Luftaufnahme des polynesischen Atolls Tongareva, dessen britischer Name Penrhyn ist.
Das Atoll Tongareva (Penrhyn) gehört zu den Cookinseln. Etwa 200 Menschen leben hier wenige Meter über dem Meeresspiegel. (Foto: Ewan Smith/​Wikimedia Commons)

Im Februar haben fünf pazifische Inselstaaten ihren Austritt aus dem Pacific Islands Forum, der wichtigsten Regionalorganisation Ozeaniens, erklärt. Es sind die Föderierten Staaten von Mikronesien, Kiribati, die Marshallinseln, Nauru und Palau.

Das Forum, dem neben den unabhängigen pazifischen Inselstaaten auch Australien und Neuseeland sowie eine Reihe politisch abhängiger Gebiete wie Neukaledonien oder Französisch-Polynesien angehören, verliert damit fast ein Drittel seiner Mitglieder.

Was sich zunächst nach einer unwichtigen Randnotiz vom anderen Ende der Welt anhört, könnte gravierende Auswirkungen auch auf die internationale Klimapolitik haben.

Denn die pazifischen Inselstaaten gehören zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Staaten der Welt und den wichtigsten – auch moralischen – Fürsprechern eines starken Klimaschutzes, und sie treten in dem Forum bisher meist mit geeinter Stimme auf. Die Zersplitterung des Forums und die weit darüber hinausgehende regionale Spaltung drohen dies nun zu ändern.

Auslöser des Austritts der fünf mikronesischen Staaten aus dem Forum war die Wahl des früheren Premierministers der Cookinseln, Henry Puna, zum neuen Generalsekretär des Forums.

Während Puna aus der polynesischen Subregion im Osten stammt, sind die im nördlichen Pazifik liegenden mikronesischen Staaten der Ansicht, sie seien bei der Besetzung des Postens mit ihrem eigenen Kandidaten Gerald Zackios am Zug gewesen. Doch am Ende unterlag Zackios mit einer Stimme.

Schon die Tatsache, dass es zu einer Kampfabstimmung über den Posten des neuen Generalsekretärs kam, ist ungewöhnlich. Eigentlich beruht die Idee des sogenannten "Pacific Way", der dem Forum zugrunde liegt, auf dem Prinzip, Entscheidungen im Konsens zu treffen.

Ob es tatsächlich eine informelle Vereinbarung zwischen den Staaten der Region zur Wahl eines Mikronesiers gab, ist umstritten. Die aus der Zeit der europäischen Entdeckung des Pazifiks stammende Einteilung Ozeaniens in die drei kulturellen Zonen Melanesien, Polynesien und Mikronesien wird auch in der Region oft kritisiert, prägt jedoch bis heute das politische Selbstverständnis.

Begünstigt wurde der Bruch des Forums durch eine Vielzahl an Faktoren. Von besonderer Bedeutung ist der Machtkampf zwischen denen, die wie der neue Generalsekretär Puna offen für mehr chinesischen Einfluss in der Region sind, und ihren Gegenspielern vor allem in den mikronesischen Gebieten, die aufgrund ihrer kolonialen Vergangenheit bis heute zum Teil sehr eng an die USA angebunden sind.

Hinzu kommt ein hohes Maß an persönlichem Misstrauen zwischen den Staats- und Regierungschefs der Region, das umso deutlicher hervorgetreten ist, weil aufgrund der Covid-19-Pandemie derzeit keine persönlichen Treffen möglich sind, die gerade in den auf direkte Kommunikation und zwischenmenschlichen Austausch ausgelegten pazifischen Kulturen von großer Bedeutung sind.

Eine entscheidende Kraft in der Klimapolitik

In den letzten Jahren waren es zumeist Konflikte zwischen den Inselstaaten und den finanziell und politisch mächtigsten Mitgliedern Australien und Neuseeland, die die regionale Zusammenarbeit geprägt haben. Nicht selten haben sich diese Konflikte am Klimaschutz festgemacht, der für die Inselstaaten von höchster Priorität ist und bei dem sie vor allem Australien mangelnde Unterstützung vorwerfen.

Auch wenn viele Konflikte bereits länger unter der Oberfläche verborgen sind, stellt der offene Bruch zwischen den Inselstaaten nun eine neue Qualität dar.

