Der Abbau der natürlichen Ressourcen der Erde hat sich in den letzten 50 Jahren verdreifacht und liegt damit weit über dem verträglichen Rahmen. Das zeigt ein neuer UN-Report, der jetzt auf der UN-Umweltversammlung in Nairobi vorgestellt wurde. Darin werden weitreichende politische Veränderungen gefordert, um den aktuell erwarteten weiteren Anstieg der Ressourcennutzung um fast zwei Drittel zu reduzieren.

Die positive Botschaft dabei lautet: Ein solches Umsteuern ermögliche es, die globale Wirtschaft wachsen zu lassen, während die Umweltauswirkungen minimiert werden und das Wohlergehen der Menschen sich verbessert.

 

Laut dem Bericht "Global Resources Outlook 2024" ist die globale Ressourcennutzung seit 1970 von 30 Milliarden auf 106 Milliarden Tonnen jährlich angestiegen. Das bedeutet, dass pro Person und Tag inzwischen im Schnitt 39 Kilogramm Materialien verbraucht werden. Das habe dramatische Umweltauswirkungen.

So sei die Gewinnung und Verarbeitung von Rohstoffen für mehr als 60 Prozent der Treibhausgasemissionen und für 40 Prozent der Luftverschmutzung mit ihren gesundheitlichen Folgen verantwortlich. Hier schlage besonders die Gewinnung und Verarbeitung von fossilen Brennstoffen, Metallen und nichtmetallischen Mineralien wie Sand, Kies und Ton zu Buche.

Die Gewinnung und Verarbeitung von Biomasse in Agrar- und Forstwirtschaft wiederum ist laut dem Bericht für 90 Prozent des Verlusts an biologischer Vielfalt an Land und für zunehmenden Wasserstress verantwortlich.

"Die dreifache planetarische Krise von Klimawandel, Naturverlust und Umweltverschmutzung wird durch eine Krise aus nicht nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern angetrieben", sagte die Chefin des in Nairobi ansässigen UN-Umweltprogramms Unep, Inger Andersen: "Wir müssen mit der Natur arbeiten, statt sie nur auszubeuten."

Pro-Kopf-Verbrauch in armen Ländern stagniert

Es sei nötig, die Ressourceneffizienz von Mobilitäts-, Wohn-, Ernährungs- und Energiesystemen zu erhöhen. Nur dann könnten die Ziele für nachhaltige Entwicklung und "einen gerechten und lebenswerten Planeten für alle" erreicht werden, so Andersen.

Ohne ein Umsteuern droht die Entnahme natürlicher Ressourcen laut dem Report bis 2060 um 60 Prozent gegenüber 2020 anzusteigen. Der Bericht wurde vom International Resource Panel, das beim Unep angesiedelt ist, mit Autorinnen und Autoren aus aller Welt erarbeitet.

Große Teiche mit Salzwasser in der Wüste von Nevada, einige sind türkisfarben, die meisten in verschieden hellem Grau.
Lithiumgewinnung aus Salzwasser im US-Bundesstaat Nevada. (Bild: Doc Searls/​Wikimedia Commons)

Der Bericht belegt, wie ungleich die Ressourcennutzung weltweit verteilt ist. Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen verbrauchen danach im Durchschnitt nur etwa 15 Prozent der Materialien und verursachen nur ein Zehntel der Klimaauswirkungen wie die Menschen in Ländern mit hohem Einkommen.

Der Pro-Kopf-Ressourcenverbrauch und die damit verbundenen Umweltauswirkungen in den armen Staaten sind laut dem Ressourcen-Rat zudem seit 1995 fast unverändert geblieben, während sie in den Schwellenländern wie China deutlich angestiegen seien.

Gründe dafür sind laut dem Report einerseits der Ausbau der Infrastruktur, also von Siedlungen, Verkehr, Industrie, andererseits die Verlagerung ressourcenintensiver Prozesse aus reichen Ländern dorthin. Gemeint ist damit unter anderem die Produktion von Waren wie Elektronik oder Plastikartikeln, die dann etwa nach Europa, Nordamerika oder Australien verschifft werden.

Ähnlich dramatisch liest sich ein weiterer jetzt in Nairobi veröffentlichter Bericht zur Abfallproblematik, der "Global Waste Management Outlook 2024". Ohne einen grundlegenden Wandel zu Kreislaufwirtschaft und Null-Abfall-Konzepten drohe die weltweite Abfallmenge bis 2050 um zwei Drittel anzusteigen, heißt es darin. Die dadurch ausgelösten Folgekosten könnten sich gegenüber 2020 verdoppeln.

