Deutschland reagiert mit 20 Jahren Verspätung. Frankreich legte bereits nach der verheerenden Hitzewelle 2003 einen nationalen Hitzeschutzplan auf, um die Gefahr von vorzeitigen Todesfällen zu senken. Damals waren europaweit rund 70.000 Menschen wegen der hohen Temperaturen gestorben.

 

Nun endlich verfolgt auch die Bundesregierung das Ziel, gefährdete Personengruppen – wie Ältere, chronisch Kranke, Schwangere – durch koordinierte Maßnahmen besser zu schützen, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ankündigte.

Allerdings sollten auch alle Menschen im Land, egal ob Mieter oder Hauseigentümer, Vorkehrungen gegen den zunehmenden Hitzestress ergreifen. Hier gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten.

Wie geht Frankreich vor? Dort gilt landesweit ein vierstufiger plan canicule, zu Deutsch: "Hitzewellen-Plan". Die Kommunen haben auf Basis des plan zum Beispiel ein Register mit älteren, alleinstehenden Personen eingeführt, die als besonders gefährdet gelten und dann bei anhaltender Hitze Hilfe von Sozialdiensten bekommen.

Rathäuser bieten in den Kommunen zudem gekühlte Räume an. Obdachlose werden mit Wasser versorgt oder zeitweise untergebracht. Bei der höchsten Warnstufe werden Sportveranstaltungen und Open-Air-Termine abgesagt, und die Behörden richten Krisenstäbe für Pflegeheime und Kliniken ein.

Stadtumbau mit mehr Grün

Hierzulande soll Ähnliches noch in diesem Jahr greifen. Lauterbach denkt unter anderem an koordinierte Warnungen vor dem Beginn von Hitzewellen, etwa über Radio, Fernsehen oder Handy. Denkbar sei es auch, gezielt Ältere über Pflegedienste anzusprechen.

Straße mit separatem Radweg, beide von großen Straßenbäumen gesäumt, sodass die Allee mindestens vier Reihen Bäume ausweist.
Grüne Straße in Wien: Was gut vor Hitze schützt, entspricht nicht immer den Vorstellungen von modernen Städten. (Bild: Raquel Gomes/​Shutterstock)

Als erstes Angebot ist bereits das Internetportal "Hitze-Service" online gegangen, auf dem Kommunen sich über Hitzeschutzmaßnahmen informieren können. Hier geht es unter anderem um die Verbreitung von Hitzewarnungen, Hitzevorsorge in sensiblen Einrichtungen wie Pflegeheimen oder Stadtpläne mit "kühlen Orten".

Der SPD-Minister betonte, in der Vergangenheit seien in Deutschland jedes Jahr Tausende Menschen an Hitze gestorben. "Das ist keine akzeptable Situation."

Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hob die zunehmende Bedeutung von Hitzeschutzmaßnahmen hervor – Stichwort Stadtumbau. Es werde immer wichtiger, die sich besonders stark aufheizenden Städte durch mehr Grün und mehr Schatten abzukühlen und die Verfügbarkeit von Wasser im öffentlichen Raum zu verbessern.

Es sei bereits eine gesetzliche Grundlage geschaffen worden, damit Kommunen Trinkwasserspender bauen könnten, sagte Lemke.

Dächer werden bis zu 80 Grad heiß

Doch es sind eben nicht nur die Risikogruppen, die unter 30-Grad-plus-x-Hitzewellen und den häufiger auch in Deutschland auftretenden "tropischen Nächten" leiden, in denen die Temperatur nicht mehr unter 20 Grad sinkt. Tage mit solchen Bedingungen gab es in diesem Sommer schon zur Genüge.

