Im April richtete sich der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew mit einer pointierten Rede an die internationale Öffentlichkeit. Anlass war der Petersberger Klimadialog in Berlin. Die fossilen Vorkommen seines Landes seien "ein Geschenk der Götter" und würden noch für viele Jahre gebraucht werden.

Das begründete der seit über 20 Jahren diktatorisch regierende Machthaber damit, dass Europa auf die Ressourcen seines Landes angewiesen sei. Es gehe hier um Aserbaidschans "Verantwortung" gegenüber Europa.

 

Während dieses klare Bekenntnis zu fossilen Brennstoffen nicht so recht zu Aserbaidschans Rolle als Gastgeber des 29. Weltklimagipfels (COP 29) im November zu passen scheint, passt es umso besser zu der fossilen Expansionspolitik des vorderasiatischen Landes.

Die Förderung fossiler Rohstoffe soll bis 2030 um ein Drittel gesteigert werden. Zu den Top-Investoren gehören dabei der britische Mineralölkonzern BP, das französische Unternehmen Total Energies und der größte private Gas- und Ölproduzent Russlands, Lukoil.

Europas Gasdurst gibt Alijew recht

Laut einer Analyse der britischen Menschenrechtsorganisation Global Witness will Aserbaidschan in den nächsten zehn Jahren insgesamt 411 Milliarden Kubikmeter Erdgas fördern. Das würde 781 Millionen Tonnen CO2 freisetzen. Zum Vergleich: Deutschland hat im Jahr 2023 rund 674 Millionen Tonnen CO2 ausgestoßen.

"Drogenhändler lösen keine Drogensucht, und Petrostaten lösen die Klimakrise nicht", schimpfte Global-Witness-Campaigner Dominic Eagleton mit Blick auf Aserbaidschans COP-Präsidentschaft. Natürlich hat Alijew mit dem Hinweis auf Europa nicht unrecht. Der weltweite Erdgasboom ist nicht zuletzt auf Europas Gasdurst und Suche nach neuen Lieferländern zurückzuführen.

Für die klimagerechte Transformation sind ganz andere Größenordnungen als für den von Aserbaidschan angekündigten Fonds nötig. (Bild: Steve Buissinne/​Pixabay)

Nun hat Aserbaidschan angekündigt, für einen neuen "Klimainvestmentfonds für die Zukunft" mindestens 500 Millionen US-Dollar generieren zu wollen. Auch der staatliche Ölkonzern Socar soll zu der Finanzierung beitragen.

Angesichts des Umfangs bereits existierender Klimafonds und besonders der Summen, die laut Analysen notwendig wären, erscheint die erhoffte halbe Milliarde kaum nennenswert. Bei den Klimaverhandlungen in Bonn zur Vorbereitung der COP 29 forderten etwa arabische und afrikanische Staaten ab 2025 jährliche Finanzflüsse zwischen 1,1 und 1,3 Billionen Dollar, also mehr als das Zweitausendfache.

Ein auf dem letztjährigen Weltklimagipfel in Dubai vorgestellter Bericht beziffert die Summe, die notwendig wäre, um Entwicklungsländern Klimaschutz und -anpassung zu ermöglichen, gar auf 2,4 Billionen Dollar pro Jahr.

Und da sind die Klimaschäden noch nicht eingepreist. Aber auch dafür gibt es bereits einen Fonds, der in Dubai Zusagen über 655 Millionen verzeichnen konnte. Auch das ist freilich viel zu wenig, um den zu erwartenden Schäden gerecht zu werden, die ebenfalls in die Billionen gehen.

Fossile Konzerne streichen Rekordgewinne ein

In Dubai wurde aber auch noch ein Fonds für Klimainvestitionen ins Leben gerufen. Die gastgebenden Vereinigten Arabischen Emirate versprachen, 30 Milliarden Dollar einzuzahlen. Der Fonds soll bis 2030 auf 250 Milliarden aus privaten Quellen anwachsen. Ob dieses Geld tatsächlich dem Klimaschutz zugutekommt, steht auf einem anderen Blatt.

Welche Lücke nun der aserbaidschanische "Klimainvestmentfonds für die Zukunft" füllen soll, bleibt entsprechend unklar.

Die Financial Times berichtete unter Berufung auf COP-29-Verantwortliche, der Fonds solle fossilen Konzernen die Möglichkeit geben, ihren Beitrag zur Klimafinanzierung zu leisten. Sobald das Konzept des Fonds ausdiskutiert ist, werde man "alle Länder, die fossile Brennstoffe produzieren und nutzen, bitten, sich an der Initiative zu beteiligen", sagte ein hochrangiger Mitarbeiter des COP-Büros laut dem Bericht.

 

Statt mit homöopathischen Summen das Image von Ölkonzernen aufzupolieren, ist es eigentlich Aufgabe der COP-Präsidentschaft, schon jetzt zwischen den einzelnen Ländergruppen zu vermitteln, um im November eine Einigung für ein neues Klimafinanzierungsziel zu erreichen.

Derweil belohnten die fünf weltgrößten Fossil-Konzerne BP, Shell, Chevron, Exxon und Total – auch "Big Five" genannt – ihre Anteilseigner mit einer 100-Milliarden-Dollar-Rendite allein aus Gewinnen des vergangenen Jahres. Eine halbe Milliarde für "Klimainvestitionen" reicht angesichts dieser Rekordgewinne also noch nicht einmal für den grünen Anstrich.