Wenn viele Solaranlagen zur gleichen Zeit Strom ins Netz einspeisen, wie hier auf Fehmarn, droht eine Überlastung des Stromnetzes. (Bild: Carla Constanza)

Ich erinnere mich noch gut an meine ersten Erfahrungen mit der Sonne, die Strom macht. Es ist fast ein Vierteljahrhundert her. Unsere Photovoltaik-Anlage war gerade auf dem Dach installiert worden.

Relativ klein, nur 1,6 Kilowatt Spitzenleistung, dafür ziemlich teuer. Doch immerhin ausreichend, um, übers Jahr gesehen, die Hälfte des von uns verbrauchten Stroms zu produzieren.

Ich war stolz. Abends ging ich runter in den Keller, um zu notieren, wie viel Elektrizität sie wieder ins Netz eingespeist hatte.

Zum Glück war es Sommeranfang, und die Scheibe unseres analogen Stromzählers rotierte mittags ganz ordentlich, wenn die Sonne schien. Manchmal kamen knapp zehn Kilowattstunden zusammen.

An anderen Tagen, bei trübem Himmel, waren es aber nur zwei oder drei. Und vom Winter will ich gar nicht reden. Da lohnte es sich kaum, die Liste mit den Tageserträgen zu führen.

Es war die Pionierzeit der Solarenergie, das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit seinen Einspeisevergütungen war gerade in Kraft getreten. Unser Stromnetzbetreiber dürfte damals über unsere Mini-Anlage und die Anlagen der wenigen anderen Pioniere gelacht haben.

Die Einspeisung war auch bei voller Sonne mittags im Gesamtsystem völlig unbedeutend, nicht mal ein winziger Zacken in der Kurve.

Zu viel Solarstrom?

Inzwischen lacht keiner mehr, zumindest nicht höhnisch. Deutschlandweit sind heute über 4,3 Millionen Solaranlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 90.000 Megawatt am Netz, die in der Jahresbilanz rund 14 Prozent des verbrauchten Stroms liefern. Das ist beeindruckend.

Es ist aber auch eine enorme Herausforderung. Denn an sonnenreichen Tagen wird oft mehr Strom produziert, als benötigt wird, vor allem mittags und an Wochenenden. Dann greifen die Netzbetreiber ein und schalten zum Beispiel Windanlagen ab.

Oder sie verschenken den Strom ins Ausland, manchmal müssen sie sogar Geld drauflegen, um ihn loszuwerden. Das alles kostet Milliarden, die wir Stromkunden zahlen müssen.

Joachim Wille ist Co-Chefredakteur des Online-Magazins Klimareporter°.

Böse Zungen reden vom "Solarinfarkt", der drohe, zumal die Solar-Gesamtleistung laut Bundesregierung bis 2030 auf 215.000 Megawatt ansteigen soll, um die Energiewende zu schaffen.

Doch gegen den "Infarkt" lässt sich etwas tun. Endlich flächendeckend intelligente Stromzähler einbauen, um die Stromabnahme besser steuern zu können. Die Photovoltaik-Produktion durch große Batteriespeicher und Wasserstoff-Herstellung mit Überschussstrom bedarfsgerechter machen. Unflexible Kohlekraftwerke schneller aus dem Netz nehmen.

PS. Unsere Solaranlage läuft übrigens immer noch.