Bis Ende 2028, so sieht es das Kohleausstiegsgesetz bisher vor, soll das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde bei Cottbus noch Strom erzeugen. Bis Ende 2025 läuft es sogar noch mit 2.000 Megawatt Leistung, bis 2027 mit 1.500 und 2028 mit 1.000 Megawatt.
Das Kraftwerk in der Lausitz ist ein einziges Wunderding. Denn für Jänschwalde gilt das Axiom der Braunkohlebranche nicht, dass Stromerzeugung und Tagebau angeblich wie siamesische Zwillinge verbunden sind.
Denn ab 2022 oder 2023, wenn der nahe Tagebau Jänschwalde ausgekohlt ist, soll die Braunkohle aus dem 40 Kilometer entfernten Tagebau Welzow-Süd per Bahn herangekarrt werden. Zudem will der Betreiber Leag in Jänschwalde auch jede Menge eines sogenannten Ersatzbrennstoffs verfeuern.
Ein Kohlekraftwerk benötigt aber nicht nur Brennstoff – für jede Kilowattstunde Strom sind auch mehr als zwei Liter Frischwasser nötig. Solange neben dem Kraftwerk ein Tagebau läuft, ist das für die Betreiber kein großes Problem. Für das Kühlwasser bedienen sie sich aus dem abgepumpten Grundwasser.
Was aber, wenn kein Tagebau mehr betrieben wird und im Laufe der Zeit immer weniger Grundwasser gefördert wird? Die Frage stellt sich für Jänschwalde mindestens seit 2017. Da hatte die Leag ein neues Revierkonzept für die Lausitz mit dem vorzeitigen Aus für den Tagebau Jänschwalde vorgelegt.
Auf die seitdem von Umweltschützern gestellte Frage, woher das Kraftwerk dann sein Kühlwasser bekommen soll, "haben wir von den Behörden eigentlich nie eine Antwort erhalten", berichtete René Schuster, der für die Grüne Liga im Braunkohlenausschuss des Landes Brandenburg sitzt, heute auf einer Pressekonferenz.
Vier Fünftel des Kühlwassers sollen verdampfen
Doch langsam klärt sich die Frage auf, wie so ein Kraftwerk auch ohne Tagebau-Grundwasser am Laufen gehalten werden soll. In wenigen Jahren wolle die Leag offenbar beginnen, Wasser aus der Spree zu entnehmen, um es im Kraftwerk Jänschwalde als Kühlwasser zu verbrauchen, erklärte René Schuster heute. Das habe eine Akteneinsicht seines Umweltverbandes beim Landesumweltamt ergeben.
Zu den Leag-Wasseranträgen selbst sei die Akteneinsicht allerdings verweigert worden. Es handle sich lediglich um Entwürfe, die nach Hinweisen der Behörden derzeit überarbeitet würden, wurden die Umweltschützer beschieden.
Die Wassermenge, derer sich das Kraftwerk künftig aus der Spree "bedienen" will, wird in den einsehbaren Akten – so die Angabe der Grünen Liga – für die Zeit ab 2025 auf einen halben Kubikmeter pro Sekunde beziffert.
"Das mag im Rhein oder in der Donau nicht viel sein. In der Spree hatten wir letztes Jahr teilweise nur einen Durchfluss von zwei Kubikmetern pro Sekunde", erläuterte Schuster. Zusätzliche Wasserentnahmen für die auslaufende Kohlenutzung sind für ihn einigermaßen "absurd."
Das Spreewasser löst sich dabei im Kraftwerksbetrieb buchstäblich in Luft auf. Nach den vorliegenden Unterlagen sollen 80 Prozent in den Kühltürmen verdampfen und nur 20 Prozent erwärmt in den Fluss zurückfließen. Die Wahrscheinlichkeit, dass für nachfolgende Nutzer wie die Stadt Berlin nicht genug Spreewasser vorhanden ist, werde mit jeder zusätzlichen Nutzung höher, sagte Schuster.
Bis 2030 könnte die sekündliche Wasserentnahme aus der Spree laut den Unterlagen sogar auf einen ganzen Kubikmeter steigen – bildlich gesprochen könnte dann die halbe Spree für ein altes Kohlekraftwerk "verbraucht" werden.
Planen Brandenburger Behörden ohne Kohleausstieg?
Wie das mit dem im Ausstiegsgesetz vorgesehenen Abschalten der letzten beiden Jänschwalde-Blöcke Ende 2028 zusammenpasst, konnte auch die Grüne Liga bisher nicht aufklären. Sie vermutet, dass Leag und Bergbaubehörden veraltete Planungen weiterschreiben.
Speziell hegen die Umweltschützer den Verdacht, dass die Leag beim Wasser weiter nach dem Revierkonzept von 2017 planen könnte, obwohl dieses durch den Kohleausstieg teilweise hinfällig ist. Beim Wasser passe jedenfalls nichts zusammen, bilanzierte Schuster. Die Datengrundlage sei ganz offensichtlich fehlerhaft.
Für die Umweltorganisation zeigt sich das auch beim neuen Wasserbewirtschaftungsplan für das Elbe-Einzugsgebiet, zu dem die Lausitzer Spreeregion gehört. Der Plan für die Jahre 2022 bis 2027 muss laut EU-Wasserrahmenrichtlinie Ende des Jahres vorliegen. Der Entwurf, bemängelt die Grüne Liga, sehe erneut weniger strenge Umweltziele für die Grundwasserkörper vor – zugunsten der Braunkohletagebaue.
"Diese Planung ist dringend zu überarbeiten, wenn sie dem EU-Recht entsprechen soll", forderte René Schuster. Statt pauschal einen Freibrief für veraltete Tagebauplanungen auszustellen, müssten unabhängige Fachleute ermitteln, wie viel Kohleabbau noch im öffentlichen Interesse liege. "Nur dafür können Ausnahmen von den Zielen der Wasserrahmenrichtlinie überhaupt geprüft werden", betonte Schuster.