In der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku soll der 29. UN-Klimagipfel stattfinden. (Bild: Miłosz Maślanka/​Shutterstock)

Täglich grüßt das Murmeltier – der kommende Weltklimagipfel in Aserbaidschan soll erneut von einem langjährigen Mitarbeiter eines Ölkonzerns geleitet werden. Muchtar Babajew, der 26 Jahre in der State Oil Company of Azerbaijan Republic (Socar) tätig war, ist heute Umweltminister des westasiatischen Landes.

Als Präsident des 29. Klimagipfels (COP 29) vom 11. bis 24. November soll Babajew durch die Verhandlungen in Baku führen.

Vor genau einem Jahr machte eine nahezu identische Meldung die Runde. Die Vereinigten Arabischen Emirate gaben bekannt, dass der Industrieminister und Chef des staatlichen Ölkonzerns Adnoc, Sultan Al Jaber, der 28. Klimakonferenz als Präsident vorstehen soll.

Muchtar Babajew ist in der internationalen Öffentlichkeit ein weitestgehend unbeschriebenes Blatt. Das autoritär regierte Aserbaidschan geht brachial gegen unabhängige Journalist:innen vor, weshalb es keine neutralen Medienberichte über Babajew gibt.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit, die von der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen jedes Jahr veröffentlicht wird, belegt das Land Platz 151 von 180.

So ziemlich alles, was von Babajew öffentlich bekannt ist, stammt aus seiner offiziellen Biografie. Der 56-Jährige wuchs in der Landeshauptstadt Baku auf und studierte Politikwissenschaften und Wirtschaftsbeziehungen in Moskau und Baku. Kurz nachdem Aserbaidschan seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärt hatte, begann Babajew eine Karriere bei Socar.

In dem staatlichen Erdölkonzern war er einige Jahre Vizepräsident für ökologische Angelegenheiten. In dieser Funktion soll er laut dem britischen Online-Magazin Climate Home News gegenüber der damaligen US-Botschafterin in Baku, Anne Derse, erklärt haben, dass er die Haltung seines Konzerns zur Umwelt ändern wolle.

Zwei Drittel der Staatseinnahmen aus Öl und Gas

Er habe zudem gesagt, dass er Aserbaidschans Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt stärken und gleichzeitig die Öl- und Gasförderung ausbauen wolle.

2018 ernannte ihn der seit 20 Jahren herrschende Präsident Ilham Alijew zum Umweltminister des Landes.

Wie die letztjährige COP-Präsidentschaft auf "X", ehemals Twitter, mitteilte, soll Muchtar Babajew den Klimagipfel leiten, aber der aserbaidschanische Vize-Außenminister Jaltschin Rafijew die Rolle des Verhandlungsführers übernehmen.

Muchtar Babajew spricht, vor ihm ein Schild auf Englisch: Aserbaidschan.
Muchtar Babajew, Umweltminister Aserbaidschans und designierter Präsident des Klimagipfels COP 29 in Baku – hier auf der COP 28 in Dubai. (Bild: Mike Muzurakis/​IISD/​ENB)

Rafijew kommt damit die diplomatisch fordernde Aufgabe zu, zwischen den verschiedenen Positionen der Staaten zu vermitteln und Kompromisse zu ermöglichen. Der Klimagipfel in Dubai letzten Jahres war der erste, den Rafijew besuchte, womit der 36-Jährige ein ziemlicher Neuling in der Klimadiplomatie ist.

Nach Ägypten und den Emiraten richtet mit Aserbaidschan zum dritten Mal in Folge ein Land die Klimakonferenz aus, das plant, seine Öl- und Gasförderung massiv auszubauen. Gegenwärtig basiert die Energieversorgung Aserbaidschans zu 98 Prozent aus fossilen Brennstoffen. Zwei Drittel des gesamten Staatseinkommens stammen aus dem Export von Öl und Gas.

Von einigen Expert:innen wurde die Wahl Aserbaidschans als Gastgeberland der COP 29 deshalb mit Verwunderung aufgenommen. Allerdings gab es kaum Alternativen.

Der Austragungsort des Klimagipfels rotiert zwischen den fünf Ländergruppen der Vereinten Nationen – afrikanische, asiatisch-pazifische, lateinamerikanisch-karibische, osteuropäische und westeuropäisch-nordamerikanisch-australische Gruppe.

Russland blockiert EU-Länder

Dieses Jahr ist die osteuropäische Gruppe dran, zu der auch die Kaukasusländer Georgien, Armenien und eben Aserbaidschan zählen.

Aus der Ländergruppe hatte zwar auch Bulgarien Interesse bekundet, aber das wurde von Russland gestoppt. Das größte Land der Gruppe erklärte, es werde keinem Mitgliedsland der Europäischen Union zustimmen.

Da das Gastgeberland von der Ländergruppe im Konsens beschlossen werden muss, war diese russische Vorgabe gesetzt und ließ nur noch Aserbaidschan übrig.

In Aserbaidschan ist neben der Pressefreiheit auch die Meinungs- und Versammlungsfreiheit erheblich eingeschränkt. Regierungskritiker:innen werden verfolgt und inhaftiert. Laut Human Rights Watch sind zahlreiche politische Aktivist:innen in Gefangenschaft.

Es ist deshalb davon auszugehen, dass, ähnlich wie in Dubai, kaum zivilgesellschaftliche Proteste stattfinden können. Das verengt nicht nur die öffentliche Wahrnehmung der Konferenz, es senkt auch den Druck, den Aktivist:innen auf die Verhandlungen ausüben können.

 

Trotz der schlechten Vorzeichen werden erst die nächsten Monate mehr Klarheit über die Ambitionen der COP‑29-Präsidentschaft bringen. Fairerweise muss dem COP‑28-Chef Sultan Al Jaber zugestanden werden, dass er trotz des offensichtlichen Interessenkonflikts eine bessere Figur gemacht hat, als viele Umweltverbände befürchtet hatten.

Zwar gab es vor und während des Klimagipfels in Dubai jede Menge Kontroversen um die Konferenzpräsidentschaft, tatsächlich kann man das weitestgehend enttäuschende Verhandlungsergebnis nicht Al Jaber in die Schuhe schieben. Stattdessen gab es von Verhandler:innen mehr Lob als Kritik für die stringente Verhandlungsführung.

Auch die Einigung auf einen Fonds für Klimaschäden am ersten Tag des Gipfels schreiben viele Expert:innen der erfolgreichen Vorarbeit Al Jabers zu.