US-Präsident Joe Biden sieht sich gezwungen, beim Klimaschutz im Verkehr auf die Bremse zu treten. Seine Regierung will offenbar die Pläne für die Abgasvorschriften für Neuwagen lockern und so den Benzin- und Diesel-Antrieben länger einen hohen Marktanteil einräumen.

Nach dem bisherigen Konzept sollte der Verkauf von reinen E‑Autos in den USA von derzeit knapp acht Prozent bis 2030 auf 60 Prozent ansteigen. Diese Zielmarke wird nach Berichten von Insidern aufgegeben, hieß es in Presseberichten. Es wird erwartet, dass die US-Umweltbehörde EPA die neue Regelung im März oder April bekannt gibt.

 

Hintergrund der Kehrtwende ist der Druck der traditionellen Autohersteller wie General Motors, Ford und der Chrysler-Mutter Stellantis sowie der mächtigen Autogewerkschaft UAW, die Bidens Kurs beim Übergang zur Elektromobilität für zu ehrgeizig halten. Ihr Argument: Die Batterieautos seien für den breiten Markt noch zu teuer und der Aufbau einer flächendeckenden Lade-Infrastruktur brauche mehr Zeit.

Der aktuelle EPA-Vorschlag vom April 2023 sieht vor, dass der CO2-Ausstoß von Neuwagen bis 2032 um 56 Prozent abgesenkt werden soll. Damit wäre 2030 eine E‑Auto-Quote von etwa 60 Prozent und bis 2032 eine von 67 Prozent erreicht worden.

Der Herstellerverband AAI, der neben GM, Ford und Stellantis auch Toyota, VW und weitere Autobauer vertritt, machte Front dagegen. Die Werte seien "weder vernünftig noch erreichbar". Der Verband hält nur 40 bis 50 Prozent E‑Autos bis 2030 machbar, und zwar inklusive Plug-in-Hybrid-Modellen, die auch mit Sprit fahren können.

E-Anteil in China schon dreimal so hoch

Eine Rolle spielte die Debatte auch im beginnenden Präsidentschafts-Wahlkampf, in dem der wahrscheinliche Republikaner-Kandidat Donald Trump Biden vorwarf, viele Jobs in der Autoindustrie aufs Spiel zu setzen. Trump äußerte sich mehrfach abfällig über den "E‑Auto-Irrsinn", dessen Befürworter "in der Hölle verrotten" sollten.

Die Autoarbeiter neigen traditionell zwar eher der demokratischen Partei zu. Trump konnte jedoch bereits in der Präsidentschaftswahl 2020 viele auf seine Seite ziehen.

Die Führung der Gewerkschaft UAW hat kürzlich, allerdings erst nach längerem Zögern, ihre Unterstützung für Bidens Wiederwahl bekannt gegeben. Sie sprach sich aber für einen langsameren Übergang zur E‑Mobilität aus. Der neue Kurs in der Washingtoner E‑Auto-Politik dürfte auch darauf zurückzuführen sein.

 

Kritische Beobachter verweisen darauf, dass die US-Autobauer mit der Neuregelung den Anschluss bei der Antriebswende verlieren könnten. Denn während dort trotz der Subventionen für Autokauf und Bau von Autowerken der E‑Neuwagenanteil erst bei besagten acht Prozent liegt, sind es in der EU bereits 15 und in China 25 Prozent.

Freilich haben sich die Verkaufsaussichten für E‑Autos nach einem Boom im vorigen Jahr auch in der EU und Deutschland, wo die Förderung kurzfristig gestrichen wurde, verschlechtert. Aktuelle Zahlen zeigen, dass der Absatz hierzulande stark eingebrochen ist. Im Januar lag der Anteil an Elektroautos an den gesamten Neuzulassungen nur noch bei 10,5 Prozent nach 22,6 Prozent im Dezember, so das Kraftfahrt-Bundesamt.

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