Die Photovoltaik boomt, die Dächer füllen sich und auch an den Randstreifen von Autobahnen und Bahntrassen glitzert es immer öfter dunkelblau. Der phänomenale Ausbaurekord des letzten Jahres ist breit durch die Medien gegangen. So kann es weitergehen, oder?
Tja, könnte, muss man sagen. Denn die Ende Januar von der Bundesnetzagentur veröffentlichen Ergebnisse der jüngsten Ausschreibungsrunde für Solarparks zeigen, wie leichtfertig die Bundesregierung das Momentum zu verpassen droht.
Um einen Zuschlag hatten sich Projekte in Höhe von zusammen fast 5.500 Megawatt beworben. Doch die Gebote trafen auf eine Ausschreibungsmenge von gerade einmal 1.600 Megawatt – weniger als ein Drittel.
Damit bleiben jetzt staatlich gelenkt fast 4.000 Megawatt dringend benötigter Solar-Leistung in den Schubladen der Projektentwickler. Diese Vorhaben werden zumindest in absehbarer Zeit nicht umgesetzt.
Oliver Hummel
ist seit 2011 Vorstand der Naturstrom AG. Bei dem Öko-Energieversorger verantwortet er die Belieferung der rund 300.000 Haushalts- und Gewerbekunden mit Ökostrom und Biogas. Hummel wechselte 2001 von der Unternehmensberatung Roland Berger zu Naturstrom, seit 2004 ist der studierte Betriebswirt Geschäftsführer.
Zugleich hinkt der Windenergie-Ausbau trotz positiver Tendenz noch merklich hinterher. Beide Entwicklungen zusammengenommen zeigen: Das Ziel gerät in Gefahr, 2030 einen Anteil von 80 Prozent Erneuerbaren im Stromsektor zu erreichen.
Dass im Zuge des Solarpakets, das derzeit noch im Bundestag verhandelt wird, mehr Flächen für Solarparks bereitgestellt werden sollen, steigert die Tragik der Situation: Noch mehr Projekte als derzeit schon werden künftig um die knappen Ausschreibungsmengen ringen.
Dabei gibt es drei einfach umzulegende Hebel, mit denen die Bundespolitik kurzfristig die hohe Marktdynamik bei den Freiflächenanlagen in eine echte Beschleunigung der Energiewende umsetzen kann.
Erstens müssten die Solar-Auktionen generell ausgeweitet werden. Eine Option ist dabei ein Vorziehen späterer Ausschreibungsmengen.
Zweitens schlagen wir vor, die Anrechnung ungeförderter Solarparks auf die Solar-Ausschreibungsmengen des Folgejahres zu streichen. Im Paragrafen 28a des EEG ist unter anderem festgelegt, dass die im Vorjahr förderfrei errichteten PPA-Anlagen von der Ausschreibungsmenge abgezogen werden.
Ausbauhemmnisse schnell ausräumen
Diese Praxis führte schon bei vorangegangenen Ausschreibungen ohne Not zu einer Reduzierung der ausgeschriebenen Leistung. Sie wirkt somit als Deckel für den insgesamt realisierten Freiflächenausbau.
Und drittens sollte die bislang im EEG einseitig formulierte Kopplung von Photovoltaik- und Windkraft-Ausbau wechselseitig ausgestaltet werden. So ermöglicht Paragraf 28, Absatz 3a des EEG der Bundesnetzagentur, das Ausschreibungsvolumen für Windenergie an Land um bis zu 30 Prozent zu erhöhen, falls der Photovoltaik-Ausbaupfad unterschritten worden ist.
Tacheles!
In unserer Kolumne "Tacheles!" kommentieren Mitglieder unseres Herausgeberrates in loser Folge aktuelle politische Ereignisse und gesellschaftliche Entwicklungen.
Eine solche Möglichkeit braucht es auch für die Solarenergie, um den bislang schwächelnden Windausbau auszugleichen.
Angesichts der angeblich nicht ausreichenden Kapazitäten zur Stromerzeugung in Deutschland ist es naheliegend, Ausbauhemmnisse schnell auszuräumen. Und für die Bekämpfung der Klimakrise ist ohnehin jede zusätzliche Kilowattstunde Ökostrom Gold wert.
Ende Februar soll das Solarpaket nach längerer Verzögerung endlich im Bundestag verabschiedet werden. Wenn die Regierungsfraktionen nun schnell handeln, können sie durch eine kurzfristige Weiterentwicklung der Ausschreibungsregeln noch zusätzlichen Schwung in die Energiewende bringen.