Die Branche selbst schlug es vor, die SPD und die Grünen auch, und in zwei Bundesländern ist es geltendes Recht: eine finanzielle Leistung der Betreiber von Windkraftanlagen an die Kommunen, auf deren Gebiet die Anlagen gebaut werden. Der Idee hat sich nunmehr auch das Bundeswirtschaftsministerium angeschlossen, wie ein Klimareporter° vorliegendes Eckpunktepapier zeigt.
Auf die drängendste Frage bei der Windkraft, den nach wie vor herumgeisternden bundesweiten 1.000-Meter-Mindestabstand, geht das Papier zwar nicht ein. Hier gibt es nach wie vor keine Lösung. Doch von seinem im Oktober 2019 vorgelegten 18-Punkte-Plan zur Stärkung der Windenergie an Land hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) jetzt zumindest einen Punkt angepackt.
Damit die Kommunen vom Betrieb der Windenergieanlagen profitieren, wollte Altmaier ihnen damals das Recht einräumen, einen gesonderten Hebesatz bei der Grundsteuer für Windkraftflächen einzuführen. Der Vorschlag erwies sich als unpraktikabel und scheiterte rasch am Widerstand von Ländern und Kommunen. Diese setzten sich schließlich mit ihrer Forderung nach echter finanzieller Beteiligung der Kommunen und Haushalte durch.
Das jetzt von Altmaier vorgelegte Eckpunktepapier sieht vor, die Betreiber von Windkraftanlagen künftig zu verpflichten, an die sogenannte Standortkommune eine jährliche Zahlung zu leisten. Die Pflicht soll nur neue Windanlagen erfassen, die ab 2021 einen Zuschlag bei den Ausschreibungen sowie eine Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhalten. Kleinere Anlagen bis 750 Kilowatt Nennleistung sollen ausgenommen werden.
Pro erzeugter Kilowattstunde werden dabei, so schlägt es das Papier vor, mindestens 0,2 Cent fällig – so lange, wie die Anlage aus dem EEG gefördert wird. Abhängig vom Standort der Anlage und dem Stromertrag könnte sich die Zahlung dann laut Papier auf jährlich rund 20.000 Euro belaufen.
Für die Kommunen, so hofft das Wirtschaftsministerium, "ist eine so hohe Einnahme geeignet, die Akzeptanz neuer Windenergieanlagen spürbar zu erhöhen und zukünftig auch weitere Flächen für die Nutzung von Windenergieanlagen zur Verfügung zu stellen".
Wie schon bei ähnlichen Regelungen, die etwa in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg gelten, können die Kommunen dieses Geld nach ihren Vorstellungen ausgeben. Betreibern, die die Zahlungspflicht nicht erfüllen, soll nach dem Willen des Ministeriums der EEG-Zuschuss um 0,25 Cent pro Kilowattstunde gekürzt werden.
Vergünstigter Bürgerstromtarif
Darüber hinaus können die Windkraftbetreiber den Haushalten in den Kommunen einen vergünstigten Bürgerstromtarif anbieten – entweder direkt oder über einen anderen Versorger. Der Tarif darf maximal bei 90 Prozent des örtlichen Grundversorgertarifs liegen.
Für die Haushalte, rechnet das Ministeriumspapier aus, könne das eine Ersparnis von etwa 100 bis 200 Euro im Jahr bedeuten. "Bürgerstromtarife erreichen in Umfragen regelmäßig hohe Zustimmungswerte, sodass sie potenziell eine hohe Akzeptanzwirkung entfalten können", ist sich das Ministerium sicher. Wenn es gelingt, mindestens 80 solcher Bürgerstromverträge abzuschließen, dann soll sich die Zahlung an die Kommune halbieren – auf 0,1 Cent je Kilowattstunde.
Für den Windbranchenverband BWE ist das Papier ein Fortschritt. Bereits Ende 2018 habe man der Bundesregierung die Zulassung von Bürgerstrommodellen vorgeschlagen, betont BWE-Präsident Hermann Albers gegenüber Klimareporter°. Wenn das Bundeswirtschaftsministerium die Vorschläge nun aufgreife, sei dies zu begrüßen.
Albers weiter: "Finanzielle Beteiligung ist eine Brücke zur Akzeptanz. Erforderlich ist zusätzlich, dass die Bundesregierung in einen Chancen-Modus umschaltet und die Energiewende durchgehend positiv erklärt." Investitionen in die dezentrale Energieerzeugung sorgten für Beschäftigung und stabile Steuereinnahmen vor Ort und machten die Energieversorgung insgesamt krisenfest.
Einen generellen Neustart bei der Windenergie forderten am Dienstag auch mehrere Umweltverbände und legten ein Thesenpapier vor, wie ein beschleunigter, aber auch naturverträglicher Ausbau der Windenergie aussehen könnte. Die Diskussion darum dürfe nicht auf den Artenschutz verkürzt werden, heißt es darin.
Auch auf die unzureichende Regionalplanung, den Personalmangel in den Behörden und die "nicht zielführenden pauschalen Mindestabstandsregelungen zur Wohnbebauung" müssten politische Antworten gefunden werden. Die Antwort zum letzten Punkt lässt jedenfalls weiter auf sich warten.