Steinkohlekraftwerk Karlsruhe
Das Rheinhafen-Dampfkraftwerk Karlsruhe entnimmt das Kühlwasser aus dem Rhein. Bei großer Hitze wird der Fluss zu warm und das Kraftwerk muss seine Leistung drosseln. (Foto: Michael Kauffmann/​Wikimedia Commons)

Wetter ist unberechenbar. Aus diesem Grund halten Kritiker die erneuerbaren Energien für problematisch, weil Wind und Sonne nicht regelmäßig abrufbar sind. Doch auch das vermeintliche Bollwerk der Versorgungssicherheit – Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen – ist anfälliger als oft behauptet. So mussten diese Woche mehrere Steinkohlekraftwerke in Deutschland ihre Leistung drosseln, weil die anliegenden Flüsse zu warm sind.

Am Donnerstag meldeten gleich mehrere Betreiber, darunter Steag und Uniper, das Herunterfahren von Kraftwerken. Das Steinkohlekraftwerk in Bergkamen am Datteln-Hamm-Kanal reduzierte seine Leistung aufgrund "externer Faktoren", wie es auf der Meldungsplattform der Leipziger Strombörse heißt, um 250 Megawatt, das Steinkohlekraftwerk von Uniper in Wilhelmshaven um 300 Megawatt, das Rheinhafen-Dampfkraftwerk von EnBW in Karlsruhe sogar um 500 Megawatt.

Ein Versorgungsengpass sei aber unwahrscheinlich, erklärte ein Sprecher der Bundesnetzagentur. Insgesamt liege man noch im "grünen Bereich". Dank des deutschen Strommixes aus Gas und einem wachsenden Anteil von erneuerbaren Energien könnten diese Ausfälle abgefedert werden.

Grund für die Ausfälle ist das fehlende Kühlwasser: Die Flüsse, aus denen die Kraftwerke ihr Kühlwasser pumpen, sind einfach zu warm.

Durch den Kühlprozess im Kraftwerk heizt sich das genutzte Wasser weiter auf und wird entsprechend wärmer wieder in den Fluss eingeleitet. Das wiederum schadet dem Ökosystem, wenn die Flüsse und ihre Bewohner durch die Hitzewelle ohnehin schon überdurchschnittlich hohe Wassertemperaturen verkraften müssen.

Deshalb schreiten Wasserschutzbehörden ein, wenn kritische Temperaturen erreicht sind. "Durch die hohen Temperaturen verringert sich der Sauerstoffgehalt", erklärt ein Sprecher des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. "Bei weniger als drei bis vier Milligramm pro Liter Wasser beginnen Gewässer zu kippen." Dann seien beispielsweise Fische gefährdet.

Braunkohlekraftwerke werden mit Grundwasser gekühlt

In der letzten Woche schränkte die Behörde bereits den Betrieb des Uniper-Kraftwerks in Wilhelmshaven ein, da die Temperatur des genutzten Kühlwassers 30 Grad nicht überschreiten darf. Dieser Grenzwert variiert aber je nach Kraftwerk, so der Behördensprecher. In Wilhelmshaven sei er besonders hoch, da sich im Jadebusen, an dem das Kraftwerk liegt, das zufließende Wasser mit kühlerem Meerwasser mischt. 

Für andere Kraftwerke wie das Steinkohlekraftwerk in Karlsruhe liegen die kritischen Temperaturen unter 30 Grad, doch auch hier schritt die Wasserschutzbehörde bereits ein. Das Großkraftwerk Mannheim beantragte diese Woche eine Ausnahmegenehmigung bei den Behörden, um weiterlaufen zu können. Unter bestimmten Umständen sei das möglich, erklärte ein Sprecher des Umweltministeriums Baden-Württemberg.

Weniger akute Probleme haben ausgerechnet die klimaschädlichen Braunkohlekraftwerke, die ihr Kühlwasser aus den anliegenden Tagebauen holen. "Das Grubenwasser ist von Natur aus kühl, weil es aus dem Untergrund entnommen wird", erklärt Leag-Sprecherin Kathi Gerstner. Die Leag betreibt in der Lausitz vier der größten Braunkohlekraftwerke Deutschlands. Auch bei einer lang anhaltenden Hitzewelle könnten die Kraftwerke stabil laufen, so die Sprecherin.

Frankreich macht sein einseitiger Energiemix zu schaffen

Ein Kühlwasserproblem haben hingegen auch Atomkraftwerke. Auch sie entnehmen Wasser aus Flüssen, um die Reaktoren herunterzukühlen. So musste das Schweizer AKW Mühleberg bei Bern am Freitag seine Leistung wegen der Hitze um zehn Prozent zurückfahren. Grund sind Wassertemperaturen von über 20 Grad in der Aare, aus der das Kraftwerk sein Kühlwasser bezieht.

Der Wassermangel macht auch dem Atomkraftland Frankreich regelmäßig zu schaffen. Bei Hitzewellen ist das Nachbarland auf Stromimporte beispielsweise aus Deutschland angewiesen, da es nur über einen geringen Anteil an Gaskraftwerken oder erneuerbaren Energien verfügt, um die Ausfälle auszugleichen.

"Die Abschaltungen zeigen, dass die oft gepriesene Versorgungssicherheit konventioneller Kraftwerke gerade in Zeiten großer Hitzewellen nicht gegeben ist", kritisiert die Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. "Auch diese Kraftwerke sind anfällig für Wetterschwankungen, obwohl das ja immer nur den erneuerbaren Energien zugeschoben wird." Um mögliche Versorgungsengpässe wegen Hitzewellen künftig zu vermeiden, sollten die Wind- und Solarenergie sowie Speichersysteme ausgebaut werden, schlägt Kemfert vor.

Redaktioneller Hinweis: Claudia Kemfert ist Mitherausgeberin von Klimareporter°.

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