Blick nach schräg oben im Atrium der Weltbank in Washington.
Grüne Versprechen: Nach Abschluss des Pariser Klimavertrags 2015 wollte der damalige Weltbank-Präsident Jim Yong Kim "alles geben", um die von der Weltgemeinschaft beschlossenen Klimaziele zu erreichen. Doch noch immer steckt die Weltbank einen Großteil ihrer Investitionen in fossile Energien. (Foto: Jaakko H./​Wikimedia Commons)

Steter Tropfen höhlt den Stein, hofft wohl der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Auf einem Treffen der Vereinten Nationen zur Anpassung an den Klimawandel vergangene Woche im südkoreanischen Songdo sagte Ban, er bedauere es, dass er die gleiche Botschaft "immer und immer wiederholen muss, aber wir brauchen dringend mehr Klimaschutz".

Der IPCC-Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel sei eine "globale Warnung vor der globalen Erwärmung", sagte Ban. Der Bericht zeige, dass "der Klimawandel schneller kommt, als wir vielleicht gedacht haben" und er "kein Thema von morgen" sei.

Auch der internationale Finanzsektor, der bislang nur wenig ergrünt ist, soll sich deshalb ändern und stärker dazu beitragen, dass Menschen nachhaltig leben und wirtschaften. Auf der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank haben Finanzminister aus verschiedenen Regionen der Welt ihre Absicht bekundet, gemeinsam stärker gegen den Klimawandel vorzugehen, und eine Koalition der Finanzminister für den Klimaschutz gegründet.

23 Finanzminister – darunter der deutsche Minister Olaf Scholz – bekannten sich am vergangenen Samstag dazu, die Finanzpolitik ihrer Länder an den Pariser Klimavertrag anpassen zu wollen.

"Grundsätzlich ist es sehr wichtig, dass sich Finanzminister ihrer Verantwortung für eine ambitionierte Klimapolitik bewusst werden", lobt Sven Harmeling von der Entwicklungsorganisation Care gegenüber Klimareporter° den Zusammenschluss der Finanzminister. Denn wo immer noch Hunderte Milliarden Dollar als Subventionen in fossile Energien flössen, sei es schwer, mit Klimapolitik gegenzusteuern. Da Klimaschutz und Klimaresilienz gesamtgesellschaftliche Aufgaben seien, müssten auch die finanzpolitischen Instrumente klar an den Zielen des Paris-Abkommens ausgerichtet werden, so Harmeling.

Vorgaben und Fristen fehlen

Neben der Ausrichtung am Pariser Vertragstext geht es den Finanzministern um den Austausch von Erfahrungen und Wissen beim Klimaschutz. "Die Koalition wird erfolgreich sein, wenn sie uns hilft, konkrete und wirksame politische Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise auf nationaler, regionaler und globaler Ebene zu entwickeln", sagte der finnische Finanzminister Petteri Orpo.

Das ist die "Klimakoalition" der Finanzminister

Neben Deutschland haben sich Chile, Costa Rica, Cote d’Ivoire, Dänemark, Ecuador, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Island, Kenia, Luxemburg, die Marshallinseln, Mexiko, die Niederlande, Nigeria, Österreich, die Philippinen, Schweden, Spanien, Uganda, und Uruguay der "Klimakoalition" angeschlossen.

Die sechs Prinzipien wurden im Februar dieses Jahres in Helsinki von Regierungsvertretern erarbeitet.

So wichtig der Austausch über Finanzinstrumente ist, am Ende braucht es harte Beschlüsse, wie die Politik das Finanzwesen nachhaltiger und klimagerechter gestalten will. "Ob diese neue Koalition mehr sein wird als ein Austauschforum, wird sich an konkreten Änderungen zeigen, mit denen die Minister die Emissionen senken", sagt Harmeling.

Doch die vorgelegten sechs Punkte, die sogenannten Helsinki-Prinzipien, sind denkbar unverbindlich formuliert. Sie verpflichten die Finanzminister zu nichts. "Alles in allem sprechen die Prinzipien zwar wichtige Aspekte an, sie sind aber sehr vage gehalten und es bleibt zu befürchten, dass nicht jeder der Unterzeichner sie gleich ambitioniert in die Tat umsetzt", sagt Harmeling.

Weder Zeiträume noch genaue Ziele seien in dem Finanzministerbeschluss enthalten. Solche Papiere zu unterschreiben falle wohl jedem leicht, mutmaßt der Experte für internationale Klimapolitik.

