Bundeskanzlerin Angela Merkel redet vor einer kleineren Runde.
Bei internationalen Treffen wie dem diesjährigen Petersberger Klimadialog beschwört Bundeskanzlerin Merkel die Bedeutung des Klimaschutzes. Zu Hause setzt sie nichts davon durch. (Foto: Sandra Steins/​Bundesregierung)

"Wir müssen zugeben, dass wir besser werden müssen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel diese Woche beim Petersberger Klimadialog in Berlin. Nachdem die Regierung jahrelang ein Scheitern bei ihrem Klimaziel für 2020 abgestritten hat, gibt sich die Kanzlerin nun reumütig.

Gleichzeitig verpflichtete sich die Bundesrepublik zwei Tage später – zusammen mit 22 anderen Ländern – zu einer Erhöhung der 2030er Klimaziele in den nächsten zwei Jahren. Initiator der Erklärung waren wieder die Marshallinseln, die bereits 2015 dafür gesorgt hatten, dass die Welt sich nicht nur auf das Zwei-Grad-Ziel, sondern sogar auf ein Erwärmungslimit von 1,5 Grad einigte. Dass Deutschland bei einer solchen Erklärung mitmacht, ist löblich, doch derzeit wenig glaubwürdig.

Zwar bleibt die "Declaration of Ambition" vage, jedoch soll sie den Verhandlungen vor der UN-Klimakonferenz im Dezember in Katowice einen neuen Anschub geben. Denn die 195 Unterzeichner des Pariser Klimaabkommens müssen ihre national gesteckten Ziele zur Senkung der Treibhausgase dringend nachbessern – und das möglichst vor 2020. Alle Berechnungen zeigen deutlich, dass die bisherigen Zusagen nicht ausreichen. Sollten alle Staaten ihre bisherigen Versprechen einhalten – was an sich schon mehr als fraglich ist – würden sich die mittleren globalen Temperaturen laut den Klimaforschern immer noch um mindestens drei Grad erhöhen.

Freudig begrüßt wurde in dieser Woche deshalb die Ankündigung von EU-Klimakommissar Miguel Arias Cañete, die EU-Ziele aufzustocken. Bisher will die Europäische Union ihren CO2-Ausstoß um 40 Prozent bis 2030 senken. Nun schlug Arias Cañete erstmals die 45-Prozent-Marke vor.

In Brüssel trafen sich diese Woche zum zweiten Mal Regierungsvertreter aus China und Kanada mit EU-Politikern zum "Ministerial on Climate Action", um die internationalen Klimaverhandlungen voranzubringen. Neben der Erhöhung der Klimaziele geht es auch darum, wie die Staaten künftig über ihre Klimaschutz-Maßnahmen berichten und nach welchen Regeln die Einhaltung der Ziele bewertet werden soll. Strittig ist weiterhin, wie beurteilt werden soll, ob die Maßnahmen insgesamt ausreichen, um die globale Temperaturerhöhung "deutlich unter zwei Grad" zu halten.

Dass die EU nachbessern will, werten Umweltverbände als positives Signal. Immerhin stammen die EU-Klimaziele aus dem Jahr 2014 und wurden bisher nicht an die Verpflichtungen von Paris angepasst. Erst vor wenigen Wochen reichten Familien, Unternehmen und Umweltverbände eine Sammelklage gegen die EU ein. Sie fordern eine Erhöhung auf mindestens 50 Prozent CO2-Einsparung, weil sie sonst die Zukunft der nächsten Generationen und das Fortbestehen ihrer Unternehmen in Gefahr sehen.

Klimaziele als "Image-Maker"

Wie weit Anspruch und Realität schon bei den bisherigen Klimazielen auseinanderklaffen, zeigt auch eine in dieser Woche veröffentlichte Studie des Klimaschutznetzwerks CAN Europe. Demnach hinken alle 28 EU-Staaten beim Klimaschutz hinterher: Die gesetzten Klimaziele stimmten mit den Zielen des Paris-Abkommen nicht überein – und schon gar nicht die ergriffenen Maßnahmen. Am besten schneidet noch Schweden ab, das zu 77 Prozent auf einer Linie mit dem Weltklimaabkommen ist. Es folgen Portugal, Frankreich und die Niederlande.

Ob die Klimaziele zu einer Farce geraten, liegt gerade auch an Deutschland, das in der CAN-Rangliste nur noch auf Platz acht kommt. Das Signal vom Petersberger Klimadialog ist da wenig hilfreich: Schafft es eine Industrienation wie Deutschland nicht, ihre nächstgelegenen Ziele für 2020 einzuhalten, kann kein Vertrauen entstehen. Da hilft es auch wenig, wenn Deutschland weiterhin Absichtserklärungen unterschreibt – denn die sind ebenso wenig verpflichtend, und in den nächsten zwölf Jahren bis 2030 kann viel passieren.

Damit die Ziele nicht zu einem politischen Image-Maker verkommen, fordern Umweltverbände schon länger, die Klimaziele gesetzlich zu verankern. Merkel sagte am Dienstag auf dem Petersberger Dialog: "Wir wissen, dass wir verbindlicher werden müssen."

Ein wichtiger Schritt dazu ist das Klimaschutzgesetz. Das soll in den nächsten Monaten von Umweltministerin Svenja Schulze entworfen werden. Damit wäre dann ein Nicht-Einhalten der 2030er Ziele ein Rechtsverstoß und hätte zumindest Konsequenzen. Ob das auch auf EU-Ebene möglich ist, ist fraglich. In den meisten Ländern werden die Klimaziele wohl auch weiterhin freiwillig sein und nur eine Art Leitlinie darstellen.