Großer Kran steht neben einem Windradturmfuß.
Der Ausbau der Windenergie ist in weiten Teilen des Landes zum Erliegen gekommen. Können die neuen Kompromissvorschläge daran etwas ändern? (Foto: Joachim Kohler/​Wikimedia Commons)

In die Blockade um den Ausbau der erneuerbaren Energien kommt Bewegung. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) soll jetzt einer Forderung der SPD zugestimmt haben, laut der es bei den Abständen von Windrädern zur Wohnbebauung keine bundeseinheitliche Regelung mehr geben soll und die Länder selbst über die Abstände bestimmen.

Wie das im Baugesetzbuch konkret ausgestaltet werden kann – dazu kursieren gegenwärtig offenbar mehrere Vorlagen.

Laut einem Vorschlag, der mit dem Bundeswirtschaftsministerium in Zusammenhang gebracht wird, sollen künftig die Länder durch Landesgesetze bestimmen, dass "Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen", nur möglich sind, wenn sie "einen bestimmten Abstand zu den im Landesgesetz bezeichneten zulässigen baulichen Nutzungen einhalten".

Der Mindestabstand soll dabei aber grundsätzlich 1.000 Meter "von der Mitte des Mastfußes bis zur nächsten bezeichneten zulässigen baulichen Nutzung betragen".

Erst danach wird in dem Vorschlag den Ländern das Recht eingeräumt, Abweichungen von den festgelegten Abständen zulassen. Dies klingt sehr nach einer modifizierten Länderöffnungsklausel, wie sie von Minister Altmaier bisher schon vertreten wurde.

Weiter sieht der Vorschlag vor, einen "Kooperationsausschuss" einzurichten. Den sollen Staatssekretäre der Länder und des Bundes bilden mit dem Zweck, die Ziele der Länder zum Erreichen des 65-Prozent-Anteils erneuerbaren Stroms bis 2030 zu koordinieren.

Mindestabstand nur zu geschlossenen Wohngebieten?

Laut einem anderen, Klimareporter° vorliegenden Entwurf für die Änderung im Baugesetzbuch sollen die Bundesländer bis Ende 2022 Landesgesetze verabschieden können, nach denen die Anlagen nur "einen Abstand von bis zu 1.000 Metern zu Wohngebäuden in Wohngebieten im Innenbereich einhalten" müssen.

Begründet wird der Vorschlag damit, dass die topografische Situation und die Akzeptanz vor Ort sehr unterschiedlich seien und mit dieser Regelung auch Planungssicherheit für die Windkraft geschaffen werde. Nach unbestätigten Informationen wurde der Vorschlag von Bayern eingebracht.

Altmaier selbst versuchte seit Monaten, einen Mindestabstand von 1.000 Metern als bundeseinheitliche Regelung durchzusetzen – dabei zählten für das Wirtschaftsministerium schon Ansammlungen ab fünf Wohngebäuden als Wohngebiet. Dies hätte den Ausbau der Windkraft in stärker besiedelten Regionen nahezu unmöglich gemacht.

Gegen diese Regelung liefen SPD, Grüne, Windbranche und Umweltverbände Sturm. Auch wenn die Fünf-Häuser-Regel jetzt offenbar gestrichen ist, können die Länder weiter auf einen Mindestabstand von 1.000 Metern pochen. Wie zu hören ist, werden die Regelungsvorschläge derzeit auf der Arbeitsebene zwischen Ministerien und Bundestagsfraktionen diskutiert.

"Länder-Regeln können auch noch restriktiver ausfallen"

Die angedachten Neuregelungen stellen für Wolfram Axthelm, Geschäftsführer beim Bundesverband Windenergie (BWE), "mögliche Ansätze" dar, wie er gegenüber Klimareporter° sagte. Auch eine Steuerung auf Ebene der Staatssekretäre sei sinnvoll – dies aber weiter mit der Möglichkeit zu verknüpfen, 1.000-Meter-Mindestabstände festzulegen, sei "rechtlich fragwürdig".

Der BWE sei weiter gegen pauschale Abstandsregelungen, auch auf Länderebene, betont Axthelm. Schon heute würden Abstände zum Schutz der Anwohner eingehalten, die sich aus dem Fachrecht ergeben. Diese seien ausreichend.

Für Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Grünen im Bundestag, ist es "allerhöchste Zeit", dass die Debatte über Mindestabstände aufhört und der Windkraft-Ausbau wieder in Gang kommt.

Zudem gelte es den bevorstehenden Stopp beim Ausbau der Solarenergie zu verhindern. "Schwarz-Rot muss schnell eine rechtssichere Regelung schaffen, die dem Solarmarkt Planungssicherheit zurückbringt", fordert Verlinden. "Damit bis zur Verabschiedung des Kohlegesetzes zu warten, ist definitiv zu spät."

Aus Sicht von Marcel Keiffenheim vom Ökostromunternehmen Greenpeace Energy ist noch unklar, ob die neuen Vorschläge die Energiewende und den Klimaschutz voranbringen oder eher behindern. Dass die Bundesländer über die Mindestabstände entscheiden, könne auch heißen, dass "einzelne Länder regionale Pauschal-Abstände einziehen, die dann noch viel schärfer ausfallen als die vom Bund bislang vorgeschlagenen 1.000 Meter".

Für Keiffenheim müssen sich die Landesregierungen deswegen klar zu verbindlichen regionalen Ausbau-Fahrplänen im Sinne der bundesdeutschen Klimaziele bekennen.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar:

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