Ohne Maßnahmen zum Hitzeschutz wird die Wärmebelastung in vielen Häusern schnell unerträglich. Eine intensive Sonne von einem wolkenlosen Himmel, wie schon seit Juni vielerorts der Fall, heizt die Gebäude durch Fenster, heiße Fassaden und Dächer zunehmend auf.

schwarzer Ventilator, der an ihn gebundene Bänder zum fliegen bringt, vor gleißendem  Sonnenlicht
Ventilatoren helfen nur bedingt. (Bild: Bruno Glätsch/​​Pixabay)

Am heißesten wird es in den oberen Etagen und in Dachwohnungen, denn auf der Dachoberfläche können Temperaturen von bis zu 80 Grad Celsius entstehen.

"Mit einigen Vorkehrungen lässt sich die Überhitzung der Innenräume vermeiden", sagte Frank Hettler von "Zukunft Altbau" in Stuttgart, einem vom baden-württembergischen Umweltministerium geförderten Informationsprogramm. Die Maßnahmen sorgten für eine Senkung der Innentemperaturen um mehrere Grad, vor allem in den oberen Stockwerken.

Am wichtigsten, um die Temperaturen erträglich zu halten, ist demnach die Verschattung der Fensterflächen, etwa durch heruntergelassene Rollläden und Jalousien oder ausgefahrene Markisen. Eine maßgebliche Rolle spiele auch Lüften in den kühleren Nachtstunden. Die abends im Haus gespeicherte Wärme werde dann abgeführt, am besten durch Querlüften, also das Öffnen gegenüberliegender Fenster.

Wärmepumpen können auch kühlen

Sind Umbauten oder größere Renovierungen geplant, sollten Wohnungs- und Hauseigentümer den Hitzeschutz mitbedenken. Längere Dachüberstände und Balkone helfen, die Einstrahlung der im Sommer intensiven, hoch stehenden Sonne auf die Fenster zu verringern.

Auch moderne Wärmeschutz- oder sogar Sonnenschutz-Fenster mit metallischen Beschichtungen auf dem Glas helfen hier, besonders bei exponierten Süd-Fenstern. Mit modernen Dreifachverglasungen wird erreicht, dass 50 bis 80 Prozent der Sonnenwärme draußen bleiben, der sogenannte g‑Wert beträgt hier 0,5 beziehungsweise 0,2.

"Auf der Nordseite lohnen Sonnenschutzfenster sich eher nicht, außer bei Dachfenstern", erläutert Waldemar Dörr vom Fachverband Glas-Fenster-Fassade Baden-Württemberg. Bedacht werden muss zudem: Sehr niedrige g‑Werte sind im Winter nicht erwünscht, weil die Sonnenstrahlung dann zwecks Energiegewinn willkommen ist.

Um im Sommer eine Überhitzung im Haus zu verhindern, lohnt sich außerdem eine Wärmedämmung der Fassaden und des Daches. Sie bremst den Wärmefluss von außen nach innen – und im Winter in die umgekehrte Richtung. Im Sommer kann die Raumtemperatur dadurch um bis zu zehn Grad niedriger liegen. Hilfreich sind hier auch Gründächer und begrünte Fassaden, die die Luft in der direkten Umgebung um bis zu fünf Grad abkühlen.

 

Besteht danach noch Kühlbedarf, sollte man laut "Zukunft Altbau" möglichst nicht zu einer Klimaanlage greifen, da diese sehr viel Strom verbrauche. Besser sei die Kühlung mit einer Wärmepumpe, die nicht nur im Winter zur effektiven Beheizung, sondern im Sommer auch zur Senkung der Raumtemperatur benutzt werden kann.

Am elegantesten funktioniert das bei Erd-Wärmepumpen, wobei das Aggregat selbst dabei ausgeschaltet bleibt und die Wärme einfach über die Heizkörper und die Umwälzpumpen in das kühlere Erdreich geleitet wird.

Bei den zumeist installierten Luft-Wärmepumpen hingegen wird aktiv gekühlt, Kältekreislauf und Verdichter sind dabei in Betrieb, was deutlich mehr Strom verbraucht. In diesem Fall ist es am günstigsten, wenn dafür der relativ billige Solarstrom vom eigenen Dach dafür genutzt werden kann.