Stuttgart
Autofabrik, hier Mercedes-Werk in Stuttgart: "Mit Klimazerstörung Milliarden verdient". (Foto: Julian Herzog/​Wikimedia Commons)

Die Umweltorganisationen Greenpeace und Deutsche Umwelthilfe (DUH) wollen die Autokonzerne BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen sowie den Gas- und Erdölproduzenten Wintershall Dea mit juristischen Mitteln zu mehr Klimaschutz zwingen. Die Autobauer sollen bis 2030 den Verkauf von Benzin- und Diesel-Pkw stoppen, der Energiekonzern soll spätestens von 2026 an keine neuen Öl- und Gasfelder mehr erschließen.

Entsprechende "Anspruchsschreiben" wurden den Konzernen nach Angaben von DUH-Anwalt Remo Klinger am Freitag zugestellt. Greenpeace und DUH setzen den Unternehmen darin eine Frist bis zum 20. September, bei VW bis 31. Oktober, diese Erklärungen zu unterschreiben. Tun sie das nicht, wollen die Umweltschützer die Konzerne verklagen.

Die beiden Organisationen beziehen sich dabei auf das "Klima-Urteil" des Bundesverfassungsgerichts vom April. Karlsruhe hatte das bis dahin geltende Klimaschutzgesetz für teilweise verfassungswidrig erklärt und festgestellt, ein unzureichender Klimaschutz gefährde die Freiheit künftiger Generationen.

An die verschärften Vorgaben seien auch große Unternehmen gebunden, die einen hohen CO2-Ausstoß verursachen, argumentieren die DUH und Greenpeace.

Die Klageführenden aus der Leitung der Umweltorganisationen, im Fall von VW ergänzt um die Fridays-for-Future-Aktivistin Clara Mayer, machen zivilrechtliche Ansprüche auf den Schutz ihrer persönlichen Freiheits- und Eigentumsrechte geltend. Sie knüpfen dabei nach eigenen Angaben an ein weiteres spektakuläres Gerichtsurteil aus dem Frühjahr an.

Damals stellte ein niederländisches Gericht in Den Haag in einem Prozess gegen den Ölmulti Shell fest, Großunternehmen hätten – auch unabhängig von politischen Vorhaben – eine eigene Klimaverantwortung. Es verurteilte den Konzern zu einer schnelleren CO2-Reduktion.

Die geforderten Enddaten für den Verkauf von Verbrenner-Autos und die Gewinnung fossiler Brennstoffe ergeben sich laut den Umweltorganisationen aus den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens und den Berechnungen des Weltklimarates IPCC und der Internationalen Energieagentur IEA dazu. Die aktuellen und geplanten Maßnahmen der vier Konzerne widersprächen dem und seien damit rechtswidrig.

Autokonzerne: Wir tun schon genug

"Trotz zunehmender Extremwetterereignisse und entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse verkauft die deutsche Autoindustrie weiterhin weltweit Millionen klimaschädlicher Diesel und Benziner – damit verursachte sie 2019 einen größeren CO2-Fußabdruck als ganz Deutschland", heißt es von der Klageseite.

Wintershall Dea wiederum sei jährlich für 80 Millionen Tonnen CO2-Emissionen verantwortlich und wolle seine fossile Produktion bis 2023 um knapp 30 Prozent steigern. Der größte deutsche Öl- und Gasproduzent gehört mehrheitlich der BASF.

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser sagte: "Wir begreifen den Richterspruch aus Karlsruhe als Auftrag, den Schutz unserer gemeinsamen Lebensgrundlagen auf allen Ebenen des Rechts schnell und wirksam durchzusetzen."

DUH-Co-Chef Sascha Müller-Kraenner ergänzte, die angegriffenen Konzerne hätten Milliarden mit der Zerstörung des Klimas verdient. "Und das seit vielen Jahren in vollem Bewusstsein, was sie anrichten." Sie seien "so unverfroren, nicht einmal jetzt ausreichend umzusteuern".

Die Autobauer wehren sich gegen die juristischen Attacken. Der VW-Konzern erklärte, er habe sich bereits 2018 "klar zum Pariser Klimaabkommen bekannt", und verwies auf seine Milliardeninvestitionen in Elektromobilität.

BMW betonte, man sei in der Branche Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel. Die Mercedes-Mutter Daimler teilte mit, der Konzern habe den "Spurwechsel zur Klimaneutralität bereits eingeleitet" und werde gegen eine mögliche Klage "mit allen juristischen Mitteln" vorgehen.

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