Vorstand beim unabhängigen Ökostrom-Anbieter Green City AG.

Klimareporter°: Herr Mühlhaus, um die CO2-Steuer ist eine heftige Auseinandersetzung entbrannt, sogar innerhalb der Regierung. Die Ablehnung eines CO2-Preises wird meist damit begründet, dass ärmere Haushalte nicht noch mehr belastet werden dürfen. Wie sehen Sie das?

Jens Mühlhaus: Ich bin überzeugt, dass die CO2-Bepreisung ein zentraler Baustein für den Kampf gegen den Klimawandel sein wird – das versteht doch wirklich jedes Kind.

Ehrlich gesagt finde ich es erschreckend, wie hier – auch im Europawahlkampf – mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürgern gespielt wird. Die immer wieder vorgebrachten Einwände, dass durch eine CO2-Steuer vor allem Pendler und Geringverdiener belastet werden und vielleicht eine Protestwelle wie in Frankreich droht, sind doch bekannt.

Deutschland hinkt beim Thema Klimaschutz hoffnungslos hinterher und wer dann – wie Annegret Kramp-Karrenbauer – auf eine große globale CO2-Lösung hofft, der wird nicht vorwärtskommen. Wenn die CDU-Chefin der Meinung ist, dass man damit vor allem die kleine Leute belaste, "weil man einfach nur zu faul zum Nachdenken" über Alternativen sei, fehlen mir schlicht die Worte.

Die Regierung aus CDU, CSU und SPD zeigt ganz aktuell – und als ob sie es beweisen wolle – nochmals auf, warum Protestbewegungen wie "Fridays for Future" und "Excitinction Rebellion" entstehen und so dringend notwendig sind.

Die CO2-Steuer und der einkommensneutrale Umbau aller Kleinabgaben sind wirklich tief hängende und reife Kirschen – was außer heftiger Lobbyeinfluss könnte unsere Regierung vor einer umjubelten Ernte abhalten? Macht doch einfach!

Auf die ohnehin vollen Straßen und Fahrradwege drängen immer mehr Fahrzeuge mit Elektroantrieb, nicht nur E-Autos, sondern auch Tretroller, E-Bikes oder E-Roller. Droht da nicht neuer Wildwuchs?

Ich würde eher von einer Mobilitätsrevolution sprechen.

Die E-Mobilität wird künftig einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, unsere Fortbewegung nachhaltig zu gestalten. Ich sehe den Fokus dabei ganz klar in Sharing-Angeboten. Die Idee des Teilens und Leihens beispielsweise von E-Rollern ist ein Megatrend der Zukunft.

Dass es funktionieren kann, hat unsere Zusammenarbeit mit dem Sharing-Anbieter "Emmy" in München gezeigt: Über ein Crowd-Investment konnten wir in kurzer Zeit 350 rote Elektroflitzer auf die Straße bringen. Die Vorteile liegen auf der Hand: E-Roller sind umweltfreundlich, platzsparend und kostengünstig. Und sie können einen wichtigen Beitrag in der städtischen Mobilität leisten, in dem sie unnötige Autofahrten ersetzen auf Strecken, die der öffentliche Verkehr nicht so gut bedienen kann.

Ob die gerade so umjubelten elektrischen Tretroller aber wirklich in solchen Massen wie angekündigt gebraucht werden, da bin ich skeptisch. Das hört sich eher an, als ob da einige Start-ups schnell ans große Geld ranwollen.

Und warum jubeln ausgerechnet konservative Politiker bei diesen Angeboten so laut? Weil man mal Aktivismus vortäuschen kann, ohne wirklich etwas leisten zu müssen? Vielleicht weil hier dem Auto keine Konkurrenz erwächst und nur der Raum von Radlern und Fußgängern abgezwackt werden soll? Ich bin da eher bei der Wirtschaftswoche von vergangener Woche: "Der E-Tretroller wird völlig überschätzt".

Und was war Ihre Überraschung der Woche?

Positiv überrascht war ich, dass bei beim Digitalkongress "Republica" das Thema Nachhaltigkeit in dieser Woche ganz oben auf der Agenda stand. Da ist ein Umdenken erkennbar, schließlich sorgt die Digitalisierung ja für einen eher steigenden Energiebedarf. Wenn man jetzt allerdings mit einer so großen Community die Chance ergreift, digitale Technologien sinnvoll zu nutzen und in den Dienst der Nachhaltigkeit zu stellen, bringt uns das schon einen guten Schritt weiter.

Fragen: Jörg Staude