Bürgerwindrad
Wälder sollen erst mal nicht angerechnet werden, stattdessen soll vor allem der Energiesektor mehr CO2 einsparen. (Foto: Oekogeno)

Die von der großen Koalition geplanten neuen gesetzlichen Klimaziele – eine CO2-Reduktion um 65 Prozent bis 2030 und um 88 Prozent bis 2040 – sollen nun doch erreicht werden, ohne dass Einsparungen durch natürliche CO2-Senken angerechnet werden.

Der Beitrag natürlicher Ökosysteme könne nicht auf die Minderungsverpflichtungen der Sektoren vor 2045 angerechnet werden, teilte dazu jetzt ein Sprecher des Bundesumweltministeriums auf Nachfrage von Klimareporter° mit.

Der Beitrag natürlicher Senken diene dazu, im Jahr 2045 "unvermeidbare Restemissionen – insbesondere aus der Landwirtschaft und aus industriellen Prozessen – in Höhe von bis zu drei Prozent der Emissionen von 1990 zu kompensieren", so der Sprecher weiter. Die drei Prozent entsprächen dabei absoluten Emissionen von knapp 38 Millionen Tonnen CO2, wobei weitere Treibhausgase entsprechend ihrer Klimawirksamkeit eingerechnet sind.

Nach Ansicht des Umweltministeriums muss dazu die Leistungsfähigkeit der natürlichen Ökosysteme verbessert werden. Dazu zählten vor allem die Wiedervernässung entwässerter Moorböden, die Sicherung der CO2-Aufnahmefähigkeit der Wälder durch Waldumbau und Aufforstung sowie die längerfristige Sicherung des dort gespeicherten Kohlenstoffs unter anderem durch einen "Vorratsaufbau in den Wäldern", aber auch durch "vorrangige Verwendung von Holz in langlebigen Holzprodukten".

Die endgültige Regelung, wie die Emissionswirkungen natürlicher Senken angerechnet werden, soll jedoch laut dem Klimareporter° vorliegenden aktuellen Entwurf des Klimaschutzgesetzes erst durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung getroffen werden, "die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf".

Diese Verordnung soll sich, wie ausdrücklich betont wird, auf "unionsrechtliche Vorgaben" beziehen. Gemeint sind damit die rechtlichen Vorschriften der EU für die neuen europäischen Klimaziele, die für den kommenden Sommer erwartet werden. Von einer Anrechnung erst ab 2045 ist im Gesetzentwurf nicht die Rede.

Die größten Einsparpflichten, um das neue Klimaziel für 2030 zu erreichen – 65 statt 55 Prozent CO2-Reduktion gegenüber 1990 –, erlegt der aktuelle Gesetzentwurf der Energiewirtschaft und der Industrie auf. Um die CO2-Emissionen bis 2030 um die zusätzlichen zehn Prozentpunkte abzusenken, sollen nach den Angaben im Gesetz die Vorgaben in allen Sektoren zusammen um etwas mehr als 100 Millionen Tonnen CO2 gegenüber den bisherigen Zielen abgesenkt werden.

Verschärfungen vor allem für Energiewirtschaft und Industrie

Dazu soll die Energiewirtschaft mit 67 Millionen Tonnen zwei Drittel beisteuern: Statt, wie bisher im Klimagesetz festgelegt, die Emissionen zwischen 2020 und 2030 von 280 Millionen Tonnen CO2 auf 175 Millionen Tonnen zu senken, gibt das neue Gesetz jetzt für 2030 ein Sektorziel von 108 Millionen Tonnen vor.

Die Industrie soll ihre Emissionen bis 2030 um weitere 22 Millionen Tonnen senken: Sollten bisher die Emissionen von 2020 bis 2030 von 186 Millionen auf 140 Millionen Tonnen verringert werden, steht jetzt für 2030 eine Vorgabe von rund 118 Millionen Tonnen in der Vorlage.

Deutlich geringere zusätzliche Beiträge sollen die Bereiche Gebäude (drei Millionen Tonnen), Verkehr (neun Millionen) und Landwirtschaft (zwei Millionen Tonnen) liefern.

Entsprechend räumt der Gesetzentwurf ein, dass die Anpassung des Zielpfades, um eine Minderung um mindestens 65 Prozent bis 2030 zu erreichen, sich "insbesondere in den Sektoren Energie und Industrie" auswirkt. Ein Grund dafür sei, dass in den beiden Bereichen die Vermeidungskosten am geringsten und gleichzeitig die Emissionen am höchsten seien.

Neu gegenüber dem bisherigen Klimagesetz ist die Einführung eines sogenannten CO2-Schattenpreises bei öffentlichen Investitionen. Einrichtungen des Bundes sollen dazu verpflichtet werden, bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit die Klimawirkungen einzubeziehen. Dadurch könnten künftige Kosten von Investitionen oder Beschaffungen bereits vorher berücksichtigt werden, heißt es in der Vorlage.

Als CO2-Preis ist dabei von Bundeseinrichtungen mindestens derjenige zu veranschlagen, der im jeweiligen Jahr in der nationalen CO2-Bepreisung gilt – derzeit sind das 25 Euro pro Tonne. Zum Vergleich: Das Umweltbundesamt veranschlagt die Umweltfolgekosten, die durch die Emission einer Tonne CO2 entstehen, auf 195 Euro.

Wie zu hören ist, wurde der Gesetzentwurf gestern am späten Abend fertiggestellt und bereits an die entsprechenden Verbände versandt. Die Frist für deren Stellungnahmen soll bereits heute um 15 Uhr enden.

Lesen Sie dazu unseren Kommentar:

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