Lang anhaltende Trockenheit trifft die Landwirtschaft hart. (Foto: FH Gitarre/​Flickr)

Klimareporter°: Herr Krüsken, in vielen Gegenden Deutschlands ist der Boden ausgetrocknet. Auch wenn in diesen Tagen ein Tief kommt: Was sind die Folgen der Trockenheit für die Landwirtschaft?

Bernhard Krüsken: Die Folgen sind drastische Ernteausfälle. Die reichen auf einigen Standorten bis zum Totalausfall. Auch wenn es jetzt regnet, ändert das nicht mehr viel. Denn der Schaden ist bei Ackerkulturen wie Getreide und Raps schon eingetreten. Mais und Zuckerrüben könnten noch ein bisschen nachholen, aber auch sie haben besonders im Norden und im Osten Deutschlands massive Vorschäden.

Das ist gewissermaßen Klimawandel zum Anfassen. Die Landwirte haben das bereits über die letzten Jahre hinweg zu spüren bekommen. Die Vegetationszeit ist länger geworden, je nach Standort zwischen zehn und 20 Tagen. Vor allem gibt es mehr Extremwetterereignisse.

Dazu gehört nicht nur die Frühjahrstrockenheit – die in einigen Regionen immer schon da war, aber nicht in dieser extremen Ausprägung – sondern auch Starkregen mit Erosionsschäden, Hagelschlag oder Spätfröste. Im vergangenen Jahr hatten wir einen sehr starken, späten Frosteinbruch nach einem warmen Frühjahr, der rund ein Drittel der deutschen Apfelernte gekostet hat.

Eine längere Vegetationsperiode klingt erst einmal gar nicht so schlecht für die Landwirtschaft. Sind die Folgen des Klimawandels für die Landwirte trotzdem eher negativ?

In der Mischung schon. Eine verlängerte Vegetationsperiode hilft nur ohne Trockenheit und Unwetter. Der Klimawandel verändert auch Anbaumöglichkeiten, vielleicht wird Brandenburg einmal Chancen für den deutschen Riesling bieten. Aber ernsthaft: In der Abwägung sind die Wetterextreme das größere Problem.

Wie versuchen Sie sich an den Klimawandel anzupassen?

Landwirtschaft kann einen Beitrag dazu leisten, die CO2-Bilanz mehr ins Gleichgewicht zu bringen, zum Beispiel über erneuerbare Energien, über die Biomassenutzung oder die CO2-Festlegung in Böden. Aber selbst wenn es gelingt, den Anstieg der Temperaturen zu begrenzen, sind wir dauerhaft mit den Folgen konfrontiert. Das hat Auswirkungen auf die Anbaumethoden, die Auswahl von Kulturarten und Sorten sowie auf Fruchtfolgen.

Wir müssen auch etwas beim Risikomanagement tun und brauchen mehr Instrumente für die Versicherung von Klimarisiken. Hagelversicherungen sind in Deutschland schon flächendeckend verfügbar. Aber das Thema Dürre und Elementarschäden fehlt vielfach noch.

Porträtfoto von Bernhard Krüsken.
Foto: Gero Breloer/​DBV

Zur Person

Bernhard Krüsken ist General­sekretär des Deutschen Bauern­verbandes. Zuvor war der Agrar­wissen­schaftler im Deutschen Raiffeisen­verband tätig.

Die andere wichtige Komponente ist, ein landwirtschaftliches Unternehmen in die Lage zu versetzen, dass es wirtschaftlich für solche Wetterextreme vorsorgen kann. Dazu fordern wir seit Langem eine Gestaltungsmöglichkeit in Form einer steuerfreien Gewinnrücklage, um in guten Jahren Reserven für schlechte Jahre zu bilden.

Anfang des Jahres haben wir außerdem eine aktualisierte Klimastrategie veröffentlicht, in der wir einen ganzen Katalog von Maßnahmen und Forderungen zum Umgang mit dem Klimawandel aufgeführt haben – große und kleine Stellschrauben.

