Ein Pärchen auf einem Moped fährt durch überflutete Straßen.
Extremwetter wird durch den Klimawandel wahrscheinlicher – und durch Corona noch schlimmer. (Foto: Arek Socha/​Pixabay)

Mit Geschwindigkeiten von bis zu 185 Kilometern in der Stunde fegte der Wirbelsturm Amphan in der letzten Woche über Indien und Bangladesch und forderte mehr als 90 Tote. Er war einer der heftigsten Zyklone, der in der Region je gemessen wurden, und verursachte Schätzungen zufolge allein im indischen Bundesstaat Westbengalen Kosten von umgerechnet mehr als 13 Milliarden US-Dollar.

Als besonders schwierig gestaltete sich die Evakuierung von Millionen Menschen, weil durch die Corona-Beschränkungen in den Notunterkünften zusätzlich auf Abstand geachtet werden musste. Auch die Aufräumarbeiten müssen unter erschwerten Bedingungen geleistet werden.

"Jetzt, da der Sturm vorüber ist, ist es unser größtes Anliegen, dafür zu sorgen, dass gefährdete Kinder und ihre Familien ein Dach über dem Kopf, Nahrung zum Essen und Zugang zu medizinischer Grundversorgung haben", sagte Bidisha Pillai, Indien-Chefin der internationalen Hilfsorganisation Save the Children. "Aber die Arbeit wird zweifellos erschwert durch Covid-19 und durch die Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass alle Menschen jederzeit in Sicherheit sind, einschließlich unseres Personals."

Dass Wirbelstürme durch den Klimawandel heftiger werden, hatte schon der jüngste IPCC-Bericht herausgestellt. Nun warnen internationale Gesundheits-, Umwelt- und Entwicklungsorganisationen in einer gemeinsamen Mitteilung vor der kommenden Extremwettersaison: Durch die Covid-19-Pandemie und die fortschreitende Erderhitzung könnten Hitzewellen, Tropenstürme und Waldbrände in diesem Jahr noch gefährlicher und tödlicher werden.

So könnten beispielsweise Notunterkünfte nur bedingt zur Verfügung stehen und wegen der hohen Kosten zur Pandemiebekämpfung könnte es Regierungen schwerer fallen, die Betroffenen von Naturkatastrophen beim Wiederaufbau zu unterstützen.

"Der Zyklon Amphan hat die Covid-19-Pandemie noch verschlimmert", sagt Saleemul Huq, Leiter des Internationalen Zentrums für Klimawandel und Entwicklung in Bangladesch. "Obwohl Bangladesch über ein beispielhaftes System von Zyklonwarneinrichtungen und Zyklonschutzbauten verfügt, ist es fast unmöglich, in diesen Schutzbauten genügend Abstand voneinander zu halten."

Hurrikan-Saison könnte dieses Jahr heftig werden

Auch die Anfang Juni beginnende atlantische Hurrikan-Saison könnte in diesem Jahr besonders heftig werden. Grund dafür sind die ungewöhnlich hohen tropischen Meerestemperaturen, die auf Stürme beschleunigend wirken können. 

Die Wahrscheinlichkeit einer überdurchschnittlich schweren atlantischen Hurrikansaison liegt in diesem Jahr bei 60 Prozent, prognostiziert die US-amerikanische Wetterbehörde NOAA. Die Chancen für eine normale Saison stehen dagegen nur bei 30 Prozent. Lediglich mit einer Wahrscheinlichkeit von zehn Prozent wird die Hurrikansaison unter der Norm bleiben.

In einer durchschnittlichen Saison gibt es laut Wetterbehörde zwölf Stürme, von denen sechs Hurrikans sein können. In diesem Jahr rechnet die NOAA dagegen mit 13 bis 19 Stürmen, von denen sich sechs bis zehn zu Hurrikans entwickeln könnten.

Doch nicht nur gefährliche Wirbelstürme, auch Hitzeperioden könnten sich in diesem Jahr besonders gravierend auswirken. Das liegt zum einen daran, dass sich die Risikogruppen für hitzebedingte Gesundheitsauswirkungen und für schwere Verläufe von Covid-19 weitgehend überschneiden, heißt es in einem Informationspapier der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit (Klug). Und zum anderen daran, dass eine doppelte Welle von Covid-19- und Hitze-Patienten das medizinische Personal zusätzlich belasten könnte.

Um sich hierzulande vor der Hitze zu schützen, empfiehlt die Klug den "Hitzeknigge" des Umweltbundesamtes. Danach soll man etwa stündlich ein Glas Wasser trinken, die Fenster tagsüber abdunkeln oder die Haut befeuchten.

Weltwetterorganisation warnt vor Hitzesommer

Die Indizien für einen weiteren Hitzesommer werden immer deutlicher. Vor drei Tagen warnte auch die Weltwetterorganisation WMO vor einem rekordverdächtigen Extremsommer auf der nördlichen Erdhalbkugel. Bereits der Monat April war weltweit der zweitwärmste in der 141-jährigen Messreihe der US-Behörde NOAA.

Die globale Erwärmung lässt Hitzewellen häufiger auftreten und länger andauern. So haben Forscherinnen und Forscher der Initiative World Weather Attribution errechnet, dass das Eintreten einer Hitzewelle durch den Klimawandel mindestens fünfmal so wahrscheinlich geworden ist.  

Europa erlebte im vergangenen Sommer zwei Hitzewellen: Ende Juni und im Juli. In Frankreich wurde dabei ein neuer Temperaturrekord von 46 Grad aufgestellt. Dass die extreme Hitze direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, lässt sich am Anstieg der Sterblichkeit ablesen. In Frankreich sind durch die Hitzewelle im letzten Sommer 1.500 Menschen gestorben.

"Die Zahl der Menschen mit hitzebedingten Erkrankungen zu verringern, sollte ein vorrangiges Anliegen sein, um die Zahl der Einweisungen in bereits überlastete Krankenhäuser zu minimieren", sagte Joy Shumake-Guillemot, Leiterin des UN-Büros für Klima und Gesundheit, das die WMO und die Weltgesundheitsorganisation WHO seit Kurzem gemeinsam betreiben.

Um der Extremwetterbelastung in diesem Sommer vorzubeugen, haben WMO, WHO und weitere Partner länderspezifische Informationen für eine gezielte Hitzeprävention im Internet zusammengestellt. Sie empfehlen den Regierungen zum Beispiel, medizinisches Personal besonders für Hitzefälle zu schulen. 

"Der Klimawandel ist an sich schon ein enormes Risiko, aber er wirkt auch als Risikomultiplikator", warnt Katherine Kramer von der Hilfsorganisation Christian Aid. "Wir müssen uns von Covid-19 auf eine Art und Weise erholen, die die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft und der Natur erhöht und gleichzeitig unsere Treibhausgasemissionen schnell und radikal reduziert. Sonst laufen wir in die nächste Katastrophe."

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