Zumindest in einem Punkt sind sich Energiegenossenschaftler und das Bundeswirtschaftsministerium derzeit einig. Die größte Hürde, um zum Beispiel bei Photovoltaik die angestrebte Ausbaurate von jährlich 20.000 Megawatt zu erreichen, seien fehlende Flächen, erklärte Armin Komenda, Vorstand der Elektrizitätswerke Schönau (EWS) am Dienstag auf dem Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende in Berlin.
Komenda sprach sich dabei für eine verpflichtende Flächenausweisung für Bürgerenergiegesellschaften durch die Kommunen aus, um der Bürgerenergie eine Chance gegenüber den "großen Playern" zu geben.
Auch für Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen stellt die Verfügbarkeit von Flächen für Erneuerbare-Energie-Anlagen in diesem Jahr den entscheidenden Engpass dar. Hier schaue sein Haus gegenwärtig, was sich kurzfristig noch machen lässt, sagte er auf dem Kongress.
Um genossenschaftliche Solarprojekte besser zu unterstützen, kann sich das Ministerium laut Graichen auch eine stärkere Unterstützung ähnlich dem zu Weihnachten beschlossenen 200.000-Euro-Zuschuss für Bürger-Windkraftprojekte vorstellen. Dieser Zuschuss könne künftig möglicherweise auch für Solarvorhaben gewährt werden.
Bei anderen wichtigen Punkten, die den Genossenschaften auf den Nägeln brennen, zeigte sich der Staatssekretär eher zurückhaltend. So kritisierte Daniel Hölder vom Energiedienstleister Baywa Re auf dem Treffen in Richtung Graichen, dass die praktizierte Erlösabschöpfung die Geschäftsmodelle vieler Energiegenossenschaften gefährde. Für EWS-Vorstand Komenda sind die Strom- und Gaspreisbremsen gar "bürokratische Monster".
Zunächst läuft die Abschöpfung von "Übergewinnen" am Strommarkt noch bis Ende Juni dieses Jahres. Sie kann nach Überprüfung durch die EU-Kommission bis Ende April 2024 verlängert werden.
Graichen räumte am Dienstag ein, dass beim derzeitigen Strompreis im Großhandel von 15 Cent je Kilowattstunde durch die Erlösabschöpfung "nicht viel" hereinkommen wird.
Kein "Kabel über den Gartenzaun"
Bei der Dauer der Erlösabschöpfung sieht der Staatssekretär zunächst die EU-Kommission in der Pflicht. Diese wird Graichen zufolge im April einen Vorschlag vorlegen, das Instrument bis 2024 zu verlängern – oder eben nicht. Im Mai würden sich dann die EU-Staaten, also auch Deutschland, dazu positionieren.
Für ihn spreche tendenziell nicht allzu viel dagegen, die Erlösabschöpfung in diesem Jahr auslaufen zu lassen, sagte Graichen.
Gleich zu Beginn des Kongresses hatte Eckhard Ott, Vorstandschef des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbandes (DGRV), an die Forderung erinnert, auch in Deutschland das sogenannte Energy Sharing endlich "zügig" einzuführen.
Beim Energy Sharing – von der EU als Teil des "Clean Energy Package" längst beschlossen – können sich Bürgerinnen und Bürger, also auch Genossenschaftsmitglieder, die gemeinschaftlich produzierte Energie teilen und so zum Beispiel direkt von den niedrigeren Kosten des Wind- und Solarstroms profitieren.
Graichen ließ die Forderung der Energiegenossenschaften aber ins Leere laufen. "Ein Kabel über den Gartenzaun zu legen und zu sagen, 'du profitierst jetzt von meiner Solaranlage', ändert am Strommix und am Stromsystem nichts", argumentierte der Staatssekretär am Dienstag.
Er frage sich, was die nachbarschaftliche Versorgung technisch und energiewirtschaftlich bringen solle, so Graichen weiter. Dazu müssten entsprechende Konzepte vorgelegt werden. Diese sollten aber auch einen Mehrwert und nicht nur das Ziel haben, Netzentgelte zu vermeiden, hielt Graichen den versammelten Energiegenossenschaftlern entgegen.