Trotz des erheblichen Widerstands Australiens war das Pacific Islands Forum in den zurückliegenden Jahren eine wichtige Plattform, um gemeinsame Strategien und Positionen der Inselstaaten zum Klimawandel zu vereinbaren. Im Jahr 2019 verabschiedete das Forum die Kainaki-II-Erklärung, das wohl am weitesten gehende Beschlussdokument zum Klimawandel, das eine Regionalorganisation je verabschiedet hat.

Das Dokument hält nicht nur die Absicht fest, den durchschnittlichen globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen, sondern auch das Ziel, weltweite CO2-Neutralität bis zum Jahr 2050 zu erreichen und ein baldiges Ende des Zeitalters fossiler Brennstoffe herbeizuführen.

Auch wenn dieser Beschluss vielen im Pazifik noch nicht weit genug ging, wurde er als großer Erfolg gewertet, da Australien als einer der größten Bremser beim Klimaschutz viele der Punkte in den Verhandlungen zum Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 noch vehement abgelehnt hatte.

Pariser Klimagipfel 2015: Selina Leem und Tony de Brum von den Marshallinseln und Todd Stern aus den USA kommen in den Plenarsaal.
Beim Paris-Gipfel vor fünf Jahren erreichten die kleinen Inselstaaten das zuvor Undenkbare. Im Bild Selina Leem und Tony de Brum von den Marshallinseln und Todd Stern aus den USA (von links). (Foto: IISD/​ENB)

Schon damals war es dem Einsatz der pazifischen Inselstaaten zu verdanken, dass es neben dem Beschluss, den Temperaturanstieg auf "deutlich unter zwei Grad" zu begrenzen, auch der Hinweis auf Anstrengungen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels in den Vertragstext geschafft hat.

Dass Australien die Erklärung des Forums im Jahr 2019 mitgetragen hat, auch wenn das damalige Treffen mehrfach vor dem Abbruch stand, zeigt, dass die Inselstaaten sich in den regionalen Verhandlungen schon länger nicht mehr alles von Australien diktieren lassen.

Der aktuelle Bedeutungsverlust des Forums beraubt die pazifischen Inselstaaten deshalb um die nicht immer einfache, aber doch einmalige Gelegenheit, mit einem der größten Bremser beim Klimaschutz direkt auf regionaler Ebene zu verhandeln, auf der Australien ein großes Interesse hat, den eigenen Einfluss nicht völlig zu verlieren.

Dies gilt umso mehr, als Australien beim Klimaschutz unter den Forumsstaaten zuletzt weitgehend isoliert dastand, nachdem die neuseeländische Premierministerin Jacinda Ardern sich bei dem Thema immer häufiger auf die Seite der Inselstaaten geschlagen hat.

Auch verbleibende Staaten im Forum sind gespalten

Selbst wenn das Forum es schafft, die derzeitige Krise zu überstehen, und mit verringerter Mitgliederzahl weiterarbeitet, dürfte die Stimme der Inselstaaten gegenüber der australischen Position beim Klimawandel deutlich an Gewicht verlieren. Dies wird dadurch verstärkt, dass die mikronesischen Staaten zu den am stärksten vom Klimawandel betroffenen Inselstaaten gehören.

Noch bei den Verhandlungen zur Kainaki-II-Erklärung bildeten die fünf Staaten, die das Forum nun verlassen haben, innerhalb der Organisation gemeinsam mit den in Polynesien liegenden Cookinseln, Niue und Tuvalu (die nun Henry Puna unterstützen) die Gruppe der "Smaller Islands States", die für noch stärkeren Klimaschutz plädierten als der Rest der Inselstaaten.

Der jetzige Bruch ist auch deshalb bitter, weil das Pacific Islands Forum, das jahrelang für seine veralteten und verkrusteten Strukturen kritisiert worden war, sich in den zurückliegenden Jahren modernisiert und geöffnet hat. Unter der bisherigen Generalsekretärin Meg Taylor aus Papua-Neuguinea wurde auch die Zivilgesellschaft endlich stärker einbezogen.

