Unterdurchschnittliche Erträge beklagt der Deutsche Bauernverband (DBV) in diesem Jahr. Erneut hätten Hitze und Trockenheit in Teilen Deutschlands zu erheblichen Einbußen bei der Ernte geführt.
Insgesamt wurden dieses Jahr 45 Millionen Tonnen Getreide geerntet. Das sind – den Dürresommer 2018 ausgenommen – rund sechs Prozent weniger als die durchschnittlichen Erträge der vergangenen Jahre.
Allerdings sind die Ernten regional sehr unterschiedlich ausgefallen. "Gerade dort, wo es im letzten Jahr schon extrem trocken war, haben wir auch in diesem Jahr erneut keine Niederschläge gehabt", sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied heute in Berlin. "Damit haben wir erneut nur geringe Ernteerträge erzielen können."
Vor allem in Teilen Mitteldeutschlands, wo es schon immer unterdurchschnittliche Niederschläge gab, war die Lage laut Bauernverband angespannt. Aber auch Regionen in Brandenburg sowie Mainfranken und Teile Niedersachsens waren von ausbleibenden Regenfällen betroffen. Überdurchschnittliche Ernten meldeten dagegen das südliche Bayern und Baden-Württemberg.
Den Klimawandel spüre die Landwirtschaft jetzt schon das dritte Jahr in Folge, klagte DBV-Chef Rukwied. Während 2017 extrem viele Niederschläge fielen, gab es 2018 eine extreme Dürre. "2019 hatten wir wieder eine Hitzwelle und in einigen Regionen Deutschlands erneut eine große Dürre", zählte Rukwied auf.
Bauernpräsident ruft nach der Politik
Angesichts starker Schwankungen und extremer Wetterlagen sei es für die Landwirte schwierig, sich an den Klimawandel anzupassen, so der Verbandschef. Deshalb müsse die Politik die Agrarbetriebe in die Lage versetzen, Reserven zu bilden. Unter den gegenwärtigen Umständen sei das nicht möglich.
"Die Politik soll die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage auf den Weg bringen", wiederholte Rukwied eine Forderung des Bauernverbands. Das solle den Landwirten helfen, Rücklagen zur Risikoabsicherung zu bilden. Allerdings bezweifeln Experten, ob alle Landwirtschaftsbetriebe von den Steuerbegünstigungen profitieren und entsprechende Rücklagen bilden würden.
Mit verbesserten Anbausystemen und dem Anbau von Zwischenfrüchten sowie mit häufigerem Mulchen und seltenerem Pflügen trage die Branche bereits dazu bei, die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft zu verringern, stellte Rukwied heraus. Zudem habe man sich mit der "Klimastrategie 2.0" vorgenommen, die Emissionen um 30 Prozent bis 2030 gegenüber 1990 zu senken.
Die Maßnahmen reichen laut DBV von einer stärkeren Vergärung von Wirtschaftsdüngern über die Steigerung des Humusgehalts und der Effizienz beim Stickstoffeinsatz bis zum vermehrten Einsatz von Biokraftstoffen.
Einer Einbeziehung der Landwirtschaft in den Emissionsrechtehandel, wie sie verschiedentlich diskutiert wird, erteilt der Bauernverband eine Absage. Aus seiner Sicht ist der Emissionshandel ein auf industrielle Quellen ausgerichtetes System und für die auf natürlichen Prozessen basierende Landwirtschaft nicht anwendbar. Die Komplexität und Vielfalt der Landwirtschaft sowie die große Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe spreche gegen eine Einbeziehung in den Emissionshandel.
Umweltverbände kritisieren Agrarexporte
Ob es der Agrarbranche gelingt, allein mit der Klimastrategie des DBV ihre Emissionen ausreichend zu mindern, bezweifeln Umweltschützer. "Die Vorschläge des Bauernverbandes können kosmetische Wirkungen entfalten, werden aber nicht ausreichen, um die notwendige Agrarwende zu einer klimafreundlichen Landwirtschaft zu schaffen", sagt Christian Rehmer, Agrarexperte beim Umweltverband BUND.
Auch Reinhild Benning, Referentin für Landwirtschaft bei der Umweltorganisation Germanwatch, ist von der "Klimastrategie 2.0" nicht überzeugt. Der Bauernverband wolle an der industrialisierten Landwirtschaft mit Soja-Importen und an der exportorientierten Milch- und Fleischerzeugung festhalten.
"Allein acht Prozent der Klimaemissionen des Sektors gehen auf das Konto der Agrarexporte", sagt Benning gegenüber Klimareporter°. Statt Soja aus Regenwaldregionen und Savannen zu importieren, müsse mehr heimisches Eiweißfutter verwendet werden.
Die Agrarpolitik müsse ganz grundsätzlich umgebaut werden, um die klimapolitischen Herausforderungen für die Agrarbetriebe meistern und die internationalen Klimaverpflichtungen einhalten zu können, fordert BUND-Experte Rehmer. Regionale Stoffkreisläufe müssten wieder aufgebaut, die Nutztierhaltung reduziert und an die Fläche gebunden sowie Moore und Feuchtgebiete besser geschützt werden.
"Die Tierhaltung muss halbiert werden"
Der Großteil der Agrar-Emissionen stammt aus der Tierhaltung und dem Anbau der dafür notwendigen Futtermittel. Auch das Düngen sowie die landwirtschaftliche Nutzung von Mooren tragen zum Treibhausgasausstoß des Sektors bei. Die Landwirtschaft müsse so umgestaltet werden, dass sie die natürlichen Ressourcen Boden, Klima, Luft, Gewässer nicht übernutzt, sagt Rehmer.
"Wir müssen die Tierhaltung und den Fleischkonsum um die Hälfte reduzieren, damit das klappen kann", betont er. Zudem müssten Steuermittel für Landwirte an konkrete Leistungen beim Klima- und Umweltschutz sowie beim Tierwohl gebunden werden.
Dafür soll die Bundesregierung kurzfristig den von Brüssel dafür freigestellten Anteil der Direktzahlungen in Deutschland an Ökoauflagen binden, fordert Benning von Germanwatch. Als Beispiele nennt sie agrarökologische Fruchtfolgen, Humusaufbau und mechanische Unkrautregulierung anstelle von Pestiziden.
Weiterhin brauche es eine Pflicht zur Kennzeichnung der Tierhaltungsform, so Benning. "Wenn das Klimakabinett seinen Namen verdienen will, sollte es solche machbaren Maßnahmen sofort beschließen."
Der Beitrag wurde am 24. August ergänzt (Anmerkungen von Reinhild Benning).