Murmeltier in einem Nationalpark: Die Welt des Bundesrechnungshofes ist eine ganz besondere. (Bild: Robert Kraft/​PDP/​Pixabay)

Alle paar Jahre grüßt das Murmeltier aus den Energiewende-Berichten des Bundesrechnungshofs. Wir erinnern uns:

Fazit des 2018er Berichts: Das Bundeswirtschaftsministerium koordiniert die Energiewende unzureichend und mangelhaft. Die Belastungen von Wirtschaft sowie Haushalte seien enorm. Trotzdem werde Deutschland fast alle Ziele der Energiewende bis 2020 verfehlen.

Fazit 2021: Die Bundesregierung steuert die Energiewende unzureichend. Eine zuverlässige und preisgünstige Versorgung mit Strom sei fraglich. Das Ergebnis bleibe "ernüchternd".

2024 sei das Prüfergebnis erneut "ernüchternd", schallt es aus der Behörde. Beim Ausbau der Erneuerbaren und der Stromnetze ist die Regierung ebenso im Verzug wie beim Aufbau von sogenannten Backup-Kapazitäten. Hinzu kommt ein fehlendes Konzept gegen hohe Strompreise.

 

Egal, wer regiert, ob eine Groko die Energiewende blockiert oder ob Teile einer Ampel-Regierung, abzüglich vor allem der FDP, endlich versuchen, jahrzehntealte Rückstände aufzuholen – der Bundesrechnungshof kommt zum nahezu immergleichen Ergebnis.

Mit der realen Entwicklung hat das wenig bis gar nichts zu tun. Das muss gar nicht extra gesagt werden. Den aktuellen Stand allein bei den Erneuerbaren hat just am Freitag das Umweltbundesamt aufgelistet, wohl nicht ganz zufällig einen Tag nach Veröffentlichung des Rechnungshofberichts.

Der Bundesrechnungshof hat ganz offensichtlich ein grundlegendes Problem mit der Energiewende. Deren Nutzen lässt sich gerade in klimapolitischer Hinsicht eben nicht in Heller und Pfennig ausrechnen, weil das Schutzgut Klima größtenteils nicht in die Kalkulationen einfließt.

Alte Geschichten der Energiewendegegner 

Zudem offenbart der diesjährige Bericht erneut, dass der Bundesrechnungshof wenig Verständnis für die Mechanismen des Strommarkts hat. So schließt die Behörde aus der Streichung des 5,5‑Milliarden-Euro-Zuschusses des Bundes zu den Netzentgelten, die Übertragungsnetzbetreiber hätten die Netzentgelte in diesem Jahr von 3,12 auf 6,43 Cent je Kilowattstunde verdoppelt.

Zum einen kennt niemand die realen Netzentgelte genau, die die großen Netzbetreiber aufrufen, auch der Bundesrechnungshof nicht. Zum anderen suggeriert der Bericht, die erhöhten Netzentgelte seien vollumfänglich an die Stromkunden weitergereicht worden.

Das geschah aber nicht. In letzter Zeit sank nämlich – eben wegen der erstarkten erneuerbaren Erzeugung – der Strompreis an der Börse. Viele Versorger nutzten den Spielraum, um den wegfallenden Milliardenzuschuss nicht eins zu eins als höhere Kosten an die Kunden weiterzugeben.

Wie weiter zu lesen ist, wärmt der Rechnungshof auch die Mär der Energiewendegegner auf, Solar- und Windenergie würden gesicherte Leistung gar nicht (Photovoltaik) oder nur in geringem Umfang (Windkraft) zur Verfügung stellen.

Hier müssen die Prüfer in ihrem Murmeltier-Schlaf einiges verpasst haben. Inzwischen können die Ökoenergieversorger mit etwa 90-prozentiger Genauigkeit voraussagen, wie hoch beispielsweise die gesicherte Wind-Leistung an den Folgetagen sein wird.

Um das auszugleichen, braucht es zunächst nicht mal vordergründig die "Backup"-Kraftwerke, sondern viel mehr Flexibilität im Stromsystem. Und dass fossile und atomare Kraftwerke keineswegs immer und zu jeder Zeit gesicherte Leistung anbieten, muss an den Prüfern irgendwie vorbeigegangen sein.

Selbst die Energiebranche winkt ab

Noch immer finden sich auch die alten Geschichten der Atomlobby im Rechnungshof-Bericht. So heißt es dort, andere EU-Staaten planten, die als klimaneutral eingestufte Kernenergie künftig stärker zu nutzen. Deutschland werde somit künftig möglicherweise mehr Atomstrom importieren. Dass beides an der Wirklichkeit vorbeigeht, ignoriert die Behörde geflissentlich.

So viel Gemurmel aus dem energiepolitischen Tiefschlaf stört selbst Leute, die mit der Energiepolitik der Ampel ihre realen Probleme haben und zu Recht klagen, immer wieder müsse ihr Branchenverband, gern auch übers Wochenende, Stellungnahmen zu hunderten Seiten kurzfristig übersandter komplexer Gesetzentwürfe aus dem Boden stampfen.

Mit seiner Generalkritik schieße der Bundesrechnungshof übers Ziel hinaus – bei aller berechtigten Kritik in einzelnen Punkten, gibt etwa Kerstin Andreae zu verstehen.

Die Chefin des Energiebranchenverbandes BDEW zieht denn auch eine andere Energiewende-Bilanz: Die Bedingungen für den Ausbau der Erneuerbaren im Strombereich hätten sich deutlich verbessert. Auch beim Stromnetz gebe es "erkennbare Fortschritte". Eine "Versorgungslücke" im Stromsystem, wie sie der Bundesrechnungshof befürchte, sehe man beim BDEW nicht.

Mein Fazit: Was der Rechnungshof der Regierung anzuhängen versucht, gilt zuallererst für den Bericht selbst: Erneut ernüchternd unzureichend.