Zwei stählerne Kohle-Fördertürme stehen vor Fabrikgebäuden aus Backstein.
Heute ein Industriedenkmal und Symbol des Strukturwandels im Rheinland: Zeche Auguste Victoria in Marl im Ruhrgebiet. (Foto: Wolfgang Schubert/​Wikimedia Commons)

Während sich die Kohlekommission dem Vernehmen nach über erste Papiere für den Strukturwandel in den Braunkohle-Regionen beugt, hat jetzt der "Koordinierungskreis Strukturwandel" ein erstes Leitbild für die künftige Entwicklung des Rheinischen Reviers vorgelegt.

Dem Kreis gehören nach eigener Aussage Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen sowie engagierte Einzelpersonen an. Mit der Umsetzung des Konzepts könne das Rheinische Revier zu einer "Pilotregion für zukunftsfähige Arbeits-, Wohn- und Lebensverhältnisse werden", heißt es.

Das Regionalkonzept ist dabei sichtbar offen gehalten. Zwar verlangen die Autoren einen "unmittelbaren Einstieg" in einen "ambitionierten Kohleausstiegspfad entlang der Pariser Klimaschutzziele" sowie eine "zeitliche und mengenmäßige Staffelung" des Förderrückgangs zwischen Rheinischem und Lausitzer Revier – ein konkretes Ausstiegsdatum sucht man allerdings vergebens.

Darauf, ein konkretes Ausstiegs-Datum zu benennen, habe man vorerst verzichtet, erläutert Andreas Büttgen von der Bürgerinitiative "Buirer für Buir" gegenüber Klimareporter°, um Antje Grothus – Mitglied der Kohlekommission wie auch der BI und des Koordinierungskreises – keiner öffentlichen Debatte um eine Jahreszahl auszusetzen. Dies wäre kontraproduktiv für die anstehenden Beratungen in der Kommission gewesen.

Keine Großprojekte im Blick

Auch habe man sich, so Büttgen weiter, zunächst auf die inhaltliche Arbeit konzentriert. Deswegen seien in das Regionalkonzept keine konkreten Schätzungen oder Forderungen eingeflossen, wie viel Milliarden an öffentlichen Geldern für den Umbau der Region notwendig sind.

"An diesem Basar der Zahlen wollen wir uns nicht beteiligen", betont Büttgen. Zudem würden in solchen Summen immer Entschädigungsforderungen etwa der Energieunternehmen mit den Geldern vermengt, die dann wirklich für den Strukturwandel bereitstehen.

Anders als in der Lausitz, wo Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) mit einer Batterie-Gigafabrik und andere Konzepte mit der Ansiedlung von Bundesforschungseinrichtungen locken, hat der rheinische Koordinierungskreis solche Projekte nicht aufs Tapet gehoben. Ihm geht es vor allem um ein Herangehen im Sinne der Nachhaltigkeit.

Strukturentwicklungs-Rahmen der Ost-Kohleländer

In einem Ende letzter Woche beschlossenen "Ostpapier" beziffern die drei Länder Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt die bei einem Braunkohleausstieg wegfallende Wertschöpfung auf rund 2,4 Milliarden Euro pro Jahr für die ostdeutschen Braunkohlereviere.

Für Investitionen in Arbeitsplätze, substituierte Kraftwerksleistung sowie Maßnahmen für die Strukturentwicklung werden die Kosten auf zwei Milliarden Euro pro Jahr für einen Zeitraum von 30 Jahren veranschlagt. Das ergibt die schon kolportierte Summe von 60 Milliarden Euro Gesamtkosten. Allerdings bewegt sich die Kostenschätzung laut dem Papier "eher am unteren Rand".

Als ein Beispiel für einen erfolgreichen Strukturwandel führt Büttgen den Streetscooter an, dessen Entwicklung an der Uni Aachen seinen Anfang nahm und der inzwischen auf dem Gelände einer ehemaligen Industriebrache der Stadt gebaut wird.

Der Besuch der Kohlekommission im Rheinischen Revier am Mittwoch wirft schon jetzt seine Schatten voraus. Nach Medienberichten hat der Kohlekonzern RWE Kommunen angeboten, Busse zur Verfügung zu stellen, offenbar um eine ausreichende Zahl von Protestierenden für die geplanten Kundgebungen zu sichern.

Gegenüber der Kohlekommission soll der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) laut seiner Staatskanzlei die Standpunkte des Industrielandes NRW darlegen. Dagegen ist ein Treffen der Kommission mit Vertretern des Koordinierungskreises bisher nicht geplant.

Anzeige