Vier runde, etwa zwölf Meter hohe Türme aus Ziegeln in einem Stadtviertel, die vertikalen Lüftungskanäle im oberen Teil sind in alle Himmelsrichtungen offen.
Windtürme wie diese in der iranischen Stadt Jesd benötigen keine Energiezufuhr zum Kühlen. (Bild: D. J. Slingshot/​Wikimedia Commons)

Der Klimawandel heizt den Menschen weltweit ein. Der 4. Juli 2023 war nach vorläufigen Daten der bisher heißeste Tag weltweit in der Geschichte der Wetteraufzeichnung. Und fast jährlich werden irgendwo auf der Erde Temperaturrekorde eingestellt.

In Deutschland liegt der höchste je gemessene Wert bei 41,2 Grad, erreicht 2019 in Tönisvorst und Duisburg-Baerl, beide am Niederrhein. Doch in einer ganzen Reihe von Ländern, etwa in Indien und in nordafrikanischen Staaten, aber sogar in Kanada, werden inzwischen in den Spitzen an die 50 Grad erreicht oder sogar überschritten.

Kein Wunder, dass der Markt für Klimaanlagen wegen stärkerer Hitzewellen boomt – und dies dem Klima zusätzlich einheizt

Weltweit sind heute bereits rund zwei Milliarden Klimaanlagen im Betrieb, rechnerisch ein Gerät für vier Menschen. Der Markt wächst, auch in Ländern gemäßigter Breiten wie Deutschland. Fachleute erwarten, dass der Umsatz mit Klimageräten global bis 2030 jährlich um knapp sechs Prozent steigen wird, zumal immer mehr Menschen, etwa in Schwellenländern, sich solche Geräte leisten können.

Für Mitte des Jahrhunderts wird erwartet, dass dann weltweit knapp sieben Milliarden Geräte genutzt werden, um die Temperaturen wenigstens in Gebäuden erträglich zu halten.

"Teufelskreis aus Erderwärmung und Klimaanlagen"

Experten vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI) bezeichnen dies in einer aktuellen Publikation als "Teufelskreis aus Erderwärmung und Klimaanlagen". Die Anlagen wiesen häufig einen enormen Energieverbrauch auf. "Dadurch sind sie auch ein nicht unbedeutender Verursacher von Treibhausgasen und tragen damit dazu bei, dass die Temperaturen weiter steigen."

Theoretisch ist es zwar möglich, den benötigten Strom aus erneuerbaren Energien herzustellen – zumal die Temperaturen meist am höchsten sind, wenn auch Solaranlagen ihren besten Ertrag liefen, nämlich um die Mittagszeit.

Gerade in den von Hitze am schlimmsten betroffenen Regionen der Welt sei das aber häufig nicht der Fall, so das Expertenteam von VDI Research. Dort sei "schmutziger Strom", etwa aus Kohle, immer noch günstig. Doch selbst in Ländern, die bereits einen nennenswerten Anteil regenerativer Energien verzeichnen, könnten diese "eher für andere Zwecke als für Klimaanlagen eingesetzt werden".

Klimaanlagen – hier in Singapur – verbrauchen sehr viel Strom. (Bild/​Ausschnitt: Esteban Chiner/​Flickr)

Die Fakten zeigen, dass sich hier ein echtes Problem aufschaukelt. Seit 1990 hat sich der Strombedarf für Klimatisierung laut VDI Research weltweit mehr als verdreifacht, inzwischen werden etwa zehn Prozent des produzierten Stroms für Klimaanlagen benötigt.

Dieser Anteil dürfte in den nächsten Jahrzehnten noch deutlich ansteigen. Für Länder mit hohen Hitzebelastungen wie Indien oder Indonesien wird im ungünstigsten Fall erwartet, dass 2050 an heißen Tagen zeitweise über 40 Prozent der gesamten Stromproduktion des Landes für Klimatisierung aufgewendet werden müssen.

Aber auch in Deutschland steigt die Nutzung von Klimaanlagen, was Folgen für den Treibhausgasausstoß hat. Der Bereich ist inzwischen bereits für rund ein Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich.

Passive und aktive Kühlung ohne Strom

Es gibt eine Reihe Möglichkeiten, die Klimatisierung umweltfreundlicher zu machen – einerseits, in dem die Geräte effizienter konstruiert werden, andererseits, indem man andere Möglichkeiten zur Temperierung von Gebäuden nutzt.

Ein Vorreiter ist dabei die EU. So sollen hier im Rahmen des Energielabels für Elektrogeräte voraussichtlich schon im kommenden Jahr deutlich strengere Vorgaben für den Stromverbrauch von Klimaanlagen gelten.

Auch andere Länder wie die USA verschärfen die Kriterien für ihre jeweiligen Energielabels fortlaufend. Für die Zukunft bleibe zu hoffen, so die VDI-Fachleute, dass auch Länder wie Indien, China oder afrikanische Staaten diesem Modell folgen.

Eine andere Möglichkeit sind innovative Technologien. So hat zum Beispiel der südchinesische Klimaanlagenhersteller Gree gemeinsam mit der Pekinger Tsinghua-Universität eine "Zero Carbon Source"-Kühltechnik entwickelt, die den CO2-Ausstoß um 80 Prozent reduzieren soll.

Beide erhielten dafür 2021 den Global Cooling Prize, der von der indischen Regierung, der globalen Initiative Mission Innovation und dem Rocky Mountain Institute in den USA vergeben wird. "Die Herausforderung besteht nun darin, diese Systeme für die Massenproduktion tauglich zu machen", heißt es bei VDI Research.

 

Doch auch bei den Alternativen zur elektrisch betriebenen Klimaanlage gibt es noch viel Potenzial. Neben einer besseren Isolierung von Wänden und Dächern zum Teil auch mit innovativen Materialien, die das Eindringen von Hitze ins Gebäude quasi "passiv" vermindert, gibt es auch aktive Systeme, die ohne Strom funktionieren.

Die VDI-Experten verweisen hier auf die Windtürme, die schon vor 3.000 Jahren in Städten des Nahen Ostens weit verbreitet waren und auch heute noch zum Beispiel auf Hausdächern in der iranischen Stadt Jesd zu finden sind.

Ein solcher Windturm, persisch Badgir, erzeugt einen permanenten Durchzug, wobei Luft in die kühleren Keller oder zu unterirdischen Wasserläufen und dann, angenehmer temperiert, in die Wohnräume strömt.

Dieses Prinzip ist inzwischen auch von der heutigen Bauwirtschaft wiederentdeckt worden. Ein Beispiel: das Theaterhaus Stuttgart. Es ist mit einer vergleichbaren Natur-Kühltechnik ausgestattet. Ein hoher, schornsteinähnlicher Kamin sorgt für einen Luftsog, der kühlere Luft aus Erdkanälen unter dem Gebäude nach oben zieht.