Deutschland war das Solarland Nummer eins weltweit, mit einer starken Photovoltaik-Industrie. Doch das ist über zehn Jahre her. Heute belegt die Bundesrepublik bei der Solarstrom-Produktion nur noch Platz neun unter den OECD-Staaten. Länder wie Chile, die Niederlande oder Griechenland liegen davor.

Doch inzwischen boomt der Photovoltaik-Ausbau wieder, und die Bundesregierung will dem Sektor mit ihrem am Mittwoch verabschiedeten "Solarpaket" einen weiteren Push geben.

 

Das südamerikanische Schwellenland Chile ist mit einem Solaranteil von 16 Prozent beim produzierten Strom weltweiter Spitzenreiter, gefolgt von der traditionellen "Kohlenation" Australien mit 15 Prozent.

Allerdings folgen auf den nächsten Plätzen in den Top Ten europäische Länder, wie eine neue Analyse des Energieunternehmens Enpal zeigt. Für die Untersuchung wurden die Stromdaten von insgesamt 47 OECD-Staaten im Jahr 2022 bilanziert, Datenquelle ist die Internationale Energieagentur IEA.

In der EU ist der Ausbau der Solarenergie in den Niederlanden am weitesten fortgeschritten. Obwohl die Sonne dort mit knapp 1.800 Stunden im Jahresschnitt vergleichsweise wenig scheint – Australien verzeichnet fast 2.900 Stunden –, liegt das Land mit knapp 15 Prozent Solaranteil vorne.

Mit Griechenland, Ungarn, Zypern, Malta und Spanien folgen südeuropäische, relativ sonnenreiche Länder mit Werten zwischen 11,5 und 15 Prozent.

Deutschland laboriert noch an der Solarbremse

Schaut man sich die absoluten Zahlen der Solarstromproduktion an, sieht die Liste natürlich anders aus. Hier liegt das Schwellenland China mit mehr als 416 Terawattstunden pro Jahr vorne, gefolgt von den Industriestaaten USA und Japan und dem Schwellenland Indien mit 188, 93 und 92 Terawattstunden.

Deutschland kommt in diesem Ranking immerhin noch auf Platz fünf, bei knapp 58 Terawattstunden, was elf Prozent der Gesamtstromproduktion ausmachte. Eine Terawattstunde sind eine Milliarde Kilowattstunden.

Solarzellenproduktion vor 20 Jahren in Frankfurt (Oder): Eine ganze Branche mit Zehntausenden Arbeitsplätzen ging unter den letzten Bundesregierungen verloren. (Bild: Odersun)

Dass Deutschland nicht weiter vorne zu finden ist, liegt am schleppenden Zuwachs der Solarenergie in den 2010er Jahren.

Im Jahrzehnt zuvor hatte die Bundesrepublik durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz und die Umlagefinanzierung für den produzierten Ökostrom einen beispiellosen Boom bei der Photovoltaik angestoßen. Deutsche Unternehmen wie Solarworld, Q‑Cells und Centrotherm beherrschten den Weltmarkt.

Dann aber bremste die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) den Ausbau drastisch, der gut 8.000 Megawatt pro Jahr erreicht hatte, und China übernahm die globale Marktführerschaft. Das führte nicht nur zum Abstieg des "Solarweltmeisters" Deutschland in die zweite Liga, auch die hiesige Photovoltaik-Industrie kollabierte – rund 80.000 Jobs gingen verloren.

Verbesserte Fördermaßnahmen wirken

Nach dem Absturz auf nur noch 1.200 Megawatt im Jahr 2014 ist zumindest der Solarausbau hierzulande wieder auf gutem Kurs. Im vorigen Jahr wurden laut Bundeswirtschaftsministerium Solaranlagen mit 7.300 Megawatt neu installiert, und in diesem Jahr dürfte der bisherige Rekord von 2012 von 8.160 Megawatt deutlich übertroffen werden.

Der Boom ist enorm. Allein im ersten Halbjahr dieses Jahres kam so viel Photovoltaik-Kapazität hinzu wie im ganzen letzten Jahr.

Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: erstens das große Interesse der Bürger an alternativer Stromversorgung nach dem Schock des Ukraine-Krieges, zweitens die Maßnahmen der Bundesregierung zur besseren Förderung des Solarstroms.

Die Ampel hat die Einspeisevergütungen für den Ökostrom erhöht, die Besitzer von Solaranlagen kassieren können, außerdem ist seit Januar die Mehrwertsteuer beim Anlagenkauf weggefallen. Das verbilligt die Anlagen immerhin um fast ein Fünftel.

Dafür, dass der Boom nicht wieder abbricht, dürfte das neue "Solarpaket" sorgen, das das Bundeskabinett am Mittwoch verabschiedet hat. Die Reform soll vor allem bürokratische Hürden abbauen, die die den Solarausbau bisher noch behindern.

Das Ministerium von Minister Robert Habeck (Grüne) hat immerhin über 50 solcher Hindernisse identifiziert, die im Austausch mit Praktikern des Solarsektors gelockert worden seien. Habeck hatte unlängst kritisiert, der Regelungswust habe sich zu einem "echten Investitionshemmnis" entwickelt.

Greenpeace fordert umfassende Solarpflicht für Neubauten

Die neuen Regelungen betreffen unter anderem die sogenannten Balkonkraftwerke sowie Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern, wo noch große Potenziale schlummern. Die Reform soll im Herbst im Bundestag beraten werden und Anfang kommenden Jahres in Kraft treten.

Wer dann eine Balkonanlage installieren will, muss das nicht mehr beim Stromnetzbetreiber anmelden, außerdem kann er sie auch dann betreiben, wenn im Haus noch kein moderner Zweirichtungszähler vorhanden ist.

Für Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern wiederum will die Ampel ein neues Modell der "Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung" einführen, bei dem komplizierte Vorgaben für Rechnungslegung, Vertragsinformationen und Verbrauch wegfallen. Ziel ist auch hier weniger Papierkram.

 

Lob für die Solarpolitik der Ampel kam von Umweltschützern. "Der zuletzt deutliche Ausbau der Solarenergie ist der größte klimapolitische Erfolg dieser Regierung, und es ist gut, dass die Ampel ihn mit dem Solarpaket fortschreiben will", befand Greenpeace. Niedrigere Hürden für Balkonkraftwerke könnten auch viele Haushalte bei der Stromrechnung entlasten.

Die Umweltorganisation monierte aber, die Ampel drücke sich weiter vor einer umfassenden Solarpflicht für Neubauten. Die entsprechende Zusage aus dem Koalitionsvertrag müssten SPD und Grüne im parlamentarischen Verfahren "gegenüber der bremsenden FDP durchsetzen".