Sandstrand auf den Fidschi-Inseln

Ein Paradies am Untergehen: Kleine Inselstaaten im Pazifik sind besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen.

 (Foto:

Mairyn Piloto/​Frontier/​Flickr)

Was heißt "Talanoa"?

"Talanoa" ist ein fidschianisches Wort für "sich unterhalten". Es steht für eine Gesprächstaktik, um Konflikte zu lösen. Dabei gelten bestimmte Regeln: Die Beteiligten sollen im Beisein eines Moderators Geschichten über sich erzählen, die ihre Wahrnehmung des Problems illustrieren – unverblümt und ohne Anschuldigungen. Gleichzeitig sollen sie einander respektvoll zuhören. Unehrlichkeit und Hinterlist werden mit Ausschluss sanktioniert. Das soll Vertrauen zwischen den Streithähnen aufbauen und ihnen die Perspektive des jeweils anderen begreiflich machen.

Auf Inseln wie den Fidschi-Atollen ist Talanoa Alltag: Die Strategie wird angewandt, wenn sich Firmenchefs und Angestellte streiten, wenn Dorfbewohner sich über jugendliche Rowdys beschweren – aber auch bei echten Staatskrisen.

Wie sieht "Talanoa" auf der Klimakonferenz in Bonn aus?

Austausch statt Verhandlungen: Auch der Talanoa-Dialog bei der diesjährigen Klimagipfel-Vorbereitungskonferenz bis zum 10. Mai in Bonn soll ein offenes Erzählen von Erfahrungen ermöglichen. Anders als sonst bei Klimakonferenzen dürfen nicht nur Staaten mitmachen, sondern auch Klimaschutzorganisationen, Städte, Regionen und Unternehmensverbände. Insgesamt 220 Talanoa-Beiträge waren fristgemäß auf dem extra eingerichteten Online-Portal eingegangen.

In Gruppen sollen die sehr unterschiedlichen Beteiligten die zuvor vereinbarten Leitfragen bearbeiten: Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Wie schaffen wir das? Das soll vor allem auf einer Sitzung am Sonntag passieren. Die Ergebnisse werden gesammelt und Anfang Dezember, wenn die nächste große Klimakonferenz im polnischen Katowice stattfindet, den Ministern und Staatschefs zusammen mit dem Pariser Klimaabkommen zum 1,5-Grad-Ziel vorgelegt – in der Hoffnung, damit politisches Handeln anzustoßen. Manche Kommunikationsexperten haben allerdings Zweifel daran, ob sich auf "Talanoa" einlassen kann, wer nicht damit aufgewachsen ist, da sich das Konzept vor allem von typisch westlichen Kommunikationsmustern unterscheidet.

Wozu gibt es den Talanoa-Dialog?

Der Dialog soll die Staaten auf 2020 vorbereiten. Dann, so steht es im Pariser Klimaabkommen, sollen die Staaten erstmals ihre freiwilligen Klimaschutz-Versprechen aktualisieren. Die reichen nämlich lange nicht aus, um das Ziel des Abkommens zu erreichen, dass die globale Erwärmung "deutlich unter zwei Grad" gehalten werden soll, am besten unter 1,5 Grad. 

Das Problem dabei: Die Staaten werden aus strategischen Gründen nie ein Maximalgebot abgeben – zu groß ist die Angst, von den anderen ausgenutzt zu werden und dann wirtschaftliche Nachteile zu haben. Der Talanoa-Dialog, so zumindest die Hoffnung, soll den Staaten diese Sorge wenigstens ein Stück weit nehmen.

Er ist dabei eine Art Testballon: Nach 2020 sollen die Staaten alle fünf Jahre wieder ihre Klimaziele nachschärfen. Jeweils zwei Jahre davor soll eine Art gemeinsame Bestandsaufnahme durchgeführt werden, die im Grunde die gleichen Leitfragen klären soll, wie sie jetzt der Talanoa-Dialog stellt.

Was passiert mit Staaten, die ihre Klimaziele später nicht verbessern?

Erst mal: nichts. Die zugesagten Beiträge für das Paris-Abkommen sind nirgendwo direkt einklagbar (auch wenn manche Juristen Klimaklagen gute Chancen einräumen, die über bestimmte Umwege gehen). Einem Land, das seine Ambitionen nicht regelmäßig steigert oder seine Zusagen nicht einhält, droht nichts außer vielleicht einem mittelmäßigen Ruf in der Welt. Offiziell darf es keine Fingerzeige geben, keine Beschuldigungen, keine Sanktionen.

Wäre es nicht leichter, wenn die Vereinten Nationen den Staaten einfach vorschreiben würden, was sie für den Klimaschutz tun sollen?

Jahrelang haben die Klimadiplomaten an einem Klimavertrag gearbeitet, der genau das tun sollte – das scheiterte allerdings 2009 auf dem Klimagipfel in Kopenhagen. Etliche Länder waren nicht bereit, Vorgaben "von oben" zu akzeptieren und fühlten sich gegenüber anderen zu stark belastet. Dieser sogenannte Top-down-Ansatz ("von oben nach unten") wurde deshalb verworfen – das Pariser Klimaabkommen folgt einem Bottom-up-Ansatz ("von unten nach oben"). Damit es überhaupt ein Abkommen gibt, dem alle zustimmen, wurde besonders viel Gewicht auf die Souveränität der Staaten gelegt.