Harmeling kritisiert auch, dass die Finanzminister vermehrt private Quellen für die Klimafinanzierung, also für Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern, anzapfen wollen. "Die Mobilisierung privater Quellen kann kein Ersatz für öffentliche Gelder sein, wenn es zum Beispiel um Anpassungskosten und Klimaschäden bei besonders armen oder benachteiligten Bevölkerungsgruppen in Entwicklungsländern geht."

Für wirksamer hält der Care-Experte Abgaben auf den internationalen Flugverkehr oder auf die Förderung fossiler Energien, die zusätzliches Geld in Instrumente wie den Grünen Klimafonds (GCF) schleusen könnten, ohne die Entwicklungshilfe zu gefährden.

"Scholz kann sich gegen einen CO2-Preis nicht mehr sperren"

Auch Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, fordert im Gespräch mit Klimareporter° die Politik zum Handeln auf. "Wir brauchen mehr als bloße Absichtserklärungen. Es muss um Beschlüsse in diesem Jahr gehen", sagt Bals, der den Beschluss der Finanzminister als Zeichen wertet, dass Deutschland einen CO2-Preis bekommen wird. "Auch der Bundesfinanzminister kann sich gegen die Debatte nicht mehr sperren."

Olaf Scholz hatte sich wiederholt gegen die Einführung eines CO2-Preises ausgesprochen. In der EU unterliegt nur knapp die Hälfte aller entstehenden Emissionen dem Emissionshandel. Darunter fallen die Energiewirtschaft, die Industrie und der innereuropäische Flugverkehr. In den anderen Sektoren wie Verkehr oder Wärmeerzeugung kostet der Ausstoß von CO2 nichts.

Dabei gilt die Bepreisung von Kohlendioxid als eines der wirksamsten Instrumente, um den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen zu verringern. Noch in diesem Jahr, fordert Germanwatch-Chef Bals, müsse ein CO2-Preis für die Sektoren Verkehr und Wärme beschlossen und ein Mindestpreis im europäischen Emissionshandel eingeführt werden.

Dabei sollte das Bundesfinanzministerium auch gleich Vorschläge zur sinnvollen Verwendung der eingenommen Mittel vorlegen, sagt Sven Harmeling von Care. Es gehe darum, wie das Ministerium die Gelder für einen schnelleren Klimaschutz verwenden und gleichzeitig soziale Aspekte berücksichtigen will.

In den jetzt beschlossenen Helsinki-Prinzipien heißt es dazu, die Finanzminister wollten an Maßnahmen arbeiten, die zu einer effektiven CO2-Preisgestaltung führen. Darunter fällt zumindest laut dem Papier auch das Herunterfahren und Stoppen von Subventionen für fossile Brennstoffe.

"Weniger fossile Subventionen sind immer noch zu viel"

Für Energiewende-Experten ein halbherziges Vorhaben: "Auch reduzierte Subventionen für Erdöl, Erdgas und Kohle bedeuten immer noch hunderte Milliarden Subventionen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Nullemissionstechnologien, insbesondere der erneuerbaren Energien, behindert", kritisiert Hans-Josef Fell vom Thinktank Energy Watch Group.

Nach wie vor fließen weitaus mehr Subventionen in fossile Energien als in regenerative. Auch die Weltbank fördert fossile Energieträger dreimal stärker als erneuerbare, wie ein jetzt veröffentlichter Bericht der Umweltorganisation Urgewald zeigt.

675 Energieprojekte der Weltbankgruppe wurden für den Report ausgewertet: Rund 21 Milliarden US-Dollar flossen demnach in Kohle-, Öl- oder Gasprojekte. Lediglich sieben Milliarden wurden in Solarenergie oder Windkraft investiert. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat die Weltbank laut Bericht zwölf Milliarden US-Dollar für Projekte ausgegeben, die fossile Industrien unterstützen.

Dabei hatte die Weltbank in der Vergangenheit mehrfach einen größeren Einsatz für den Klimaschutz angekündigt. Doch auch wenn die Weltbank etwa Kohlekraftwerke nicht mehr direkt finanziert, ermöglicht sie nach wie vor indirekte Investitionen, beispielsweise in Übertragungsnetze von Kohlekraftwerken.

"Es ist enttäuschend zu sehen, dass die Weltbankgruppe weiterhin so viel öffentliches Geld für fossile Brennstoffe bereitstellt", sagt die Berichtsautorin Heike Mainhardt. Damit untergrabe die Bank ihre eigenen Bemühungen für erneuerbare Energiequellen und die Pariser Klimaziele. 

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