Während sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD über ihren Regierungsvertrag beugen und auch über den Strommarkt nachdenken, legt die Windkraft-Branche weiter an Tempo zu, besonders bei den Genehmigungen.

Allein im Januar und Februar 2025 sind zusammen 1.780 Megawatt Windkraft neu genehmigt worden – ein Plus von fast 60 Prozent gegenüber genehmigten 1.130 Megawatt in den beiden Monaten im Jahr 2024. Das besagen neue Angaben aus der Branche, die jetzt bekannt wurden.

 

Auch der Bruttozuwachs an Windkraft-Kapazität stieg den ersten beiden Monaten dieses Jahres kräftig – auf 613 Megawatt im Januar und Februar und damit etwa um ein Drittel gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Zur guten Bilanz trägt bei, dass sich der Zeitraum, um die Genehmigung zu bekommen, stark verkürzte – von im Schnitt 23 Monaten im Jahr 2024 auf gegenwärtig 16 Monate.

Grund für den Genehmigungsboom sind vor allem die noch von der Ampel-Regierung angeschobenen Planungsbeschleunigungen. Fürs ganze Jahr 2025 rechnet die Branche nunmehr damit, dass bis zu 14.400 Megawatt Windkraft neu genehmigt werden könnten. Das würde den Spitzenwert von 14.000 Megawatt im letzten Jahr noch übertreffen.

Immer mehr genehmigte Windprojekte liegen auf Halde

Die hohe Zahl neu zugelassener Windanlagen führt allerdings auch zu mehr Konkurrenz unter den Projektierern bei den Ausschreibungen. Bei der jüngsten Windkraft-Ausschreibung wurden genehmigte Projekte im Umfang von 4.900 Megawatt eingereicht – die Bundesnetzagentur erteilte aber nur für knapp 4.100 Megawatt einen Zuschlag, wie sie letzte Woche mitteilte.

Das bedeutet nicht nur, dass jedes fünfte baureife Windkraft-Megawatt aufgeschoben wird, sondern auch, dass die Projekte knapper kalkuliert werden müssen.

Zwei Monteure bei der Montage einer Windrad-Gondel
Montage einer Windrad-Gondel. (Bild: Tim Riediger/​BWE)

Bei der Ausschreibung lag das niedrigste Gebot, das von der Bundesnetzagentur noch einen Zuschlag erhielt, bei 5,62 Cent und das höchste bei 7,13 Cent je Kilowattstunde. Im Schnitt gibt es für die Windprojekte eine garantierte Einspeisevergütung von sieben Cent, im Vorjahr waren es noch 7,15 Cent gewesen.

Der zunehmende Wettbewerb und die sinkenden Zuschlagswerte seien "rundum gute Nachrichten" für den Erneuerbaren-Ausbau, freute sich Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Ob das stimmt, muss sich noch zeigen. In der Branche gelten sieben Cent als Richtmaß, um Windkraft-Projekte gut zu finanzieren, weniger kann problematisch sein.

Die Konkurrenz in den Ausschreibungen wird sich in diesem Jahr noch verschärfen. Denn die Projektierer sollen insgesamt um die 6.300 Megawatt bereits genehmigter Windkraftanlagen "in der Pipeline" haben. In der nächsten Ausschreibung im Mai stehen aber nur 3.400 Megawatt als Vergabevolumen bereit. So droht die Projekt-Halde immer größer zu werden.

Branche gegen Abschaffung des Zwei-Prozent-Flächenziels

Auch von den künftigen Koalitionären hört die Branche nicht nur gute Nachrichten. Union und SPD sind sich noch uneinig, ob das bundesweite Zwei-Prozent-Flächenziel für den Windkraftausbau beibehalten oder durch ein allgemeines Ziel für den Ökostromausbau ersetzt wird. Letzteres will die Union, während die SPD weiterhin zwei Prozent der deutschen Landesfläche für den Windkraftausbau reservieren will.

Die neuerliche Debatte sieht die Branche kritisch. Alle Bundesländer seien dabei, die Flächenausweisung voranzubringen, betont Wolfram Axthelm. "Angesichts dessen wäre es fatal, würde das Zwei-Prozent-Flächenziel infrage gestellt und gegen ein Ökostromziel ausgetauscht", warnt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie (BWE) gegenüber Klimareporter°.

"Das würde die vor Ort an der Ausweisung Beteiligten in den Kommunen und regionalen Planungsverbänden vor den Kopf stoßen", argumentiert Axthelm. Wollten Union und SPD den Ausbau der Windenergie erklärtermaßen fortsetzen, müsse das Flächenziel beibehalten werden.

 

Sorgen machen der Branche auch jüngste Bestrebungen, Deutschlands künftigen Strombedarf geringer zu veranschlagen und den Ausbau der Erneuerbaren entsprechend zu strecken. Ausgangspunkt dieser Diskussion ist eine Mitte Januar von der Beratungsfirma McKinsey veröffentlichte Analyse.

Demnach führen die schwache Wirtschaftslage sowie der verzögerte Hochlauf von E‑Mobilität, Wärmepumpen und Wasserstoff-Elektrolyse dazu, dass der Strombedarf 2030 bei jährlich 530 Milliarden Kilowattstunden liegen wird – ungefähr so hoch wie heute und deutlich unter der Annahme des Erneuerbare-Energien-Gesetzes von 670 Milliarden Kilowattstunden.

Axthelm warnt hier davor, sich von einem "kurzzeitigen Eindruck" beim Stromverbrauch leiten lassen. Schließlich habe sich die angehende Koalition ausdrücklich zum Ziel gesetzt, die Wirtschaftskrise zu überwinden, insofern werde der Stromverbrauch nicht auf einem so niedrigen Niveau verharren, erläutert der BWE‑Geschäftsführer auf Nachfrage. "Auch gehen wir von einem enorm wachsenden Bedarf durch die Digitalisierung aus, zum Beispiel durch Rechenzentren für KI." 

Allerdings hatte auch die unabhängige Expertenkommission zum Monitoring der Energiewende jüngst wegen der langsameren Elektrifizierung einen deutlich geringeren Anstieg der Stromnachfrage vorausgesagt.