Seit in Deutschland die Sommerhitze Einzug hielt, sinkt der Strompreis an der Börse regelmäßig auf null und sogar darunter. Grund ist vor allem der zuletzt starke Ausbau der Photovoltaik. Zu manchen Tageszeiten deckten erneuerbare Energien rechnerisch den gesamten Strombedarf in Deutschland ab.

Beim Strommix, der aus der Steckdose kommt – im Branchendeutsch: öffentliche Nettostromerzeugung – erreichte grüner Strom in den ersten sechs Monaten dieses Jahres einen Anteil von knapp 58 Prozent, deutlich mehr als die fast 52 Prozent im Vorjahr. Die Zahlen teilte das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) mit.

Rechnet man zur Einspeisung ins öffentliche Netz zum Beispiel noch den Strom hinzu, den Industrie und Haushalte selbst erzeugen und gleich verbrauchen, oder den Strom, den Erneuerbare selbst für ihren Betrieb benötigen, sinkt der Ökostromanteil. Bezogen auf den Bruttostromverbrauch gibt das Umweltbundesamt fürs erste Halbjahr einen grünen Anteil von 52 Prozent an.

 

Bemerkenswert an der Halbjahresbilanz: Trotz des Ausbaus der Photovoltaik und – deutlich weniger – der Windkraft und trotz des wochenlangen Sonnenscheins wurde im ersten Halbjahr 2023 weniger Ökostrom erzeugt als im gleichen Zeitraum 2022.

Letztes Jahr wurden fast 138 erneuerbare Terawattstunden ins Netz eingespeist, dieses Jahr waren es bis zur Jahresmitte knapp 136 Terawattstunden, ein Prozent weniger. Eine Terawattstunde sind eine Milliarde Kilowattstunden.

Die geringere Menge erklärt das Umweltbundesamt mit einer insgesamt ungünstigeren ⁠Witterung für Solarenergie wie auch für Windkraft. Das habe der Ausbau nicht kompensieren können.

Energiewende im Verkehr steht noch aus

Dafür, dass der Ökostrom-Anteil dennoch in Rekordhöhe stieg, sorgte vor allem eine deutlich geringere Nachfrage nach Strom. Laut dem Energiebranchenverband BDEW sank der Stromverbrauch im ersten Halbjahr um 6,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Über die Gründe dafür gibt es noch keine Angaben.

Der geringere Verbrauch, der auch noch zu größeren Teilen durch preiswerten Ökostrom gedeckt wurde, sorgte für Einbrüche bei der fossilen Erzeugung. Der Anteil der Braunkohle an der Stromproduktion lag in der Zeit von Januar bis Juni um ein Fünftel unter dem Vorjahreszeitraum. Bei Steinkohle betrug der Rückgang ein Viertel, bei Erdgas vier Prozent.

Den Fossilen half auch wenig, dass es Atomstrom aus inländischen Kraftwerken nur bis Mitte April gab. Die letzten drei AKW wurde laut Fraunhofer ISE aus verschiedenen Quellen ersetzt: geringerer Verbrauch, mehr Stromimporte als -exporte sowie Ausbau der Solar- und Windenergie.

Während sich beim Strom der grüne Anteil jenseits der 50 Prozent stabilisiert, liegt er im Verkehr erst bei einem Fünftel. Hier wurden im ersten Halbjahr etwas über 20 Terawattstunden erneuerbare Energien genutzt, ein Plus von rund drei Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Allerdings stellen sogenannte Biokraftstoffe mit 83 Prozent noch immer den Löwenanteil im Verkehrsbereich. Erst 17 Prozent oder 3,6 Terawattstunden der im Verkehr genutzten erneuerbaren Energien entfallen auf grünen Strom – der auch noch zu drei Vierteln für den Schienenverkehr verwendet wird.

Nur ein Viertel dient der E-Mobilität im Land. Das sind etwa 0,9 Terawattstunden. So viel Strom erzeugen knapp 100 moderne Windräder. Aus Sicht der Energiewirtschaft stellt der Strom für E‑Autos nicht mehr als Peanuts dar.