Sonnenblumen lassen die Köpfe hängen
Diese Blumen lassen bei der großen Trockenheit die Köpfe hängen. (Foto: High Contrast/​Wikimedia Commons)

Deutschland erlebt die größte Dürre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, auch die Zahl der "Sommertage" – Definition: 25 Grad und wärmer – steuert auf einen absoluten Spitzenwert zu. "Von diesen Sommertagen hatten wir seit April bereits 50, das ist schon mehr als die Hälfte wie im Jahr des Jahrhundertsommers 2003", sagt der Sprecher des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Offenbach, Andreas Friedrich.

Das schöne Wetter erfreut viele, und der Tourismus an Nord- und Ostsee boomt, doch andere Folgen sind böse: verheerende Waldbrände wie jetzt bei Potsdam, große Ernteausfälle durch vertrocknete Felder, gedrosselte Kraftwerke wegen überhitzten Flüssen.

Die Temperaturen weichen jetzt schon im vierten Monat deutlich vom Mittelwert nach oben ab. "Auch das hat es bisher in Deutschland wahrscheinlich noch nicht gegeben", sagt Friedrich, "das ist ein Zeichen der Klimaerwärmung."

"Abkühlung" auf 31 Grad erwartet

Nach einem langen Winter setzte praktisch sofort der Sommer ein. Der Frühling fiel meteorologisch quasi aus, bereits im April wurde die 30-Grad-Marke geknackt. April und Mai waren denn auch mit plus vier bis fünf Grad Rekordmonate.

Der Juni war 2,4 Grad zu warm, und der Juli dürfte in der Endabrechnung bei plus drei oder vier Grad liegen – je nachdem, wie sich die letzten Tage des Monats entwickeln, der vor rund einer Woche die aktuelle Hitzewelle mit bis zu 38 Grad brachte. Einige der gängigen Wettermodelle sagen nach einer "Abkühlung" auf rund 31 Grad am Wochenende ein Andauern der heißen Periode bis weit in den August hinein voraus.

Für Klimaforscher ist eine solche Entwicklung nicht überraschend. Sie passt zu den Prognosen, dass Wetterextreme wie Hitzewellen, Trockenperioden und Starkregenereignisse infolge der globalen Erwärmung häufiger werden. Ungewöhnlich ist aber, dass jetzt nicht nur in Europa, sondern praktisch auf der gesamten Nordhalbkugel neue Temperaturspitzen gemessen werden – von Alaska bis Japan.

"Davon sind wir alle überrascht worden", sagte der Klimaprofessor Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Ob künftig häufiger mit solch großräumigen Hitzewellen gerechnet werden muss, lässt sich allerdings noch nicht belegen. Für eine genaue physikalische Erklärung sei es noch zu früh, so der Forscher.

Eine Rolle könnten Veränderungen im Jetstream spielen, dem Höhenwind-Band, das die Wettergebiete rund um die Erde transportiert. Die von den Temperatur-Unterschieden zwischen dem Nordpol und dem Äquator gesteuerten Wellenbewegungen des Jetstreams verlieren aufgrund des Klimawandels an Dynamik – die Unterschiede werden nämlich kleiner, da der Nordpol sich schneller als der Rest des Globus erwärmt.

Die Folge: Es gibt mehr stehende Wettergebiete, der Wechsel zwischen Hoch- und Tiefdruckzonen verläuft langsamer. Tatsächlich sind die wetterbestimmenden Hochs derzeit sehr stabil, da der Jetstream zu schwach ist, um sie wegzuschieben. Dadurch ist die für Deutschland und Mitteleuropa typische Westwetterlage blockiert, die sonst die Tiefs bringt.

Rekordsommer 2003 noch nicht getoppt

Ob das Jahr 2018 auch beim Thema Hitze zum Rekordjahr wird und den "Jahrhundertsommer" vor 15 Jahren toppt, ist noch offen. "Es folgt ja noch der ganze August, der normalerweise die heißesten Tage bringt", sagt Friedrich vom Deutschen Wetterdienst. Der bisherige Temperaturrekord in Deutschland war 2015 im unterfränkischen Kitzingen mit 40,3 Grad gemessen worden. Dass diese Marke gerissen wird, ist aktuell noch nicht in Sicht.

Der DWD-Sprecher verweist zudem darauf, dass die aktuelle Hitzeperiode mit Temperaturen über 30 Grad erst eine Woche andauert. Im Sommer 2003 waren es mehrere Wochen mit einem solchen Temperaturniveau, und an sechs, sieben Tagen während der ersten Augusthälfte wurden sogar mehr als 35 Grad erreicht.

Die Folgen waren damals dramatisch. Laut Studien kam es europaweit zu rund 70.000 vorzeitigen Todesfällen, besonders unter alten und kranken Menschen. Die volkswirtschaftlichen Schäden wurden auf 15 Milliarden Euro geschätzt.

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