Großdemonstration Ende September 2018 in Sao Paulo gegen den ultrarechten Präsidentschaftskandidaten Bolsonaro
Unter dem Motto "Der nicht!" protestierten Hunderttausende vor den Präsidentenschaftswahlen in Brasilien gegen den rechtsextremen Kandidaten Jair Bolsonaro. Am Ende hat es nicht gereicht. (Foto: Mark Hillary/​Flickr)

Nur wenige Länder haben für das globale Klimasystem eine so große Bedeutung wie Brasilien. Dass der Rechtsextremist Jair Bolsonaro die Stichwahl zum Präsidentenamt am letzten Sonntag gewonnen hat, ist deshalb nicht nur für die Demokratie im fünftgrößten Land der Erde ein Anlass zur Sorge, sondern auch für den weltweiten Klimaschutz.

Bolsonaro, der bereits den ersten Wahlgang vor drei Wochen mit großem Abstand gewonnen hatte, setzte sich nun mit knapp 55 Prozent der Stimmen gegen Fernando Haddad von der Arbeiterpartei PT durch.

Für Haddad, der erst drei Wochen vor der ersten Wahlrunde als Ersatzkandidat für Ex-Präsident Lula da Silva in den Wahlkampf eingestiegen war, stimmten rund 45 Prozent der Brasilianer. Lula, die langjährige Galionsfigur der PT, war ohne stichhaltige Beweise zu zwölf Jahren Haft wegen angeblicher Vorteilsnahme verurteilt und dadurch von der Wahl ausgeschlossen worden.

In seinem ersten TV-Interview als neu gewählter brasilianischer Präsident bekräftigte Bolsonaro seine schon im Wahlkampf geäußerten Pläne, das Waffenrecht zu liberalisieren. Nach einer an US-Präsident Trump erinnernden Logik will der Ex-Militär damit der stark gestiegenen Gewalt in Brasilien begegnen.

Für das Interview wählte Bolsonaro den Fernsehsender Record TV aus, der der evangelikalen "Universalkirche des Reichs Gottes" gehört und somit dem ultrakonservativen Spektrum zuzuordnen ist. In dem Gespräch kündigte Bolsonaro außerdem an, Sérgio Moro zum Justizminister zu machen, eben jenen Richter und Korruptionsermittler,  der Lula letztes Jahr in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe verurteilt hatte.

"Das Schlimmste, was der Umwelt passieren konnte"

"Wir steuern auf eine sehr dunkle Zeit in der Geschichte Brasiliens zu", sagte Paulo Artaxo, ein Klimaforscher von der Universität São Paulo, vor der entscheidenden Stichwahl gegenüber dem Magazin Science. "Da gibt es nichts zu beschönigen. Bolsonaro ist das Schlimmste, was der Umwelt passieren konnte."

"Die Wahl Bolsonaros stellt für das Bemühen, den Klimawandel einzudämmen, die größte neue Gefahr dar", schreibt das Fachmagazin Climate Home News in einem Leitartikel der gesamten Redaktion. "Was hier geschieht, betrifft den gesamten Planeten."

Zwar hat Bolsonaro noch vor der Stichwahl seine Ankündigung revidiert, als Präsident aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Als Entwarnung in Sachen Umwelt- und Klimaschutz kann das jedoch nicht verstanden werden.

Vor allem Bolsonaros Pläne über den künftigen Umgang mit der Amazonasregion bergen große Gefahren. Hier liegt der nach wie vor größte Regenwald der Erde. Ein Viertel des globalen Kohlenstoff-Austauschs findet hier statt, der Wald ist ein riesiger CO2-Speicher. Und er zählt zu den sogenannten Kippelementen im Klimasystem. Verliert er seine klimastabilisierende Funktion, könnte dies unabsehbare Folgen haben und das Kippen weiterer kritischer Systeme beschleunigen.

Da der größte Teil des Amazonas-Regenwaldes in Brasilien liegt, haben nur wenige Regierungschefs der Welt mehr Macht und Möglichkeiten als Bolsonaro, den Kampf gegen den Klimawandel entweder zu fördern oder ihm zu schaden.

Der neue Präsident will eine Autobahn durch den Regenwald bauen und die Rodungen weiter vorantreiben, die bereits in den vergangenen Jahren neue Höchststände erreicht haben. Umweltorganisationen sollen verboten oder des Landes verwiesen werden. Bolsonaro hat in diesem Zusammenhang "Säuberungen" angekündigt.

Zudem will er Territorien indigener Völker für den Bergbau öffnen, die Umweltgesetzgebung insgesamt aufweichen und für Naturschutzgebiete keine Gelder mehr zur Verfügung stellen.

Kluge Gegenstrategie der EU gefordert

Setzt Bolsonaro, der von der mächtigen Agrarindustrie des Landes unterstützt wird, seine Ankündigungen in die Tat um, wäre das "eine Tragödie", sagte Klaus Milke von Germanwatch. "Die globale Klimakrise würde beschleunigt. Der wichtigste globale Schatz an Artenvielfalt würde geplündert. Und die Menschenrechte der mit und vom Amazonas lebenden indigenen Völker stehen auf dem Spiel."

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch fordert deshalb Bundesregierung und EU zum Handeln auf. "Deutschland und die EU sind nun gefordert", so Milke. "Sie müssen Bolsonaro mit einer klugen Strategie und neuen Allianzen begegnen."

Dass Bolsonaro nun doch nicht aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen will, liegt nach Einschätzung von Germanwatch unter anderem daran, dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zuvor verkündet hatte, dass die EU keine Handelsabkommen mehr mit Staaten unterzeichnen werde, die sich aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen.

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