Eine Tankstelle
Beim Blick auf hohe Preise an der Zapfsäule denken Autofahrer nicht an Klimaschutz. In Frankreich rief eine Steuererhöhung teils gewalttätige Proteste hervor. (Foto: Elastic Compute Farm/​Pixabay)

Die Ökosteuer auf Kraftstoffe hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Als der französische Präsident Emmanuel Macron vor beinahe einem Monat die Einführung höherer Abgaben auf Benzin und Diesel zum Jahreswechsel bekannt gab, begannen die "Gelbwesten" die Straßen zu blockieren. Die Beschwichtigungsversuche der Regierung fruchteten nicht, die Proteste eskalierten und die Wut der Menschen gegen die Regierung brach sich Bahn. Am Ende musste Macron die geplante Steuer stoppen.

Die Steuer war mit dem Klimaschutz begründet worden. Das Geld sollte einen Teil der Energiewende finanzieren und das Land so unabhängiger von fossilen Brennstoffen machen. Das ist überfällig, aber eines hat die Regierung dabei aus dem Blick verloren: Die Steuer trifft einkommensschwache Menschen am härtesten. In ländlichen Regionen sind viele auf das Auto angewiesen. Zugleich wenden sie überproportional viel von ihrem Einkommen für Mobilität auf.

Alternativen fehlen schlicht. "Auf 80 Prozent der Fläche gibt es überhaupt keine aktiven Institutionen, die Mobilität auf lokaler Ebene organisieren", sagt Pierre Cannet, der beim WWF Frankreich für Klima und Energie zuständig ist. Ein Drittel der Franzosen habe gar keinen Zugang zu einer anderen Mobilität außer dem Auto.

"Wenn Regierungen eine CO2-Steuer einführen, müssen sie darüber nachdenken, wie sie die Einnahmen verwenden wollen", sagt Robin Webster von der britischen Organisation Climate Outreach, die sich mit der Kommunikation beim Klimaschutz befasst. Und die Regierungen müssten der Bevölkerung vermitteln, wie das durchgeführt werde. Entscheidend sei, dass die Abgabe als fair wahrgenommen wird.

Diese Aufgabe zu lösen, so Webster, sei in Frankreich versäumt worden. Das zeigten die Reaktionen der französischen Bevölkerung. "Wenn eine Abgabe auf CO2 ohne Plan, ohne Narrativ und ohne Vorarbeit eingeführt wird, ist es nicht verwunderlich, dass das Wut auslöst“, sagt Webster.

Entscheidend sind die Rückerstattungen

Auch der westkanadische Bundesstaat British Columbia hat 2008 eine CO2-Steuer eingeführt. Umfragen zufolge sind die meisten Menschen dafür. "Der Schlüssel zum Erfolg sind Rückerstattungen", sagt Tzeporah Berman von der kanadischen Umweltorganisation Stand Earth. Einkommensschwache Bürger erhielten Steuererleichterungen.

Die Steuer, die auf alle fossilen Brennstoffe erhoben wird, wurde zunächst in einer Höhe von 10 kanadischen Dollar pro Tonne CO2 eingeführt. Jährlich sollte die Steuer um fünf Dollar steigen. "Als die CO2-Steuer 2012 eingefroren wurde, stiegen die Emissionen wieder", sagt Berman. Deshalb kündigte die Regierung von British Columbia in dieser Woche an, dass der Preis ab diesem Jahr wieder kontinuierlich steigen soll.

Für Tzeporah Berman ist die Steuer eine der wirksamsten Maßnahmen zur Emissionsminderung. "Zwischen 2008 und 2012 sank der Treibhausgasausstoß um 17 Prozent“, sagt sie. Im gleichen Zeitraum wuchs die Wirtschaft um 16 Prozent. Zum Erfolg der Steuer hat aus Sicht von Berman auch beigetragen, dass klar und transparent erläutert wurde, welche Investitionen die CO2-Steuer ermöglicht hat.

Wie die Umverteilung funktioniert, zeigt auch Indien. 2015 wurden einkommensstarke Haushalte aufgerufen, freiwillig auf die staatlichen Zuschüsse für Gas, das zum Kochen verwendet wird, zu verzichten. Das Geld wollte die Regierung verwenden, um armen Familien in ländlichen Regionen Gasanschlüsse zu ermöglichen. Innerhalb eines Jahres gaben zehn Millionen Haushalte die Subventionen auf.

"Verbraucher und Bürger müssen verstehen, wofür eine CO2-Steuer verwendet wird, und spüren, wie sie davon profitieren", sagt Arunabha Ghosh vom indischen Thinkank Council on Energy, Environment and Water (CEEW). So könne Gerechtigkeit in die Klimapolitik Einzug halten.

Auch die Schweiz hat schon gute Erfahrungen mit dem Modell gemacht. Die Lenkungsabgabe wird seit 2008 auf fossile Brennstoffe wie Heizöl oder Erdgas erhoben: Ab 2018 ist ein Preis von 96 Franken (85 Euro) pro Tonne CO2 vorgesehen. Rund zwei Drittel der Einnahmen werden an die Bevölkerung und die Wirtschaft über soziale Sicherungssysteme zurückverteilt.

In Deutschland haben die Grünen ein "Energiegeld" vorgeschlagen, mit dem die CO2-Steuer an alle Bürger in gleicher Höhe zurückgezahlt werden soll. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ist jedoch strikt gegen eine "neue CO2-Bepreisung".

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