Ressourcengewinnung besteuern statt subventionieren

Die UN-Fachleute verweisen allerdings darauf, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, die Ressourcennutzung zu verringern, ohne den Wohlstand zu mindern. "Wir sollten nicht akzeptieren, dass die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse ressourcenintensiv sein muss", sagte Janez Potočnik, der Co-Vorsitzende des Ressourcenrats. Mit entschlossenem Handeln von Politikern und Unternehmen sei ein menschenwürdiges Leben für alle möglich, ohne die Erde zu belasten.

Konkret schlägt der Rat unter anderem vor, der Wirtschaft die "wahren Kosten" der Ressourcen zu signalisieren, etwa durch entsprechende Steuern und Kürzung von Subventionen. Außerdem sollten Geschäftsmodelle Vorrang erhalten, die das Öko‑Design von Produkten sowie Abfallvermeidung, Wiederverwendung, Reparatur und Recycling voranbringen.

Zwei Bauarbeiter restaurieren eine gelbe Hausfassade.
Auch im Bausektor ist die Wiederverwendung von Rohstoffen die Ausnahme. (Bild: Pawel Trapesnikow/​Shutterstock)

Zudem sei es wichtig, den internationalen Handel zum "Motor einer nachhaltigen Ressourcennutzung" zu machen, indem in Handelsabkommen gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden, bei denen sich die tatsächlichen ökologischen und sozialen Kosten von Waren in den Preisen widerspiegeln.

Doch auch auf die Konsumentinnen und Konsumenten kommt es laut dem Rat an. Es müsse sichergestellt werden, dass sie "über die richtigen Informationen verfügen, Zugang zu nachhaltigen Waren und Dienstleistungen haben und sich diese auch leisten können". Solche Maßnahmen müssten mit einem Zurückdrängen von ressourcenintensiven Produkten wie Einwegplastik verbunden werden, wo nötig auch mit Verboten.

In Deutschland fehlt eine Ressourcenstrategie

Dass gerade auch Deutschland mehr tun muss, um die Rohstoffe effizienter zu nutzen, ist offensichtlich. So beträgt der Anteil der Sekundärrohstoffe am gesamten Rohstoffverbrauch trotz aller Recyclinganstrengungen der letzten Jahrzehnte gerade einmal rund 13 Prozent, wie es in den Papieren zur Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie heißt.

Diese Strategie, die von der Ampel-Bundesregierung derzeit erarbeitet wird, zielt darauf ab, den Rohstoffverbrauch zu senken, Umweltbelastungen zu reduzieren und zum Klimaschutz beizutragen sowie gleichzeitig die Rohstoffversorgung zu sichern.

Die Ressourcenkommission, die beim Umweltbundesamt angesiedelt ist, hat kürzlich "deutlichen Verbesserungs- und Ergänzungsbedarf" bei den Zielsetzungen der Strategie angemahnt. "Zirkuläres Produzieren und Konsumieren reicht nicht aus, um die Transformation zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen Wirtschaft einzuleiten", betont das Gremium.

Es brauche eine übergeordnete Ressourcenstrategie, in der auch die absolute Reduktion des Rohstoffverbrauchs und "eine engagierte Suffizienzpolitik" vorgesehen sind. Zu Deutsch: Überkonsum und Wegwerf-Konsum sollen zurückgedrängt werden.

 

Die Unep-Fachleute jedenfalls machen eine optimistische Zukunftsvision auf. Werden die vorgeschlagenen Maßnahmen umgesetzt, könne die Ressourcenentnahme bis 2040 ihren Höhepunkt erreichen und dann wieder zurückgehen, schreiben sie.

Die Treibhausgasemissionen in dem Bereich würden dann bis 2060 um über 80 Prozent sinken. Die in den Sektoren Verkehr und Bau genutzten Materialien könnten um 50 respektive 25 Prozent zurückgehen und die Nutzung von Agrarflächen um fünf Prozent.

Gleichzeitig könne die Weltwirtschaft weiter wachsen und die Nahrungsmittelproduktion um 40 Prozent zunehmen. Es werde zu einer "Steigerung von Einkommen und Wohlstand" kommen, verspricht der Rat.

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