Tagebau Hambach und der noch verbliebene Wald.
Tagebau Hambach und der noch verbliebene Wald. (Foto: Kathrin Henneberger)
 

"Es gibt keine Chance, den Wald stehen zu lassen", sagt RWE-Chef Rolf Martin Schmitz dieser Tage immer wieder. Es sei "technisch nicht möglich", dass ein Teil des Hambacher Forstes stehen bleibe, weil die Erdmassen unter dem Wald gebraucht würden, um die Böschungen im Tagebau stabil zu halten.

In einer bergbaulichen Stellungnahme hatte das Freiberger Beratungsunternehmen Plejades bereits Ende September solchen Behauptungen widersprochen. Der Hambacher Wald kann demnach noch ein weiteres Jahr unangetastet bleiben, ohne den Betrieb des Tagebaus einzuschränken. Dazu wertete Plejades aktuelle Satellitenaufnahmen aus.

Auch die Umweltorganisation BUND hat nun neue Untersuchungen vorgelegt, die die Konzerndarstellung in Zweifel ziehen. Laut der BUND-Analyse kann der Tagebau Hambach noch bis zu einem geregelten Auslaufen fortgeführt werden, ohne weitere Bäume fällen zu müssen.

Die Böschung für den späteren Restsee ist demnach bisher so geplant, dass praktisch keine Fläche außerhalb der Tagebauoberkante in Anspruch genommen wird. Der Hambacher Wald wird daher laut BUND durch die Böschungsgestaltung auch nicht gefährdet. Bis zu 490 Millionen Tonnen Braunkohle könnten so noch gefördert werden.

"Der Versuch von RWE, den Hambacher Wald als ohnehin verloren auszugeben, ist billige PR", sagt Hubert Weiger, der Chef des Umweltverbandes. "Wenn der Kohleausstieg mit der notwendigen klimapolitischen Vernunft erfolgt, kann der Wald stehen bleiben."

Weiger ist auch Mitglied der Kohlekommission. Diese will am morgigen Mittwoch das Rheinische Braunkohlenrevier besuchen. Bis Ende des Jahres soll das Gremium Vorschläge erarbeiten, wie und wann Deutschland sich von der Kohle verabschiedet.

Dabei geht es nicht nur um Strukturwandel und Arbeitsplätze in den Kohlerevieren. Es geht auch darum, dass Deutschland die Klimaziele einhalten muss, zu denen sich die Bundesregierung im Rahmen des Paris-Abkommens verpflichtet hat.

Hambach-Kohle muss ohnehin im Boden bleiben

Zusätzlich ließ der BUND deshalb das Freiburger Öko-Institut untersuchen, welche Braunkohlenfördermenge aus dem Tagebau Hambach noch zulässig ist, ohne die deutschen Klimaziele zu gefährden. "Das Ergebnis", sagt Dirk Jansen vom nordrhein-westfälischen Landesverband der Umweltorganisation, "ist eindeutig." Der Großteil der Hambacher Kohle müsse im Boden bleiben.

Nach RWE-Angaben waren im geplanten Abbaufeld im Tagebau Hambach Ende 2017 noch rund 1.350 Millionen Tonnen Braunkohle enthalten. Nach dem Gutachten des Öko-Instituts dürfen jedoch nur noch 78 bis 162 Millionen Tonnen gefördert werden, damit das 1,5-Grad-Ziel des Paris-Abkommens eingehalten wird. Das entspricht sechs bis zwölf Prozent der von RWE geplanten Menge – und auch nur höchstens einem Drittel der 490 Millionen Tonnen, die der BUND in seiner Analyse angibt.

Die derzeitige Jahresförderung im Abbaufeld Hambach liegt bei 40 Millionen Tonnen. Davon gehen zwei Drittel in die Stromerzeugung. Auch wenn etwa 13 Millionen Tonnen Braunkohle durch die Überführung von fünf Kraftwerksblöcken in die Sicherheitsbereitschaft ohnehin wegfallen, so Dirk Jansen, müsse die Förderung weiter reduziert werden und perspektivisch auslaufen.

Portraitfotos von Prominenten, die im Hambacher Wald Baumpatenschaften übernommen haben
Porträtfotos von Prominenten, die im Hambacher Wald Baumpatenschaften übernommen haben. Links der Umweltaktivist und Träger des Alternativen Nobelpreises Bill McKibben. (Foto: Tomas Rodriguez/​Klima-Allianz)

Um für den Erhalt des Hambacher Waldes einzutreten, haben unterdessen mehr als 60 Prominente, darunter 38 Träger des Alternativen Nobelpreises, Baumpatenschaften übernommen. Bei der Aktion der Klima-Allianz Deutschland wurden ihre Porträts an den Bäumen im Hambacher Forst aufgehängt.

Ziel der Aktion sei, den Wald und die durch Tagebaue bedrohten Dörfer langfristig zu erhalten sowie einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Der vorläufige Rodungsstopp bedeute keinesfalls das Ende der Auseinandersetzung, hieß es. Der Wald müsse dauerhaft unter Schutz gestellt werden.

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