Die vier Stromkonzerne EnBW, Eon, RWE und Vattenfall waren lange Zeit Bremser der Energiewende. Sie betrieben fast nur zentrale Großkraftwerke, die Kohle und Erdgas verfeuerten oder die Kernspaltung nutzen. Inzwischen, die erneuerbaren Energien liefern bereits rund 60 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms, läuft auch hier der große Umbau.

Windkraft und Solarenergie stehen nun auch bei den "Big Four", wie die Konzerne in Fachkreisen genannt werden, im Fokus. Jüngstes Beispiel: Vattenfall hat gerade seine Solarstrategie erläutert, die unter anderem der "Agri-PV" zum Aufschwung verhelfen soll – dem Bau von Solarstrom-Anlagen auf landwirtschaftlichen Flächen, die aber weiter für den Anbau von Nahrungsmitteln genutzt werden können.

 

Der schwedische Staatskonzern, der in Deutschland ein großer Player in Braunkohleabbau und -verstromung war, will massiv in den hiesigen Markt für erneuerbare Energien investieren – bis 2028 fünf Milliarden Euro.

2018 musste Vattenfall auf Druck der damaligen rot-grünen Regierung in Stockholm seine Braunkohlesparte in der Lausitz verkaufen. Im vorigen Jahr veräußerte der Konzern auch sein Fernwärme-Geschäft in Berlin.

Solarparks werden mit Großbatterien kombiniert

Das Unternehmen verfolgt nach eigenen Angaben nun einen integrierten Ansatz, der Ökostrom-Erzeugung, Energiedienstleistungen und Vertrieb umfasst. Deutschland sei der am schnellsten wachsende Erneuerbaren-Markt in Europa, heißt es dort. Das biete vielfältige Wachstumschancen.

Neben Windkraft an Land und auf See will Vattenfall in den kommenden Jahren die Photovoltaik stark ausbauen, und zwar in Kombination mit Großbatterien, um den Solarstrom auch in der Nacht und an sonnenarmen Tagen zu ermöglichen. Jährlich will Vattenfall rund 500 Megawatt Solarstrom und 300 Megawatt Großbatterien in Betrieb nehmen.

Agri-Photovoltaik existiert bisher vor allem in Medienberichten. Vattenfall will ihr nun einen Push geben. (Bild: Max Trommsdorff/​Wikipedia Commons)

Schon bis Mitte des Jahres sollen fünf neue große Solarparks fertiggestellt werden, wie der Chef der Solarsparte des Konzerns in Deutschland, Björn Piske, ankündigte. "Heute ist nichts billiger als Solarenergie", sagte Piske dazu. Selbst in Kombination mit Batteriespeichern sei dies inzwischen die günstigste Form erneuerbarer Energie.

"Als ich vor 17 Jahren meine Karriere in der Solarbranche begann, waren die Hauptmärkte für Solarenergie in Europa Spanien und Italien", erzählte Piske. "Natürlich haben diese Länder mehr Sonneneinstrahlung als wir, und damals war es nur sinnvoll, dort zu investieren. Heute ist der Wirkungsgrad von Solarmodulen so viel höher, dass sich auch Investitionen in Deutschland lohnen, und zwar ohne Subventionen."

Auch Netzengpässe sollen entschärft werden

Derzeit hat Vattenfall hierzulande Projekte mit kombinierten Solar- und Batterieparks im Umfang von insgesamt 11.000 Megawatt in der Pipeline. Davon soll ein erheblicher Teil binnen weniger Jahre realisiert werden. Die Leistung der Solarparks reicht von etwa 50 bis zu 240 Megawatt.

Diese "Hybrid-Kraftwerke" hätten eine ganze Reihe von Vorteilen, erläuterte Piske. So könne mit den Batterien auch das Problem begrenzter Netzkapazitäten entschärft werden. Dieses tritt häufig auf, wenn alle Solaranlagen bei starker Sonneneinstrahlung gleichzeitig einspeisen und dem Netz dann eine Überlastung droht. In dem Fall wird der Strom vor Ort gespeichert, statt ihn abzugeben.

Die Batteriespeicher dienen allerdings auch dazu, die Stromverfügbarkeit zu gewährleisten. Piske: "Die Batterien ermöglichen es uns, den erzeugten Strom auf die Stunden zu verteilen, in denen er am ehesten gebraucht wird. Eine Speicherung für ein paar Stunden reicht aus, um einen großen Unterschied zu machen."

Einige der Vattenfall-Projekte sind als Agri-PV-Parks konzipiert, bei denen es unter und neben den aufgeständerten Solarpaneelen Platz gibt, um dort weiterhin Ackerbau oder Tierhaltung zu betreiben. Bisher hat der Konzern zwei solcher Parks in Betrieb genommen, einen in den Niederlanden und einer in Deutschland.

"Die demokratischste Energieform"

Letzterer, im Ort Tützpatz im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte, hat eine installierte Leistung von 79 Megawatt. Dort ist ein erheblicher Teil der Fläche für die Geflügelzucht mit bis zu 15.000 Hühnern vorgesehen.

Ein noch größeres Vattenfall-Projekt im selben Landkreis wurde allerdings durch Kommunalvertreter von AfD und BSW gestoppt. Das Unternehmen ist jedoch sicher, dass die Kombination von solarer und traditioneller Landwirtschaft den Agrarbetrieben zusätzliche Einkommensquellen bietet.

"Ich glaube, dass die Agrar-Photovoltaik auf dem Vormarsch ist, und wir haben die Absicht, unsere führende Position auf diesem Markt zu halten", bekundete Piske.

 

Als einen Hauptgrund für den Solarboom nennt der Vattenfall-Manager die stark gefallenen Preise der Solarpanels. Diese stammen heute zu über 90 Prozent aus China, das sich im letzten Jahrzehnt konsequent zum Weltmarktführer in diesem Sektor entwickelt hat. Weiterer Punkt: Die Installation sei im Vergleich zu anderen Stromerzeugungsmethoden deutlich schneller und einfacher.

Piske hebt noch einen anderen Aspekt hervor: "Bei jedem Projekt beziehen wir die Bevölkerung in der Region mit ein, laden sie zu Versammlungen und Diskussionen ein, berücksichtigen ihre Meinung und passen unsere Entwürfe an. Auf diese Weise ist Solarenergie wahrscheinlich die demokratischste Energiequelle, im Vergleich dazu, wie andere Energieprojekte in Deutschland betrieben werden."