Solarwind
Die Erneuerbaren sind unter Druck – die Bundesregierung will ihre Kosten senken. Ein tatsächlicher Markt fehlt aber. (Foto: greensmps/​Flickr)

63 Terawattstunden Ökostrom wurden 2016 an die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland geliefert, wie der aktuelle Monitoringbericht der Bundesnetzagentur zeigt. Das sind 63 Milliarden Kilowattstunden oder rund zwölf Prozent der gesamten abgesetzten Strommenge. Innerhalb des vergangenen Jahrzehnts hat sich der Ökostromabsatz damit versechsfacht.

Nur: Die steigende Nachfrage nach Strom aus regenerativen Quellen hat keinerlei Einfluss auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Angebot und Nachfrage sind voneinander getrennt. Denn wird der EEG-geförderte Ökostrom ins allgemeine Netz eingespeist, verliert er sein Herkunftsmerkmal, bei den Endverbrauchern kommt er als "Graustrom" an.

Das Doppelvermarktungsverbot untersagt es den Ökostromanbietern, den erneuerbar erzeugten Strom mittels Herkunftsnachweis als solchen kenntlich zu machen. In der Folge erwerben jene Stromanbieter Ökostromzertifikate aus Wasserkraftwerken in Skandinavien oder den Alpen – eine Notlösung, die weder Kunden noch Anbieter wirklich zufriedenstellt.

Das Ausbautempo der Erneuerbaren bestimmten bislang fast ausschließlich die Zahlungen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Mit der EEG-Novelle 2017 hat Deutschland seine Ökostromförderung auf Ausschreibungen umgestellt. Statt feste Vergütungen zu garantieren, wird nun per Auktion ermittelt, wie viel Förderung für Erneuerbaren-Strom noch gezahlt wird.

Die Folge: Die Förderung für neue EEG-Anlagen ist drastisch gesunken – und der von der Politik vorgesehene Ausbaukorridor wird nicht ansatzweise ausgeschöpft, weder bei der Windenergie noch bei der Photovoltaik.

Dabei wird die Nachfrage nach Ökostrom steigen. Schätzungen zufolge liegt allein der zusätzliche Grünstrombedarf im Wärme- und Mobilitätsbereich im Jahr 2030 zwischen 150 und 360 Milliarden Kilowattstunden. Die jährliche Erzeugung liegt hierzulande bei 219 Milliarden Kilowattstunden. Das Angebot an erneuerbarem Strom bleibt also weit hinter der Nachfrage zurück.

Die Marktsignale sollen ankommen

Wie das Dilemma aufgelöst werden kann, hat nun das Hamburg Institut im Auftrag des Ökostromanbieters Lichtblick untersucht. Das Ergebnis: Die Produktion und der Absatz von Ökostrom müssen stärker miteinander verzahnt werden, sodass der Kauf zu einem zusätzlichen Ausbau der erneuerbaren Energien führt.

"Die Politik muss bürokratische Hürden abbauen, Anreize setzen und das EEG effizienter gestalten", fordert Gero Lücking von Lichtblick. Dann könne der Markt seine Potenziale entfalten, den Zubau beschleunigen und gleichzeitig den Förderbedarf spürbar senken. "Die Zeit ist reif, um Nachfrage und Angebot miteinander zu verknüpfen", sagt Lücking.

Damit mehr Markt zwischen Ökostrom-Angebot und -Nachfrage möglich wird, soll die Politik bei den Herkunftsnachweisen ansetzen. Sowohl die Stromkennzeichnung als auch die Regelungen zum Umgang mit Herkunftsnachweisen müssten angepasst werden, heißt es in der Studie.

Der per EEG geförderte Ökostrom sollte zudem auch direkt an die Endabnehmer verkauft werden können. Bislang ist das nicht erlaubt. Frei handelbare Herkunftsnachweise für EEG-Strom könnten es aber künftig ermöglichen, so die Studienautoren. Durch die direkte Vermarktung könnten Anlagenbetreiber zusätzlich Geld verdienen – und wären damit weniger auf die EEG-Förderung angewiesen.

Außerdem sollte der Staat bei den Ökoenergien keine Ausbaumengen mehr vorgeben, sondern Fördersummen festschreiben, auf die Betreiber mit einer bestimmten installierten Leistung bieten können. Statt der bislang bestehenden EEG-Marktprämie schlägt die Studie eine Investitionsförderung für neue Anlagen vor, damit Anlagenbesitzer sich stärker nach der Nachfrage richten müssen.

Damit die Wettbewerbsfähigkeit von erneuerbaren Energien steigt und ihr Förderbedarf weiter sinkt, soll zusätzlich eine CO2-Abgabe eingeführt werden.

Redaktioneller Hinweis: Gero Lücking, Geschäftsführer von Lichtblick, gehört dem Kuratorium von Klimareporter° an.

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