Auf gut 32 Prozent ist der Anteil der erneuerbaren Energien an der EU-weiten Stromerzeugung im vergangenen Jahr angestiegen. Das zeigt der Jahresbericht 2018 zum Stromsystem der Europäischen Union, den die Thinktanks Agora Energiewende aus Deutschland und Sandbag aus Großbritannien nun vorgelegt haben.
Der Zuwachs entspricht einem Plus von zwei Prozentpunkten gegenüber 2017. Damals lag der Ökostromanteil in der EU noch bei 30 Prozent.
Zugleich ging die Kohleverstromung in der EU um sechs Prozent zurück. Statt 666 Milliarden Kilowattstunden wie noch im Jahr 2017 lieferte sie 2018 nur noch 624 Milliarden (siehe Grafik). Der Kohleanteil am Strommix liegt damit nunmehr bei 30 Prozent und ist somit niedriger als der Anteil der Erneuerbaren.
Dadurch sanken auch die CO2-Emissionen des Stromsektors. Sie gingen laut Bericht um fünf Prozent zurück. Zwar ist nur die Hälfte davon auf den Rückgang bei der Kohleverstromung zurückzuführen – die andere Hälfte ist dem Bericht zufolge wetterbedingt.
Dennoch sieht Dave Jones, Autor der Studie und Analyst bei Sandbag, die Entwicklung im EU-Stromsystem als einen Beleg dafür, "dass das Ersetzen der Kohleverstromung durch erneuerbare Energien der schnellste Weg ist, um den Treibhausgasausstoß zu senken".
Zwischen 2012 und 2018, also in nur sechs Jahren, seien die jährlichen CO2-Emissionen der europäischen Kohlekraftwerkssparte um 250 Millionen Tonnen gesunken, streicht Jones die Erfolge der europäischen Energiewende heraus. Dabei seien in dem Zeitraum nicht einmal die Emissionen von Erdgaskraftwerken gestiegen.
Allerdings hat das positive Bild, das die Jahresanalyse der beiden Thinktanks zeichnet, auch etliche Schönheitsfehler – worauf der Bericht auch selber hinweist.
Zum einen ist ein Ökostromanteil von gut 32 Prozent noch sehr weit entfernt von der Zielmarke, die die EU für 2030 anpeilt. Bis dahin sollen die Erneuerbaren nämlich 32 Prozent am gesamten Energieverbrauch erreichen – nicht nur beim Strom. Das entspricht einem Grünstromanteil von 57 Prozent. Es fehlen also immer noch 25 Prozentpunkte. Um das zu schaffen, bleiben bloß noch rund zwölf Jahre – das ist nicht viel Zeit.
Der zweite Makel: Die neu installierten Wind-, Solar- und Biomasseanlagen verdrängten im vergangenen Jahr vor allem Steinkohlekraftwerke, nicht aber die noch klimaschädlicheren Braunkohlekraftwerke. Während die Steinkohleverstromung 2018 um neun Prozent zurückging, waren es bei der Braunkohle lediglich drei Prozent.
"Der Ausstieg aus der Steinkohle in Europa beschleunigt sich, während der Ausstieg aus der Braunkohle erst am Anfang steht", fasst Jones zusammen.
Auch für die kommenden Jahre prognostizieren die Autoren einen weiteren Rückgang vor allem bei der Steinkohle. "Denn drei Viertel der Steinkohleverstromung in der EU entfallen auf Länder, die inzwischen Pläne für den Kohleausstieg vorgelegt haben, etwa Spanien und Deutschland. Auf Polen entfällt der größte Teil des verbleibenden Viertels", heißt es in dem Bericht.
Wie es mit der Braunkohle weitergeht, liegt vor allem in der Verantwortung Deutschlands. Die Hälfte der EU-weiten Braunkohleverstromung geht auf das Konto der hiesigen Meiler, und als letzte Deadline für den Ausstieg hat die Kohlekommission der Bundesregierung erst Ende 2038 vorgeschlagen.
Und die Länder, die für die andere Hälfte stehen, haben bislang noch keinen Ausstieg aus der Braunkohle beschlossen – nämlich Polen, Tschechien, Bulgarien, Griechenland, Rumänien und Slowenien.
Um dennoch die Klimaziele für 2030 zu schaffen, müsse das Wachstum der Erneuerbaren in den kommenden Jahren "deutlich gesteigert" werden, schlussfolgern die Studienautoren. Dabei sei auch zu bedenken, dass der Stromverbrauch voraussichtlich wachsen werde – schon allein, um auch den Verkehrs- und Gebäudesektor dekarbonisieren zu können.