Die Wahl eines bis zur Bekanntgabe seiner Kandidatur amtierenden Regierungschefs wie Puna könnte einen gegensätzlichen Trend zu einem wieder stärker elitär und intransparent wirkenden Club der Staats- und Regierungschefs begründen.

Porträtaufnahme von Oliver Hasenkamp.
Foto: privat

Oliver Hasenkamp

ist Politik­wissen­schaftler und stell­vertretender Vorsitzender des Pazifik-Netzwerks, das über Entwicklungen in Ozeanien informiert und sich für das Recht auf Selbst­bestimmung der Menschen im Pazifik einsetzt. Er befasst sich mit regionaler Zusammen­arbeit im Pazifik und der Rolle der Insel­staaten in der inter­nationalen Politik. Beruflich macht er Öffentlichkeits­arbeit für die Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, insbesondere zu Klimawandel und nachhaltiger Entwicklung.

Noch schlechtere Nachrichten für die internationale Klimapolitik als der Bedeutungsverlust des Pacific Islands Forum als regionale Plattform sind jedoch die zahlreichen noch weit über die Kritik an der Wahl des neuen Generalsekretärs hinausgehenden regionalen Streitigkeiten.

So ist jüngst der Streit um den Einfluss Fidschis auf die gemeinsame regionale Hochschule University of the South Pacific eskaliert, nachdem das Land gegen den Willen anderen Trägerstaaten einen Vizerektor des Landes verwiesen hatte. Seitdem fordert Samoa die Verlegung des Hauptcampus von Fidschi nach Samoa.

Da beide Staaten den neuen Generalsekretär des Forums unterstützen, zeigt dieser Fall deutlich, dass der jetzige Riss im Regionalismus keineswegs nur zwischen den mikronesischen Staaten und den anderen verläuft, sondern multidimensional ist und mehrfach quer durch die Region geht.

Glaubt man den Einschätzungen der Koordinatorin des zivilgesellschaftlichen Pacific Network on Globalisation, Maureen Penjueli, haben die zu Melanesien zählenden Staaten Papua-Neuguinea, Vanuatu und Salomonen die mikronesischen Staaten in der Abstimmung über den Posten des neuen Generalsekretärs unterstützt.

Das würde bedeuten: Während die weitere regionale Zusammenarbeit in Ozeanien an subregionalen Interessen scheitert, ist der bisher am besten organisierte subregionale Block innerhalb des Pacific Islands Forum, nämlich die Melanesian Spearhead Group, der auch Fidschi angehört, gespalten.

Keine gemeinsame Stimme mehr in der internationalen Politik?

Die Fragmentierung der regionalen Kooperation macht es zunehmend unwahrscheinlich, dass ohne Lösung der aktuellen Krise weiterhin eine effektive Zusammenarbeit der pazifischen Inselstaaten auf internationaler Ebene möglich ist. Dies dürften auch internationale Allianzen wie die der kleinen Inselentwicklungsstaaten, Aosis, zu spüren bekommen.

In den zurückliegenden Jahren ist vor allem der zentral im Pazifik gelegene Staat Fidschi, wo sich auch der Hauptsitz des Pacific Islands Forum befindet, als Anführer der Inselstaaten in der internationalen Politik aufgetreten. Zwar ist Fidschi auf Betreiben Australiens und Neuseelands im Jahr 2009 nach einem Militärputsch vorübergehend aus dem Forum suspendiert worden.

Dies führte in den folgenden Jahren jedoch ironischerweise zu einer verstärkten Zusammenarbeit unter den Inselstaaten, da es Fidschi gelang, neue Wege der Kooperation auf internationaler Ebene ohne Australien und Neuseeland zu finden. Das Argument, die beiden großen Staaten würden andere Interessen in der internationalen Klimapolitik vertreten als die Inseln, hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.

Das zerstörte Vertrauen zwischen den Staaten der Region dürfte die weiteren Ambitionen Fidschis, auf internationaler Ebene auch ohne Australien und Neuseeland gemeinsame pazifische Diplomatie zu betreiben, nun vorerst ausbremsen. Dass Fidschi gemeinsam mit seinen eigentlich größten regionalen Gegenspielern Australien und Neuseeland Puna als neuen Generalsekretär des Forums unterstützte, hat Palau sogar dazu bewogen, seine Botschaft aus Fidschi abzuziehen.

