Preston Wells Griffith, Special Advisor to the President
Trumps Sonderberater Preston Wells Griffith auf der UN-Klimakonferenz in Katowice (Foto: von Brackel)

Donald Trump will zwar aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen, aber wo er eine große Bühne für seine Politik sieht, kann er doch nicht nein sagen. Auf die UN-Klimakonferenz nach Katowice schickte er einen Sonderberater und eine Abordnung der fossilen Industrie, die kräftig die Werbetrommel für Kohle, Fracking-Gas und Atomkraft rührten.

Die Botschaft: Eine realistische Politik komme nicht ohne diese Energien aus. "Die Realität ist: Die Staaten werden auch in Zukunft fossile Energien verwenden", sagte Sonderberater Preston Wells Griffith, ehe er und weitere Abgesandte der fossilen Energie etwa für die Kohle als "saubere" und "effektive" Energiequelle warben.

Unter Trump beschleunigt sich der Niedergang der Kohle

Doch die beschworene Realität spricht eine andere Sprache: Auch im zweiten Jahr unter US-Präsident Donald Trump geht der Niedergang der US-Kohleindustrie weiter – er hat sich sogar beschleunigt.

In diesem Jahr dürfte mit 14.000 Megawatt eine doppelt so hohe Kapazität an Kohlemeilern wie im Vorjahr vom Netz gehen. Nach einem Bericht der Energieinformationsbehörde werden die USA 2018 wohl so wenig Kohle verbrauchen wie seit 1979 nicht mehr. Zudem haben mehrere Energieunternehmen angekündigt, dass sie ihre Kohlekraftwerke wegen Unrentabilität nach und nach stilllegen wollen.

Noch schwerer vorstellbar erscheint es, dass sich die Kohle in Zukunft behaupten wird, wenn die Kraftwerke mit der Carbon-Capture-and-Storage-Technologie (CCS) ausgerüstet werden, um weniger CO2 in die Luft zu blasen. Denn "sauber" soll die Kohle in Zukunft auch sein, wie Griffith betonte. Die kostspielige Technik würde die Kohlekraftwerke aber noch unrentabler werden lassen.

Wenn es zu Hause nicht klappt mit der Kohle, so soll sie zumindest in anderen Ländern eine Zukunft haben, so der Tenor bei der Trumpschen Abordnung. "Es ist eine Chance für Entwicklungsländer", erklärte Steven Winberg vom US-Energieministerium. In der Tat verfolgen Länder wie Indonesien, Vietnam oder die Türkei noch Pläne zum massiven Ausbau der Kohlekraft.

Gasindustrie will Kohle ersetzen

Wie widersprüchlich die Strategie von Trump ist, "alle Energiequellen" zu fördern, zeigte der Redebeitrag von Asfaha Tesfai vom US-Erdgasunternehmen Sempra. Er wies auf das "immer noch große Potenzial" hin, in Europa und Nordamerika Kohle durch Gas zu ersetzen.

Todd Stern
Todd Stern, früherer US-Chefunterhändler bei den internationalen Klimaverhandlungen. (Foto: von Brackel)

Für die Klimaverhandlungen in Katowice selbst spielt die Veranstaltung keine Rolle. Das eigentliche US-Verhandlungsteam stammt noch aus der Ära von Ex-Präsident Barack Obama. "Sie arbeiten ernsthaft, effektiv und kenntnisreich", sagte der ehemalige US-Chefunterhändler auf den UN-Klimakonferenzen, Todd Stern, in Katowice. "Es gibt nur dieses technische Verhandlungsteam, kein politisches."

Deutlicher in Erscheinung tritt in Katowice die Anti-Trump-Klimakoalition. "We are still in" – wir sind noch dabei – nennt sich ein Zusammenschluss von Bundesstaaten, Städten, gesellschaftlichen Gruppen und Unternehmen aus den USA. Nach Katowice sei man gekommen, um "der Welt zu zeigen, dass Amerika sich dem Klimaschutz noch verpflichtet fühlt", schreibt das Bündnis auf Twitter. Außerdem haben sich 17 Bundesstaaten zu einer "United States Climate Alliance" zusammengeschlossen.

Einer der Vorreiter ist dabei Kalifornien. Jerry Brown, der demokratische Gouverneuer des Westküstenstaats, gilt als Leitfigur der Bewegung. "Kalifornien hat klargemacht, dass der wissenschaftliche Sachstand eben so ist, wie er ist", sagte Ken Alex, der Brown berät, am Montag in Katowice.

"Frustrierend" findet er es, dass Trumps Regierung das anders sieht. "Wir mussten gerade 85 Tote beklagen nach den großen Waldbränden und unsere Küstenlinie ist 900 Meilen lang – da können wir die Haltung der aktuellen Bundesregierung in Bezug auf den Klimawandel nicht teilen."

Die beteiligten Bundesstaaten schließen sich deswegen seit dem vergangenen Jahr beim Klimaschutz kurz, starten gemeinsame Projekte, übernehmen gut laufende Gesetze von den anderen. In Bezug auf die Regierung in Washington hat man sich in einer Art skeptischem Pragmatismus eingerichtet. "Wo es geht, arbeiten wir trotzdem mit der Regierung zusammen", sagte Alex. "Wir wollen nicht konfrontativ sein, wenn es nicht sein muss."

Welche Rolle die neuen Bündnisse in den Klimaverhandlungen künftig spielen werden, wenn die USA endgültig nicht mehr Teil des Weltklimaabkommens sind, ist noch unklar. Formal beitreten, den Staffelstab also einfach von Trumps Diplomaten übernehmen, ist eigentlich nicht möglich.

Klimaaktivisten unterbrechen US-Veranstaltung

An einem der Kernelemente des Weltklimagipfels in Katowice dürfen sie aber jetzt schon teilnehmen: In den Talanoa-Dialog darf sich jeder einklinken, nicht nur die Staaten des Pariser Klimaabkommens. Es geht darum, dass alle Beteiligten aus ihrer Sicht berichten, wie es in Sachen Klimaschutz bei ihnen steht. Das soll eine Grundlage dafür schaffen, dass die Staaten ihre Klimaschutz-Versprechen für das kommende Jahrzehnt in zwei Jahren verschärfen.

In einer Nebenveranstaltung am Montag auf dem Klimagipfel kam es dann zum Aufeinanderprall der Welten. Etwa eine Viertelstunde nach Beginn erhoben sich Dutzende Klimaaktivisten, quittierten die Aussagen von Trump-Berater Griffith mit einem Lachen und skandierten: "Keep it in the ground!"

Was die Kohle betrifft, dürfte Trump die Forderung wohl beherzigen – wenn auch unfreiwillig.

Alle Beiträge zur Klimakonferenz COP 24 in Polen finden Sie in unserem Katowice-Dossier