Welche zum Beispiel?

Einmal sind das produktionstechnische Dinge, Anbaumethoden, Züchtung. Einer der wichtigsten Ansatzpunkte ist eine Effizienzverbesserung in der Erzeugung, die direkt auch die CO2-Bilanz verbessert. Es gibt ein noch ungenutztes Potenzial zur CO2-Speicherung in Böden und in Anbaubiomasse. Wenn man das Potenzial zur Humusbildung nutzt und fördert, dann kann man mit einer guten landwirtschaftlichen Praxis auch CO2 binden.

Landwirtschaft hat eine besondere Position. Ernährung ist etwas "Alternativloses", das man nicht einfach so umstellen oder ersetzen kann wie beispielsweise in Industrie oder Verkehr.

Wie lässt sich denn erreichen, dass die Landwirte beispielsweise für einen höheren Humusgehalt sorgen?

Es gibt Instrumente, mit denen man das fördern kann, zum Beispiel über Agrarumweltprogramme. Wir diskutieren gerade über die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik in der Europäischen Union.

Aber es ist auch im Interesse der Landwirtschaft, möglichst viel Humus im Boden zu binden. Das stabilisiert die Erträge und macht Böden und Pflanzenbestände robuster.

Mehr als die Hälfte der Emissionen der Landwirtschaft ist auf die Tierhaltung zurückzuführen. Wollen Sie daran auch etwas ändern?

Das liegt im Auge des Betrachters. Wir glauben schon, dass die Tierhaltung eine wichtige und unverzichtbare Rolle spielt, weil sie Ressourcen für die menschliche Ernährung nutzbar machen kann. Es geht um Kombinationsnutzung von landwirtschaftlichen Rohstoffen. An dem Prinzip müssen wir festhalten, wenn wir die Rohstoffströme effizient nutzen wollen. Deswegen ist es keine Option, die Tierhaltung abzuschaffen. Das rettet das Klima nicht.

Landwirtschaft und Klimawandel

Die Landwirtschaft trug im Jahr 2015 laut Umweltbundesamt 7,4 Prozent zum Treibhausgas-Ausstoß in Deutschland bei – vor allem durch Methan-Emissionen aus der Tierhaltung, das Ausbringen von Gülle und Lachgas-Emissionen aus der Stickstoff-Düngung. Der Bauernverband will die Agrar-Emissionen bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 1990 senken.

Merken Sie, dass es dadurch, dass die Landwirte die konkreten Folgen des Klimawandels jetzt schon spüren, jetzt mehr Bereitschaft zum Klimaschutz gibt?

Ja, natürlich. Das ist aber auch nicht neu. Wir sind aber immer ein bisschen kritisch, wenn dann solche Patentrezepte herausgeholt werden, wie "Esst kein Fleisch mehr, dann wird das Klima gut." Das funktioniert schlichtweg nicht und ist eine Version des modernen Ablasshandels.

Warum funktioniert das nicht?

Weil der größte Anteil der Emissionen aus der Industrie, aus der Wärmeerzeugung und dem Verkehrssektor kommt. Dann ist das schon ein bisschen komisch, wenn man den Fleischverzicht als ernsthafte Option verkauft, einen signifikanten Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Man kann Fleisch sowohl auf eine sehr klimafreundliche als auch auf klimaschädliche Art und Weise produzieren. Es kommt darauf an, wie man Fleisch "klimaeffizient" erzeugt.

Trotz der Methan-Emissionen?

Der relative Methanausstoß ist am höchsten, wenn man an die Rinder einen hohen Anteil an energiearmen Grasprodukten und ähnlichen faserreichen Produkten verfüttert. Das ist aber ein Zielkonflikt. Wozu hält man Wiederkäuer? Damit sie genau diese Rohstoffe, die für die menschliche Ernährung nicht zugänglich sind, verwerten und daraus hochwertige Lebensmittel machen. Dann habe ich eben auch höhere Methan-Emissionen, aber auf einer anderen Ebene eine höhere Effizienz.

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