Dass es auch immer schon Kritik an Fidschis regionaler Rolle gegeben hat und vor allem die vom Klimawandel existenziell bedrohten Atoll-Staaten sich manchmal noch mehr Konfrontation in der internationalen Klimapolitik gewünscht haben, zeigt die im Jahr 2017 unter fidschianischer Präsidentschaft in Bonn durchgeführte UN-Klimakonferenz COP 23.

Der damalige Premierminister von Tuvalu, Enele Sopoaga, bemängelte, Fidschi hätte mehr Anstrengungen unternehmen sollen, um die Verhandlungen zu einer "pazifischen Konferenz" mit "inselgerechten Ergebnissen" zu machen.

"Große Ozeanstaaten" – oder doch kleine Inselstaaten?

Der jetzige Bruch der regionalen Zusammenarbeit untergräbt das Narrativ der Staaten, das ihnen in den letzten Jahren zunehmend Selbstbewusstsein gegeben hat: Sie seien keine small islands states (kleine Inselstaaten), sondern "Large Ocean States" (große Ozeanstaaten) – nicht nur wegen der großen Meereszonen, die ihre Landflächen bei Weitem übertreffen, sondern vor allem, weil der Ozean etwas Verbindendes und nicht Trennendes sei.

Dabei hat es in einigen für die pazifischen Inselstaaten wichtigen politischen Bereichen zuletzt durchaus Fortschritte gegeben, wie etwa die Verabschiedung des Atomwaffenverbotsvertrags durch die Vereinten Nationen zeigt.

Für die pazifischen Gebiete und besonders für die Marshallinseln, Kiribati und Französisch-Polynesien, die von Nuklearwaffentests betroffen sind, hängen der Kampf gegen Nuklearwaffen und der Klimaschutz eng zusammen. So, wie sie einst Testgebiet für Nuklearwaffen waren, fürchten sie, mittlerweile ein "Testgebiet" für die Folgen des Klimawandels zu sein.

Es bleibt zu hoffen, dass die Staaten der Region eine Lösung für die aktuelle Krise finden und einen vollständigen Zusammenbruch der Zusammenarbeit in der Region verhindern können. Auch wenn dies unwahrscheinlich erscheint, zeigen die Entwicklungen nach der Suspendierung von Fidschi aus dem Pacific Islands Forum vor über zehn Jahren, dass selbst Rückschläge für die Zusammenarbeit langfristig neue Chancen und Möglichkeiten für engere Kooperation eröffnen können.

Einige Mitglieder der Pacific Climate Warriors stehen mit betroffenen und traurigen Gesichtern am Rand des Tagebaus Hambach.
Mitglieder der Gruppe "Pacific Climate Warriors" besuchten 2017 einen RWE-Braunkohletagebau, um sich anzusehen, warum ihre Inseln versinken. (Foto: Friederike Meier)

Eine Chance, den Schaden noch zu begrenzen, gibt es, wenn doch noch ein baldiges persönliches Treffen der Staats- und Regierungschefs der Region möglich werden sollte – trotz der anhaltenden Pandemie, die aber im Pazifik bisher vergleichsweise wenig gewütet hat.

Die pazifische Diplomatie ist stark auf Symbolik ausgelegt – das zeigt sich schon daran, dass bei den Treffen des Forums meist einheitliche bunte Hemden getragen werden. Schon in der Vergangenheit haben etwa symbolische Versöhnungszeremonien zwischen einzelnen Staaten der Region geholfen, Streitigkeiten zu überwinden.

Die Forderungen aus der pazifischen Zivilgesellschaft, gerade beim wichtigen Thema Klimawandel weiter gemeinsam zu handeln, sind ein gutes Zeichen. Nun liegt es an den Staats- und Regierungschefs der Region – und dem neuen Generalsekretär Henry Puna –, zu beweisen, dass auch sie dieses Ziel und die überwältigenden gemeinsamen Interessen über Machtspiele und Personalentscheidungen stellen.

Der Pazifik braucht eine gemeinsame Stimme beim Klimaschutz. Mehr noch, die Welt hat es dringend nötig, dass der Pazifik hier weiter mit einer gemeinsamen Stimme spricht und Verantwortung von den Verursachern des Klimawandels einfordert.

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