Blick auf mehrere Windkraftanlagen in grüner Landschaft
Einerseits hinkt Deutschland bei den Klimazielen zurück, andererseits bremst die Politik den Ausbau der erneuerbaren Energien. (Foto: Rauenstein/​Wikimedia Commons)

Der weitere Ausbau der Windkraft an Land gerät zum politischen Tauziehen. Unablässig mahnt die Branche die Bundesregierung, die versprochenen 4.000 Megawatt Sonderausschreibungen für Wind- und Solarprojekte auf den Weg zu bringen. Das dazu nötige "Energiesammelgesetz" soll nun bis zum Jahresende von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden.

Viel nützen wird es der vom zurückgehenden Ausbau gebeutelten Windbranche aber nicht. Bis ausgeschriebene Anlagen ans Netz gehen, dauert es schon jetzt mindestens zwei Jahre – und das könnte sich deutlich verlängern, wenn der am Freitag von Brandenburg eingebrachte Bundesrats-Antrag zur Entprivilegierung der Windkraft durchkommt.

Worum geht es? Im Antrag wird verlangt, eine seit 1997 geltenden Privilegierung der Windkraft im Baurecht aufzuheben. Weil die Errichtung eines Windrades im sogenannten Außenbereich einer Gemeinde deren "öffentliche Belange" nicht tangiert, muss der Bau nicht extra von der Gemeinde genehmigt werden.

Diese hat dennoch eine Reihe von Möglichkeiten zu beeinflussen, wo und wie viele Windanlagen entstehen – über Bauleit- oder Flächennutzungpläne. Zudem können per Regional- oder Landesplanung spezielle Flächen für Windenergie ausgewiesen und Landschafts- oder Naturschutzgebiete ausgeschlossen werden.

Dazu kommt noch die Genehmigung nach Imissionsschutzrecht, vor allem was die Geräuschbelastung und den damit verbundenen Abstand zu Wohnungen betrifft. Allerdings hätten es die Gemeinden dennoch schwer, sich gegen die Investoren durchzusetzen, wird im Antrag beklagt.

Die Nicht-Privilegierung von Windkraftanlagen hätte allerdings zur Folge, warnt die Fachagentur Windenergie in einem Hintergrundpapier, dass ihr Bau "grundsätzlich im Außenbereich nicht zulässig wäre". Die Zulässigkeit könne nur durch die Aufstellung von Bebauungsplänen herbeigeführt werden, schreibt die Agentur, die von Bund, Ländern, Kommunen, Unternehmen und Umweltverbänden getragen wird.

Öffnungsklausel für länderspezifische Abstandsregelungen

Allerdings seien die Gemeinden schon jetzt durch die "Komplexität" der mit der Windenergie-Planung verbundenen Aufgaben überfordert, beklagt ein weiterer Antrag, den das Land Nordrhein-Westfalen einbrachte. NRW will deswegen den schon jetzt möglichen Zeitraum von einem Jahr, um den Kommunen bei Vorliegen besonderer Umstände die Genehmigung der Windanlagen hinausschieben können, um ein weiteres Jahr zu verlängern.

Brisanter ist aber die ebenfalls aus Nordrhein-Westfalen kommende Forderung, erneut eine bundesweite Öffnungsklausel zu schaffen, die es den Ländern ermöglicht, innerhalb der nächsten fünf Jahre per Landesgesetz eigene Mindestabstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung festzulegen.

Diese Klausel hatte schon einmal 2014 für ein Jahr gegolten – damals machte aber aber nur Bayern mit der sogenannten 10-H-Regelung davon Gebrauch. Die Folgen dieser Regelung sind einschneidend. Nach Angaben der Fachagentur ging die Zahl der beantragten neuen Windanlagen von jährlich über 200 auf unter 50 zurück. De facto ist der Ausbau der Windkraft in Bayern inzwischen zum Erliegen gekommen.

Die Wiedereinführung der Länderöffnungsklausel würde die "ohnehin schon prekäre Genehmigungssituation" nochmals verschärfen, warnt deshalb der Bundesverband Windenergie (BWE).  Auch die Entprivilegierung im Baurecht könne die Windenergie ersticken. Dann müssten sich die Kommunen den komplexen Planungsverfahren allein stellen.

Windverband will mit Bevölkerung reden

Statt die "Leittechnologie der Energiewende" zu stoppen, müsse es Politik und Branche gelingen, die politisch definierten Klimaziele vor Ort zu erklären, fordert BWE-Präsident Hermann Albers nicht zum ersten Mal. Der Branche sei es dabei die Teilhabe der Standortgemeinde an der Wertschöpfung "genauso essenziell" wie die Beteiligung der örtlichen Bevölkerung in konkreten Projekten.

Heide Schinowsky von den brandenburgischen Grünen hält den Antrag für ein "durchsichtiges Wahlkampfmanöver ohne Aussicht auf Erfolg". Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und seine rot-rote Landesregierung handelten "unverantwortlich und extrem kurzsichtig", sagte die Landtagsabgeordnete.

Der Antrag wolle die Kommunen mit der Windplanung nicht nur allein lassen, er würde auch geltende Mindestabstände abschaffen, warnte Schinowsky. Anstelle des über die Regionalplanung geregelten 1.000-Meter-Abstands zu Wohnungen wären dann auch weniger als 600 Meter auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes denkbar.

Lesehinweis: "Ein vorzeitiger Ausstieg aus der Kohleverstromung ist der falsche Weg" – Interview mit dem nordrhein-westfälischen Umweltminister Andreas Pinkwart (Advertorial/​Sponsored Link)

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